17.11

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsi­dent! Geschätzte Damen und Herren! Bürgerinnen und Bürger! Geschätzte Frau Minis­terin! Ich bin hier am Pult Volksvertreterin und als private Person nicht wirklich relevant, erlauben Sie mir aber ausnahmsweise doch ein paar wenige persönliche Worte.

In meiner relativ kurzen Zeit als Abgeordnete hier im österreichischen Nationalrat habe ich schon so einige Höhen und Tiefen erlebt. In der Politik kann es richtig emotional werden, wenn man es ernst meint. Kein Thema hat mich jemals so stark berührt und aktiviert wie die Fridays-for-Future-Bewegung. Ich bin sehr oft auf den Demos, meist in Wien. Jedes Mal überwältigt mich das, was ich dort sehe, aufs Neue: junge Menschen, die die Sorge um ihre Zukunft scharenweise auf die Straße treibt und die dort einen echten, kräftigen Geist des Miteinanders leben. Diese Fridays for Future sind eine echte Bewegung, ein echter Game Changer.

In meiner Zeit vor der Politik habe ich als Energiewendeexpertin meinen Kopf mit an­deren begabten Menschen aus Europa zusammengesteckt und wir haben uns über­legt, wie wir den jungen Menschen das Thema Klimawandel vermitteln können, wie wir die nächste Generation für den Klimaschutz emotionalisieren, begeistern können. Es ist uns damals gelungen, an manchen Orten, in vielen Herzen und Köpfen so einiges zu bewegen. Nun aber ist sie endlich da, die erste globale Klimaschutzbewegung – eine lang ersehnte und bitter nötige Jugendbewegung, ein gemeinsamer Traum, ein wahr gewordener Traum über die Jugendbeteiligung am Klimaschutz.

In einem bin ich mir sicher: Fridays for Future wird größer als die 68er-Bewegung. 1,5 Millionen Jugendliche in über 2 000 Städten am 15. März waren erst der Beginn. Diese Bewegung, die anfangs als kleiner Streik begann, hat sich im Laufe der Zeit zu einer globalen Gemeinschaft entwickelt. Sie ist der Orkan, das Morgenrot und das Wasser, das die Mühlen der Politik endlich in Bewegung bringt. Wenn die gefährliche Erderhitzung in einen kontrollierbaren Klimawandel gedreht wird, dann wird die Weltge­meinschaft auch dank Fridays for Future dauerhaft eine andere sein – eine solidari­schere, eine friedlichere, eine weisere und eine umweltfreundlichere. Wir werden alle noch Zeugen dieses Wunders werden.

Geehrte Damen und Herren, eines muss uns bewusst sein: Beim Pariser Klimaschutz­abkommen geht es nicht um irgendein unverbindliches Ziel, ein Goodwill-Ziel. Öster­reich hat sich 2015 in Paris ganz klar für die Einhaltung des 1,5-Grad-Mittelwerts der Erderwärmung ausgesprochen und der internationalen Staatengemeinschaft sein Wort gegeben. Bei Nichteinhaltung drohen hohe Strafzahlungen.

Die heute stattfindende Debatte zu dem von meiner geschätzten Kollegin Stephanie Cox eingebrachten Dringlichen Antrag unterstreicht die Notwendigkeit und die Brisanz dieser aufstrebenden Bewegung. Vielen Dank, liebe Steffi, vielen Dank, Liste JETZT, für diese Einbringung.

Mit den Parents for Future, Scientists for Future und Teachers for Future schließen sich nun immer weitere Teile der Zivilbevölkerung dieser Bewegung an. Sie alle eint das Ziel, die EntscheidungsträgerInnen beim Wort zu nehmen, das sie gegeben haben: Die Zukunft der jüngsten und der kommenden Generationen zu sichern und das Pa­riser Ziel einzuhalten.

Zeigen wir Größe und Stärke und nehmen wir die Herausforderung an, die sich vor uns auftürmt. Die Vogel-Strauß-Taktik hat sich selten bewährt. Je länger wir zuwarten, des­to unaufhaltsamer wird das Unausweichliche. Lasst uns PolitikerInnen für die Zukunft sein, für die nachkommenden Generationen! Stehen wir zusammen als Politicians for Future auf, es ist an der Zeit!

