11.52

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe KollegInnen! Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Mit der Diskussion zum Nichtraucherschutz geht es mir wahrscheinlich wie den knapp 900 000 UnterstützerInnen des Don’t-smoke-Volksbegehrens: Es herrscht einfach schieres Unverständnis darüber, wie die Regierung und die Regierungsfraktionen weiterhin ihre trotzige, aber natürlich auch ignorante Haltung diesem Thema gegen­über aufrechterhalten können.

Um Sie herum stehen nach mittlerweile vier ExpertInnenhearings ÄrztInnen, Medizi­nerInnen, TechnikerInnen und ExpertInnen aus allen Bereichen der Wirtschaft, und die sagen immer wieder und belegen durch Statistiken, nicht durch persönliche Geschich­ten, sondern durch Statistiken und auch mehrfache Studien: Die Trennung in Raucher- und Nichtraucherbereiche funktioniert nicht! Die Regelung ist schlecht für den Nicht­raucherschutz der Gäste in gastronomischen Betrieben. Passivrauchen ist auch krebs­erregend. Und Sie behandeln Beschäftigte in der Gastronomie anders als alle anderen Beschäftigten?! Gibt es in anderen Arbeitnehmerbereichen nämlich den Schutz vor Passivrauchen, indem man in diesen Bereichen nicht arbeiten muss, so ist das in der Gastronomie überhaupt nicht der Fall. Jene Personen nämlich, die dort arbeiten, sind den Gefahren des Passivrauchens ausgesetzt, was, wie gesagt – belegt –, krebs­erre­gend ist.

Das wäre Argument genug, um als Gesundheitsministerin den Arbeitnehmerschutz auch für diese Personen entsprechend hochzuhalten, zu stärken, anstatt zu sagen: Das ist beschlossen worden, das haben wir im Regierungsübereinkommen so fest­gehalten, und ich setze das jetzt um. Von einer Gesundheitsministerin würde ich mir erwarten, die Gesundheit der Beschäftigten und der Lehrlinge in diesen Bereichen obenan zu stellen.

Expertinnen und Experten reden sich, wie gesagt, den Mund fusselig. Das haben wir in mehreren Hearings gehört, das haben wir in den Ausschusssitzungen besprochen. Wie antworten die Regierungsfraktionen? – Von der ÖVP kommt zum größten Teil Schwei­gen, aber die FPÖ – ganz klar – verteidigt ihren einzigen Verhandlungserfolg aus den Regierungsverhandlungen. Anders kann ich es mir nicht erklären, denn bei gebroche­nem Versprechen: Volksabstimmung zu Ceta, bei gebrochenem Versprechen zu: Mit uns kein 12-Stunden-Arbeitstag!, bei gebrochenem Versprechen zu: Wir führen sofort die direkte Demokratie ein!, ist es das Einzige, was am Ende des Tages noch übrig geblieben ist: Sie haben sich herausgeholt, dass man am Ende des Tages in der Gastronomie noch rauchen darf. Und das verteidigen Sie, um Ihr Gesicht nicht zu ver­lieren, um sich wenigstens noch an den letzten Strohhalm klammern zu können.

Zwei Argumente, die Sie konsequent ignorieren, in jeder Debatte, die uns im Gesund­heitsausschuss in öffentlichen ExpertInnenhearings mitgegeben und eingebracht wor­den sind: Das erste ist eine Studie von Dipl.-Ing. Tappler, eines gerichtlich beeide­ten Sachverständigen. Er hat sich angesehen, ob der Nichtraucherschutz in der Gas­tronomie entsprechend funktioniert, ob es sicher ist, wenn die Leute in den Nicht­raucherbereich ausweichen. 80 Prozent der untersuchten Mischbetriebe weisen 5 bis 10 Prozent erhöhte Feinstaubbelastung im Vergleich zur Außenluft auf; es ist ein signi­fikanter Übertritt von den Raucherbereichen in den Nichtraucherbereich nachweisbar. Und – ganz schlimm – in 74 Prozent der Betriebe, die untersucht worden sind, wird das Gesetz überhaupt nicht eingehalten, das heißt, es gibt überhaupt keinen Nichtraucher­schutz in diesen Bereichen.

Ich frage mich: Wie können Sie hier tatenlos sitzen und dem zusehen und sogar noch festschreiben, dass es dabei bleiben soll und wir am Status quo nichts ändern? – Das bedeutet für mich nicht mehr und nicht weniger als: Sie wollen eine Praxis verlängern, die aktuell schon nicht funktioniert, nämlich jene des aktuell nicht intakten und nicht funktionierenden Nichtraucherschutzes. Sie ruinieren die Gesundheit der Beschäftig­ten, die in diesen Bereichen tätig sind, weiterhin. Sie werden auch weiterhin die Ge­sundheit jener gefährden, die sich im Nichtraucherbereich aufhalten, und dazu zählen auch Kinder, weil sie glauben, dass es dort sicher ist. Aber dort ist es nicht sicher, weil es erhebliche Übertritte von Rauch in die Nichtraucherbereiche gibt.

Meiner Meinung nach ist es auch so, dass ein Jugendlicher, ein Lehrling überhaupt nichts in rauchbelasteten Umgebungen zu tun hat, aber damit stehe ich wohl allein hier. Die Regierungsfraktionen sehen das nicht so, sie behaupten es nur. Kollege Nehammer, anwesend beim „Runden Tisch“ im Oktober 2018, behauptet, es gibt nicht mehr die Möglichkeit oder es wird zukünftig verboten sein, dass Kinder und Jugend­liche sich in Raucherbereichen aufhalten.

Kollege Obernosterer in der Nationalratssitzung, Dezember 2018 – ich zitiere wörtlich –: „Unter 18-Jährige dürfen in keinen Raucherbereich mehr hineingehen, [...]“ – Das ist eine gezielte Fehlinformation. Das – würde ich sogar sagen – war damals gezielt gelo­gen, um die Bevölkerung zu täuschen, dass Sie einen Nichtraucherschutz für Jugend­liche einführen wollen. Was ist geschehen? – Nichts ist passiert. Es sind überhaupt keine Taten gefolgt!

Ich habe im letzten Gesundheitsausschuss die Ausrede gehört, Kollege Wurm hat das gesagt, die Ministerin habe hier keine Handhabe, sie sei nicht zuständig, die Länder seien zuständig. – Kollege Wurm, dann dürfte mein folgender Entschließungsantrag ganz nach Ihrem Geschmack sein. Ich bitte Sie zuzustimmen, wenn wir die Ministerin auffordern, mit den LandesjugendschutzreferentInnen tätig zu werden: „Die Bundes­minis­terin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, mit den Landesjugendschutzreferentinnen und -referenten umgehend in Gespräche einzutreten, um einen umfassenden Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passivrauch – besonders in Raucherbereichen – zu erwirken.“

Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung. Hören Sie auf mit Ankündigungen, hören Sie auf mit Beschwichtigungen, sondern setzen Sie einen tatsächlichen Arbeitnehmerschutz um und setzen Sie einen tatsächlichen Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Passiv­rauchen um! Das wäre etwas, was man wirklich unterstützen könnte. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

11.58

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste hat sich nun die Frau Bundesministerin zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.