11.10

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Mir geht es ja nicht ums Tageslicht (Abg. Belakowitsch: Danke!), mir geht es vielmehr um etwas ganz anderes. Ich bin jetzt seit 16 Monaten in diesem Haus und auch als teilnehmender Beobachter in einem Theater, in dem andere schon sehr viel länger sitzen (Abg. Belakowitsch: Ist ja kein Theater! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Ah, Sie sehen das als Theater?! – Abg. Loacker:  ... beste Beitrag zur Löwinger-Bühne!), und mich wundert einiges.

Das Erste ist zunächst einmal: Wenn wir 28 Tagesordnungspunkte wie heute haben, zusätzlich auch den Immunitätsausschuss, zusätzlich eine Aktuelle Stunde, dann ist es nicht so, wie Herr Wöginger sagt, dass wir um 18 Uhr oder um 19 Uhr fertig sind, sondern wir werden weit in die Nacht hinein hier sitzen.

Jetzt wissen wir sowohl aus der Lernpsychologie als auch aus der Kognitions­for­schung: Durchschnittlich ist jemand mit halbwegs durchschnittlichen geistigen Fähig­keiten in der Lage, am Tag so um die 6 Stunden konzentriert zu arbeiten. Die letzten 16 Monate haben mich nicht davon überzeugt, dass diese Versammlung hier von Leuten bevölkert wäre, die überdurchschnittliche Geisteskräfte haben. (Ruf bei der ÖVP: Danke!) Ich glaube also, es ist ein Gutteil dessen, was das österreichische Parlament ausmacht (Zwischenruf des Abg. Amon), leider so, dass die Tagesordnung die Leute gar nicht wirklich fordert, weil wir bei all diesen Tagesordnungspunkten – wir können ja die 28 Tagesordnungspunkte des heutigen Tages nehmen – jetzt am Vormittag schon wissen, wie sie ausgehen, welche Abstimmungsergebnisse wir hier haben.

Das ist auch der Grund, warum ich das Ganze etwas despektierlich Theater nenne, und es gibt gute Aufführungen und es gibt schlechte Aufführungen. Wenn wir alles vorher schon wissen können und das, was wir hier machen, nur Schaustellerei ist, insbesondere deshalb, weil die Regierungsfraktionen sich leider – zumindest in der Zeit, in der ich im Haus bin – zu einer willfährigen Vollzugsmaschine für Regierungs­dekrete erniedrigt haben, dann ist auch klar, warum diese Tagesordnungen für die Regierungsfraktionen so leicht und akzeptabel sind – weil es ohnedies ganz egal ist, was auf dieser Tagesordnung draufsteht, weil hier im Haus nicht diskutiert wird, weil hier im Haus nicht disputiert wird, sondern weil alles vorher schon entschieden ist.

Der reelle und richtige Punkt, den Peter Pilz hier angesprochen hat – und Sie mögen es gerne hören wollen oder auch nicht –, ist: Berichtet wird in Österreich über die Mas­senmedien; und die Massenmedien berichten über die Diskussionen beziehungsweise Verlautbarungen und die Schaustellereien hier im Haus, und das geschieht bis 19.30 Uhr. Deshalb versuchen Sie ja ganz selbstverständlich und deshalb entspricht das auch den Usancen des Hauses, Initiativen der Opposition ganz nach hinten zu legen, damit diese nicht vor 19.30 Uhr an die Reihe kommen.

Ich meine, es gibt zumindest drei Gründe, die dazu führen sollten, dass wir hier im Haus etwas arbeitsamer werden. (Abg. Steinacker: Das ist aber auch sehr selektiv ...!) Erstens hält kein normaler Mensch die volle Konzentration über 12, 14 Stunden durch, und Sie werden mich mit der bisherigen Performance (Abg. Winzig: Wir schaffen das!) auch nicht davon überzeugen können, dass Sie das schaffen. (Abg. Winzig: Wir schaffen das ...!) Sie können gerne weiterhin so tun als ob, aber nachdem die Ergebnisse vorher schon feststehen, ist es keine große geistige Leistung, wenn Sie Ihre Zeit bis Mitternacht hier absitzen. (Abg. Winzig: Bringen Sie sich in den Aus­schüssen besser ein!) – Bitte? Was reden Sie da? Meine Ausschussarbeit, Frau Kollegin, können Sie nicht beurteilen, denn Sie sind im Regelfall nicht dabei. (Abg. Zarits: Da hat nicht einmal wer geklatscht!) – Da muss auch niemand klatschen, denn die Wahrheit ist nicht beifallsbedürftig, die ist evident, Herr Kollege. (Heiterkeit und Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der NEOS.)

Deshalb meine ich, es gibt gute Gründe, das, was Kollege Zinggl gesagt hat, ernst zu nehmen. Das Haus sollte das Arbeitspensum auf mehrere Tage verteilen und es sollte auch ernster nehmen, dass hier diskutiert wird. Davor sollten sich die Regierungs­fraktionen nicht weiter schützen wollen. – Danke. (Beifall bei JETZT.)

11.14

Präsidentin Doris Bures: Ein zweites Mal hat sich Herr Klubobmann Dr. Walter Rosenkranz zu Wort gemeldet. – Bitte.