Was ist ein Zukunftspolitiker, eine Zukunftspolitikerin? – Eine Politikerin, ein Politiker, die oder der der Wissenschaft zuhört, die oder der der Jugend zuhört und sich voll und ganz hinter das Pariser Klimaschutzabkommen stellt – einfach das! –, die oder der die wissenschaftlichen Fakten akzeptiert und die ökologische Notlage als solche behandelt und kommuniziert. Die Lösung der Klimakrise bedarf der umfassendsten Mobilisierung und Umstrukturierung unserer Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung, die die Mensch­heit je gesehen hat. (Beifall der Abg. Cox.)

Sind wir mutig, meine Damen und Herren, sind wir visionär, wird es uns gelingen. In Zukunft wird kein Platz für PolitikerInnen sein, die die Zeichen der Zeit nicht erkennen und nicht entsprechend handeln. „Act Now!“ tönt es jeden Freitag von den Straßen her. Ein Politician for Future tut genau das: Er oder sie handelt jetzt – jetzt, wo sich eine Klimakatastrophe gerade noch abwenden lässt. Politicians for Future darf kein Partei­programmkapitel, keine Plattform, deren Mitglied man wird, sein, Politicians for Future muss ein Verdienst für unerbittlichen, energischen Einsatz zur Sicherung unserer Le­bensgrundlage sein, für den tiefgreifenden Umbau unserer Mobilitäts-, Wärme-, Ener­giegewinnungs- und Distributionsinfrastruktur, für die Änderung unserer Produktions- und Konsumationsweisen.

Ja, für diesen Umbau gibt es noch keine fixfertige Plug-and-play-Lösung, die einfach in einem Land implementiert werden kann. Es gibt kein Modell, weder auf nationaler noch auf EU-Ebene, aber es gibt ein gemeinsames Ziel: das Pariser Klimaschutzabkommen und die dementsprechenden Treibhausgasemissionsreduktionsziele.

Geschätzter Kollege Rauch, ich bin auch eine Atomkraftgegnerin und ich bin beein­druckt vom Antiatomkraftengagement der Bundesministerin, aber nur weil ich in die­sem einen Punkt nicht mit Greta Thunberg übereinstimme, diskreditiere ich doch nicht diese globale Klimaschutzbewegung, die diese junge und mutige Frau losgetreten hat! (Beifall der Abgeordneten Elisabeth Feichtinger, Klaus Uwe Feichtinger und Cox.) Ganz im Gegenteil, wir können in einer gemeinsamen Kraftanstrengung, von Öster­reich ausgehend – Österreich, der legendären Antiatomkraftnation –, ein Signal in die ganze Welt aussenden, dass 100 Prozent erneuerbare Energie und die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels und die damit einhergehenden CO2-Reduktionen ohne Atomkraft mög­lich sind. Das 100-Prozent-erneuerbare-Energie-Ziel in der Stromversorgung, das in der #mission 2030 festgeschrieben ist, ist ein gutes, ein ambitioniertes Vorhaben, nur muss sich dieses Ziel auch in der Tagespolitik niederschlagen, wie etwa im Energie­ausbaugesetz 2020, das ja bald in Begutachtung sein wird.

Ich habe in der aktuellen Vorfassung, die ich schon sehen durfte, diesen Pfad noch nicht wirklich ganz abgebildet gesehen, daher bitte ich die Regierung, da nachzuschärfen. Ich bitte aber auch die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ und von der Liste JETZT, mitzuhelfen, dieses Gesetz auf den Weg zu bringen. Schreiten wir hier in Ös­terreich mutig voran, lassen wir hier die Keimzelle einer Politicians-for-Future-Bewe­gung entstehen, die andere mitreißt!

Wir können das. Wir sind ein kleines Land, aber mit großen Möglichkeiten, mit mutigen Politikerinnen und Politikern – wie einer Stephanie Cox, einer Irmgard Griss, einem Mi­chael Bernhard, einem Uwe Feichtinger, einem Andreas Schieder und vielen mehr, und auch aufseiten der Regierungsfraktionen weiß ich, dass einige Kolleginnen und Kollegen und auch unsere Bundesministerin im Herzen Politicians for Future sind. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall der Abgeordneten Klaus Uwe Feich­tinger, Bernhard, Cox und Zadić.)

17.20

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zinggl. – Bitte.