16.15

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte KollegInnen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir dis­kutieren hier heute das Thema: Die Jugend ernst nehmen und die Klimakatastrophe, die Klimakrise verhindern! – Ja, wir müssen die Jugendlichen ernst nehmen, und ja, wir müssen ihr Recht auf ein Leben in Gesundheit ernst nehmen. Das ist es, was sie ein­fordern, und das ist es auch, was jeder Jugendliche in diesem Land verdient hat.

Wenn man von Klimakrise spricht, dann muss man auch die komplexen Wechselbezie­hungen, die sich durch den Klimawandel auf die Landwirtschaft auswirken, die sich auf die Ernährung auswirken, die sich auch tagtäglich auf die Wasserversorgung und dem­entsprechende Dürren, die entstehen, auswirken, und am Ende des Tages die Auswir­kungen auf die Gesundheit der Bevölkerung erwähnen.

Wir haben gestern im Zuge der Debatte zum Volksbegehren Don’t smoke erfahren müssen, dass die Gesundheit und der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung jetzt leider nicht ganz oben auf der Prioritätenliste der aktuellen Bundesregierung stehen. Es ist auch erschütternd, dass der Kampf gegen krebserregende Stoffe, wie unter an­derem auch gegen das Pestizid Glyphosat, ebenfalls nicht ganz oben auf dieser Liste steht. Waren es beim Volksbegehren fast 900 000 Menschen, die sich gegen eine wei­tere Gefährdung ihrer Gesundheit ausgesprochen haben, so sind es diesbezüglich laut aktueller Sora-Umfrage, die im Auftrag des oberösterreichischen Umweltressorts im Jahr 2017 gemacht worden ist, 84 Prozent der OberösterreicherInnen, die ein Verbot von Glyphosat unterstützen würden. Eine EU-weite Umfrage besagt, dass drei Viertel der Menschen für ein Verbot von Glyphosat sind.

Die Menschen haben berechtigte Sorgen. Sie sorgen sich um ihre Gesundheit und um die Auswirkungen von Pestiziden, wie unter anderem Glyphosat. Jetzt stellt sich die Frage: Nehmen wir die Jugendlichen ernst, die jeden Freitag auf die Straße gehen und für ihr Recht auf eine gesunde Zukunft demonstrieren, und nehmen wir auch diese Tausenden Menschen ernst, die im Rahmen von Umfragen angeben, sie wollen, dass ihre Gesundheit geschützt wird und dass krebserregende Pestizide verboten werden? (Beifall bei JETZT.) – Die Antwort ist: Nein. Die Antwort ist ein ganz simples Nein, sie werden nicht ernst genommen.

Monsanto, eine Firma, die vom Image her aktuell irgendwo zwischen mexikanischem Drogenkartell und dem saudischen Kronprinzen anzusiedeln ist, macht weiterhin Mil­liardengewinne mit dem Verkauf dieses Pestizids in Europa. Und wem ist das zu ver­danken? – Während des letzten Tagesordnungspunkts, kurz bevor der Dringliche An­trag aufgerufen worden ist, ist Kollege Nikolaus Berlakovich von der ÖVP hier heraus­gekommen und hat gesagt: Ja, das haben wir von der Europäischen Union aufgedrückt gekriegt, dass Glyphosat weiterhin für fünf Jahre zugelassen worden ist. – Ganz ehr­lich: Verkaufen Sie die Bevölkerung da draußen nicht für dumm! Das Europäische Par­lament besteht aus Abgeordneten Ihrer einzelnen Fraktionen, besteht aus Abgeordne­ten der ÖVP, der FPÖ, mitunter auch der NEOS und vielen weiteren. (Ruf bei der FPÖ: Von Ihnen nicht!)

Schauen wir es uns gemeinsam an! Die Ausrede war: Das EU-Parlament hat uns das aufgehalst, wir wollten das ja eh gar nicht! – Ganz ehrlich (eine Tafel mit einer Abstim­mungsgrafik in die Höhe haltend): Wie ist die Abstimmung im Europäischen Parlament im Oktober 2017 ausgegangen? Wie haben sich denn die hier vorhandenen Fraktionen dementsprechend zum Verbot von Glyphosat geäußert? – Das ist ein bisschen klein, aber anders wäre es nicht möglich gewesen, das entsprechend darzustellen. Man sieht es hier aber ganz gut:

Die FPÖ, vertreten in der Bewegung für ein Europa der Nationen und der Freiheit, hat folgendermaßen abgestimmt: Nein, wir wollen kein Verbot von Glyphosat, da sind wir wirklich dagegen. – Von der FPÖ kam also ein absolutes Nein.

Weiter geht es mit den NEOS, Allianz der Liberalen und Demokraten: Nein! Nein, wir wollen auch kein Verbot von Glyphosat.

Es geht weiter: Wie stimmt denn die ÖVP ab? – Neutral, Enthaltung.

Ich bin gar nicht einmal enttäuscht, dass die Freiheitlichen hergehen und als Klima­leugner sagen: Na, Glyphosat ist sicher nicht krebserregend! (Abg. Rauch: Was redest denn für einen Blödsinn?! – Abg. Deimek: Ich bin mir sicher, dass es das Klima gibt! Also ich habe noch nie das Klima verleugnet!)

Ich bin aber wirklich enttäuscht und frage mich, wie es zu dieser Entscheidung kom­men kann, dass die vereinten Abgeordneten der Österreichischen Volkspartei sich auf der einen Seite hinstellen, in diesem Land herumziehen und sagen: Wir wollen ein Ver­bot von Glyphosat, weil es krebserregend ist!, und sich in der Europäischen Union, im Europäischen Parlament dann nicht für ein Verbot von Glyphosat zu stimmen trauen. Ist das wirklich Ihr Ernst? Ist das die Art und Weise, wie Sie mit der österreichischen Bevölkerung umgehen wollen, wie Sie die österreichische Bevölkerung informieren wollen? (Beifall bei JETZT.)

