17.12

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und liebe Zuseher! Ich lade Sie zu einer kleinen Zeitreise ins Jahr 2017 ein. Damals hatten wir Vorwahlkampf, und wie Sie sich vielleicht erinnern können, ist dieser ein bisschen in ein politisches Süßigkeitenverteilen ausgeartet, denn plötzlich hat es viele Wahl­zuckerl gegeben, und das größte Wahlzuckerl, das wir im Jahr 2017 hatten, war die Abschaffung des Pflegeregresses. Faktum ist, außer NEOS haben alle hier diesem Zuckerl nicht widerstehen können, Sie haben alle entgegen jeder Vernunft für die Abschaffung gestimmt, ohne sich ernsthaft zu überlegen, wie die Finanzierung aus­schauen kann.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, die Struktur und die Strategie, wie sie eben besprochen wurden, müssen natürlich vorher überlegt werden, und wir wissen alle, dass die Pflege höchst wichtig und reformbedürftig ist – das haben wir heute schon mehrmals klargestellt, auch meine Kollegin Irmgard Griss hat das schön skizziert –, aber man muss die Finanzierung auch von Anfang an mitbedenken. 2017 hat das niemanden in diesem Haus interessiert – und so, wie es ausschaut, haben Sie offenbar auch nicht sehr viel dazugelernt, denn auch jetzt sieht man wieder, dass hier zwar darüber gesprochen wird, dass man sich Modelle anschauen soll, die gerade evaluiert werden, aber was man dann doch aus den Medien vernimmt, ist: Nein, nein, das wird alles solidarisch bezahlt! – Und von wem? – Natürlich vom Steuerzahler, von der Steuerzahlerin, von den Unternehmerinnen und von den Unternehmern und natürlich von der nächsten Generation.

Tatsache ist auch, dass Österreich ein wohlhabendes Land ist, und natürlich kann man Pflege finanzieren, wenn man sich ein kluges System überlegt. Davon sieht man aber im Augenblick noch nicht sehr viel und es fehlen schlicht und einfach die grund­legenden Zahlen, die man brauchen würde, um sich so ein System auch zu überlegen.

Erinnern wir uns an die Budgetdebatte 2018: Die Länder haben gesagt, sie brauchen 1 Milliarde Euro zusätzliches Geld wegen der Abschaffung des Pflegeregresses. Der Bundesminister für Finanzen hat gesagt, es sind 100 Millionen Euro, die Experten haben sich irgendwo dazwischen gefunden. Das ist ein Faktor 1 : 10 – so kann man kein vernünftiges Konzept planen. Zuletzt hat die Landeshauptleutekonferenz einen Rahmen von 340 Millionen Euro genannt. Der Herr Finanzminister hat das im Februar nicht bestätigen können, er hat gesagt: Na ja, schauen wir uns halt einmal an, was es kostet, und dann rechnen wir es hoch! – Das ist am Ende des Tages nicht die Art und Weise, wie man mit Zahlen umgeht, so kann man auch keine kluge Strategie entwickeln. Man braucht hier zumindest grundlegendes Zahlenmaterial, um nach vorne zu schreiten.

Abgesehen von diesem Zahlendschungel gibt es aber noch etwas anderes, was uns gar nicht gefällt, und zwar ist das die weitere Verstaatlichung der Pflege ohne Rücksicht auf Verluste. Sie sagen: Mehr zu Hause, weniger stationär!, aber Sie sub­ventionieren zuerst einmal die hohen Pflegestufen. Bei den unteren Pflegestufen, den Pflegestufen 1 bis 3, die nämlich dazu da sind, genau jenen Menschen zu helfen, die zu Hause pflegen, die die Angehörigen unterstützen, die zu Hause helfen und superwichtig sind, wird nichts gemacht. Das ist das Gegenteil dessen, was die Men­schen wirklich wollen. Es gibt eine Studie – Sie haben, glaube ich, gesagt, 80 Prozent aller Menschen wollen zu Hause gepflegt werden –, in der wir sehen, dass 96 Prozent aller Menschen sagen, dass sie zu Hause gepflegt werden wollen. Nur 4 Prozent der ÖsterreicherInnen wollen im Alter in ein Heim.

Was passiert da also? – Wir wählen die teuerste aller Varianten, die wir subven­tio­nieren, und wir machen etwas, das nicht dem entspricht, was die Österreicherinnen und Österreicher eigentlich wollen.

Es geht in der Pflege um sehr viel Geld, es geht aber vor allem um die Menschen, es geht um die Pflegebedürftigen, es geht um die Pflegerinnen und Pfleger und es geht um die Angehörigen. Ich appelliere deshalb in aller Ernsthaftigkeit an Sie: Hören Sie auf die Bedürfnisse der Menschen, Frau Bundesminister! Prüfen Sie faire und nachhaltige Modelle der Finanzierung (Bundesministerin Hartinger-Klein spricht mit Bundeskanzler Kurz und Bundesminister Moser) – es ist eh gleich aus, vielleicht hören Sie mir noch ganz kurz zu – und achten Sie auch auf ein Budget, das auch nachkommende Generationen solidarisch mittragen können! Kurz gesagt: Machen Sie faktenbasierte Politik, die auf die Bedürfnisse der Menschen, die betroffen sind, wirklich eingeht! – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

17.16

Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Alois Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.