16.07

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundeskanzler! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Ruf bei der SPÖ: Sehr kreativ! – Zwischenruf des Abg. Krainer.) Werte Damen und Herren vor den Bildschirmen und hier im Saal! Diese Debatte im Hohen Haus hat ja heute schon etwas turbulent begonnen. Ein Abgeordneter hat ein Pau­schalurteil gefällt, indem er gesagt hat, manche hier sind faule Abgeordnete. Ich möchte nur feststellen, dass dieser Abgeordnete, nämlich Herr Peter Pilz, der sich selbst zum fleißigen Abgeordneten auserkoren hat, schon wieder einmal nicht im Haus ist und wieder nicht an der Debatte teilnimmt. (Beifall bei ÖVP, FPÖ und NEOS.)

Diese Debatte war unwürdig. Es wäre auch unwürdig, Frau Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner, das Thema der Pflege in Österreich vordergründig und ganz stark auf der Frage der Finanzierung aufzuhängen. Das ist allen Menschen gegenüber, die zu Hause pflegen – das sind, wie wir schon gehört haben, fast 1 Million Menschen –, un­würdig, denn diese fragen nicht vordergründig nach der Finanzierung, sondern danach, wie sie den Pflegealltag bewältigen können.

Faktum ist, dass laut unserer Verfassung Pflege in die Kompetenz der Länder fällt. Faktum ist auch – das hat meine Vorrednerin richtig gesagt –, dass der Bund in vielen Bereichen in der Vergangenheit bereits unterstützend in diese Kompetenz der Länder eingegriffen hat. 1993 – das war zu Zeiten von Vranitzky und Busek in der Regierung, glaube ich – wurde das Pflegegeld eingeführt und 2011 zum Beispiel der Pflegefonds. 2007 haben wir die 24-Stunden-Betreuung in einen legalen Rahmen gebracht und in den letzten Jahren auch eine Unterstützung beschlossen.

Es wurde also aufseiten des Bundes sehr, sehr viel getan, um die Pflege in den Ländern und in den Gemeinden zu stärken, es soll daher gerade jetzt, wenn wir über das System Pflege in Österreich nachdenken, keinesfalls die Frage der Finanzierung im Vordergrund stehen. Unsere Bundesregierung, unser Herr Bundeskanzler hat mit dem Masterplan Pflege auch den richtigen Weg eingeleitet, um alle Fragen, die da auftauchen, ganz klar zu beleuchten.

Frau Kollegin von der Liste Pilz (Abg. Wöginger: JETZT!) – Liste JETZT –, Sie sollten vielleicht auch mit mehreren Leuten sprechen. Ich war vor einigen Tagen im Bezirk Weiz unterwegs und habe mit pflegenden Angehörigen wie auch mit der Caritas gesprochen. Die Menschen, die da zu uns kommen – ich bin auch Obmann eines Sozialhilfeverbandes –, fragen gar nicht, ob das Pflegegeld erhöht wird. Wissen Sie, was sie sagen? – Sie sagen: Ich pflege nun schon seit Monaten, Jahren meine Mutter, meine Schwiegermutter und brauche dringend Unterstützung, damit ich hin und wieder auch Freizeit habe!

Die Caritas – ich möchte ausdrücklich die Caritas im Bezirk Weiz erwähnen – hat zum Beispiel einen ganz tollen Pflegeentlastungsdienst ins Leben gerufen, mit dem pflegende Familien, pflegende Angehörige Woche für Woche für ein paar Stunden entlastet werden, damit sie eben durchschnaufen und ihre privaten Angelegenheiten erledigen können. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Da wollen wir ansetzen. Die Finanzierungsfrage, Frau Rendi-Wagner, steht am Schluss dieses Prozesses. (Abg. Rendi-Wagner: Das steht im Regierungsprogramm!) Im Moment steht ganz oben die Frage, wie wir Pflege so organisieren können, dass es den Wünschen der Menschen am gerechtesten wird, nämlich so, dass möglichst viele die Pflege zu Hause erledigen können (Zwischenruf der Abg. Rendi-Wagner) und dass die pflegenden Angehörigen in vielerlei Hinsicht Unterstützung erfahren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich glaube daher, dass der Weg, den wir gehen, mit diesem breiten Dialogprozess, in den alle Projektpartner – der private Bereich, die Länder, die Gemeinden, der Bund sowie die vielen NGOs – richtig eingebunden werden, doch der absolut richtige Weg ist. Sie versuchen nun, so quasi ein bisschen Angst zu schüren – wie es auch der Herr Bundeskanzler gesagt hat –, dahin gehend, dass da irgendetwas im Unklaren sei. Ich möchte nur noch einmal darauf hinweisen – auch der Herr Bundeskanzler hat es getan –: In den letzten Jahren war die Verantwortung für die Pflege, gekoppelt mit der Gesundheit, immer in Ihrer Kompetenz.

Die größte Rache eines Politikers sind natürlich die Archive der Stenographischen Protokolle. Ich kann da etwa nachlesen, was Sie, Herr Stöger, zum Beispiel noch als Minister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vor circa zwei Jahren hier im Haus zum Thema Pflege gesagt haben: „weil das Pflegesystem wirkt und wir stolz darauf sein können“. Frau Rendi-Wagner hat in einer Enquete des Bundesrates gesagt: „mit dieser Reform“ – das war eine Reform der Ausbildung – „ist es uns meines Erachtens auch gelungen, dem schon jetzt bestehenden und zukünftig sicher noch breiter werdenden Spektrum an Pflege gerecht zu werden.“ – Sie selbst haben ja bis vor Kurzem noch behauptet, dass es ein System ist, das prinzipiell funktioniert.

Ja, wir müssen an vielen Stellschrauben drehen, weil wir wissen, dass wir eine altern­de Bevölkerung haben, dass die Menschen zum Glück immer älter werden und wir die Pflege zu Hause, die vermehrt notwendig wird, einfach auch besser absichern müssen. Daher möchte ich festhalten – lieber Beppo Muchitsch, auch an dich adressiert –: Wir haben im Sozialausschuss keinen einzigen Antrag abgelehnt. (Heiterkeit bei SPÖ und NEOS. – Zwischenruf des Abg. Muchitsch.) Was wir getan haben, ist, diese Anträge zu vertagen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Warum? – Wir wollen am Schluss nämlich ein gesamtheitliches Pflegekonzept haben, und zwar mit den Punkten (Abg. Loacker: Mit schlechten Argumenten!), wie wir unterstützen müssen, und am Schluss steht dann die Frage der Finanzierung – auch die werden wir klären.

Das ist unser Anspruch, das ist unser Regieren. Da sind wir unseren Wählern und den Menschen in Österreich auch im Wort. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.13

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Povysil zu Wort gemeldet. – Bitte.