Hier ist noch ein weiteres Fotosujet, das das Ganze vielleicht noch deutlicher machen soll. (Die Rednerin hält eine Tafel, auf der ein Zeitungsartikel mit dem Titel „Österreich­weites Verbot für Umweltgift Glyphosat“, der ein Foto von Bundeskanzler Kurz enthält, zu sehen ist, in die Höhe.) Zur selben Zeit – wir sprechen von Ende 2017 –, als (in Richtung ÖVP) Ihre Abgeordneten nicht für ein Verbot stimmen und (in Richtung FPÖ) Ihre Abgeordneten dezidiert dagegen stimmen, läuft Bundeskanzler Kurz in Österreich herum und erzählt, dass er ein Verbot von Glyphosat will. – Nehmen Sie sich selbst noch ernst? (Abg. Gödl: Europaweit!) Sie wollen ein Verbot von Glyphosat und stim­men auf europäischer Ebene dagegen? Und in Österreich erzählen Sie der Bevölke­rung, dass Sie eh dafür sind und es eh umsetzen werden? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gödl. – Abg. Wöginger: Warum habts ihr nicht mitgestimmt bei der Öko­stromnovelle?)

Ich meine, da stimmt ja das Handeln mit dem Reden in keiner Weise überein! Das ist ja Hütchenspielerei, die da mit der Bevölkerung betrieben wird! Das ist so etwas von nicht nachvollziehbar, das ist ja gar nicht mehr zu verstehen, was da betrieben wird!

Das alles passiert zu einer Zeit, als Glyphosat im US-Bundesstaat Kalifornien offiziell auf die Krebswarnliste gegeben wird, nämlich im Juni 2017. Zur selben Zeit sagt die Weltgesundheitsorganisation, dass Glyphosat - - (Abg. Wöginger: Kalifornien! Das ist das Land, wo die ...!) – Kollege Wöginger, wenn Ihnen der US-Bundesstaat und die Entscheidung aus Kalifornien nicht passen – die haben auch Wissenschafter –, dann ziehen Sie bitte die Entscheidung der Weltgesundheitsorganisation heran! (Abg. Wö­ginger: Wieso haben Sie denn nicht mitgestimmt bei der Ökostromnovelle? Das wäre in Österreich gewesen! Da geht’s um die Biomasseanlagen in Österreich! Da haben Sie nicht mitgestimmt!) Die sagt nämlich, dass es wahrscheinlich krebserregend ist.

Wissen Sie, was wir in Europa haben? – Ein Vorsorgeprinzip! Wenn auch nur ein Fünkchen Gefahr besteht, dass etwas krebserregend sein könnte, dann wäre es die Verantwortung der vereinten Politik, dass wir gemeinsam sagen: Nein, diesen Auswir­kungen setzen wir unsere Bevölkerung auf keinen Fall aus! (Beifall bei JETZT und SPÖ. – Abg. Wöginger: Ja, und Industriebetriebe ...!)

Das reicht Ihnen noch immer nicht. Es sind für Sie noch immer nicht genug Beweise, die auf dem Tisch liegen. Während Monsanto auf der einen Seite in Europa Milliarden­gewinne mit dem Verkauf dieses Pestizids macht, wird dieses Unternehmen auf der anderen Seite in den USA zu Strafzahlungen und Schadenersatzzahlungen verurteilt, weil sein Spritzmittel einfach krebserregend ist und eine Person geschädigt worden ist. Das ist eine Strafzahlung von 81 Millionen Euro.

Ich meine, das kann mir doch niemand erklären, dass sich die österreichische Politik noch immer dem verwehrt, dass wir da von einem Mittel sprechen, das tagtäglich im privaten Bereich und auf den Feldern draußen ausgespritzt wird, und gleichzeitig sa­gen wir immer noch: Wir sind für die Gesundheit der Bevölkerung da.

Frau Ministerin Köstinger, vielleicht ein weiteres Argument, das Sie in Ihrer Arbeit un­terstützen soll und hoffentlich in eine Richtung bringt, die die Gesundheit der Bevölke­rung auch an erste Stelle stellt – aus Frankreich, ganz konkret –: Glyphosatrückstände sind aktuell nicht nur in vielen Lebensmitteln zu finden, sie sind laut Studien nicht nur im Urin fast aller Menschen zu finden, sondern auch in der Muttermilch für viele, viele Babys. Jetzt kommt noch dazu, dass laut einer aktuellen Studie, laut einem offiziellen Bericht der französischen Umweltschutzbehörde – und das ist nicht irgendjemand, wirklich nicht – festgestellt worden ist, dass Glyphosatrückstände in Babywindeln nach­gewiesen worden sind und die Gefahr besteht, dass durch den Urin die Aufnahme in den kindlichen Körper stattfindet.

Wollen Sie das weiterhin in Europa zulassen? Wollen Sie weiterhin hinter Ihrer Abstim­mung stehen, bei der Sie sich enthalten und sich keine Meinung zutrauen oder gleich ablehnen? Das ist keine verantwortungsvolle Politik!

Ich bitte Sie: Fangen Sie endlich an, verantwortungsvolle Politik zu machen! Nehmen Sie die jungen Menschen, die jeden Freitag demonstrieren, ernst! Nehmen Sie wissen­schaftliche Studien ernst und nehmen Sie die Tausenden Menschen in Österreich ernst, die sich für den Schutz ihrer Gesundheit und einen nachhaltigen Schutz unserer Umwelt aussprechen! – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.25

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pla­kolm. – Bitte.