17.31

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Kund­gebung hat offensichtlich dem vorigen Tagesordnungspunkt gegolten, ich darf Sie da­her jetzt zu einem anderen Themenkreis hinleiten, nämlich dem automatischen Pen­sionssplitting und der Frage, warum wir dieses brauchen: weil es ein wesentlicher Bei­trag zur Bekämpfung der Altersarmut von Frauen, insbesondere zur Schaffung von mehr Gerechtigkeit insgesamt ist. (Unruhe im Saal.) – Es ist ein bisschen unruhig im Saal. Die Demonstranten waren doch nur auf der Galerie und nicht hier herunten! (Prä­sident Sobotka gibt das Glockenzeichen. – Abg. Rosenkranz – in Richtung SPÖ wei­send –: Das ist irgendwie ansteckend!) – Ja, das ist offensichtlich ansteckend. Danke, Kollege Rosenkranz.

Das automatische Pensionssplitting könnte also ein guter Beitrag zur Verringerung der Altersarmut sein, insbesondere bei Frauen. Derzeit ist das Pensionssplitting freiwillig, und wir hatten im vorigen Jahr – einem Rekordjahr – insgesamt 412 Paare, die das Pensionssplitting in Anspruch genommen haben – bei 87 000 Geburten im Jahr –, also eine vernachlässigbare Zahl.

Alexander Biach, der Vorsitzende des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, hat im Rahmen einer Veranstaltung am 7. März erklärt, dass die Pensionsversiche­rungsanstalt das Splitting – wörtlich – „intensiv betreibt“. Das kommt also heraus, wenn die Pensionsversicherungsanstalt mit sechs Millionen Versicherten etwas intensiv be­treibt: Dann haben wir 412 Fälle in einem Jahr.

Die Frau Sozialministerin hat im Ausschuss erklärt, sie macht jetzt einen Folder, und diesen Folder wird sie an alle Allgemeinmediziner und an alle Frauenärzte schicken. Ich habe dann gefragt, was denn das Ziel dieses Folders ist und welche Zahl von Fäl­len des Pensionssplittings sie erreichen will, wenn sie den Folder ausschickt. – Es gibt kein Ziel. Wir geben Steuergeld aus, wir geben Versichertengeld aus – Maßnahme oh­ne Ziel.

Was ist eigentlich das Problem, und warum sollte das Pensionssplitting nicht so wie jetzt freiwillig erfolgen, sondern automatisch? – Es ist nach wie vor so, dass Frauen in Österreich im Schnitt weniger verdienen als Männer. Frauen verdienen auch dann ein bisschen weniger, wenn sie keine Kinder bekommen, aber vor allem verdienen Frauen deutlich weniger, wenn sie Kinder bekommen, und auch weniger als ihre Geschlechts­genossinnen, die keine Kinder haben.

Frauen arbeiten viel öfter und viel länger in Teilzeit als Männer. Im vorigen Jahr waren es 47 Prozent der unselbstständig beschäftigten Frauen, die in Teilzeit gearbeitet ha­ben; bei Männern lag der Wert, zum Vergleich, bei ungefähr 11 Prozent. Mit dieser ho­hen Teilzeitquote bei Frauen liegen die Österreicherinnen europaweit auf dem zweiten Platz. Vor uns sind nur noch die Niederlande, aber mit dem Unterschied, dass in den Niederlanden die Frauen im Schnitt 30 Stunden pro Woche Teilzeit arbeiten, also einer Vollzeitbeschäftigung viel näher sind als bei uns.

Das hat natürlich Auswirkungen, insbesondere auf die Pension, denn wenn man über einen sehr langen Zeitraum weniger arbeitet und dadurch logischerweise auch weniger verdient, dann kann am Schluss auch nicht so viel Pension herauskommen, wie wenn man dieselbe Zeit voll gearbeitet hätte. Und was man nicht ausblenden darf: Wenn Karriereunterbrechungen stattfinden und diese Karriereunterbrechungen lang sind, dann holt das eine Erwerbstätige, ein Erwerbstätiger auch nie mehr auf. Sie machen quasi eine berufliche Pause den Kindern zuliebe, steigen dann in Teilzeit wieder ein, bleiben noch zehn Jahre in Teilzeit – sie werden nie mehr dasselbe Einkommen errei­chen wie jemand, der diese Familienzeitunterbrechung nicht gehabt hat. Es müssen zwar auch Männer Lohneinbußen hinnehmen, wenn sie eine Vaterschaftspause ma­chen, aber die Lohneinbußen der Männer sind nicht so hoch wie die der Frauen.

Welche Maßnahmen kann man jetzt in Angriff nehmen, um diesen Unterschied in den Griff zu bekommen? – Ein Punkt, der zu einer Verbesserung insbesondere der Frauen­pensionen führen würde, wäre eine raschere Angleichung des Frauenpensionsalters an jenes der Männer. Ein zweiter Punkt wäre eine gleichmäßige Verteilung der Betreu­ungsarbeit auf Frauen und Männer, was eigentlich heißt, wir brauchen eine Erhöhung der Väterbeteiligung, wenn es beispielsweise um Karenz geht. Und eine dritte Maßnah­me wäre eben das automatische Pensionssplitting, um sicherzustellen, dass Frauen im Alter ökonomisch besser dastehen und besser abgesichert sind.

Man muss auch den Tatsachen realistisch ins Auge sehen: Wenn heute Partnerschaf­ten geschlossen werden, dann muss das nicht unbedingt eine Ehe sein. Menschen be­kommen gemeinsam Kinder und sind nicht verheiratet, Beziehungen gehen auseinan­der, und bei Trennungen denkt man an viele Dinge, aber man denkt wahrscheinlich nicht an das Pensionskonto. Daher sollten solche Dinge automatisch gehen und nicht jenen Personen vorbehalten sein, die so weit vorausdenken, dass sie in 40 Jahren ein­mal in Pension gehen werden und dann die Pensionskontogutschriften eine Rolle spie­len.

Aus diesem Grund hat unsere Fraktion schon in der vorigen Gesetzgebungsperiode einen Antrag auf ein automatisches Pensionssplitting mit Opt-out-Option eingebracht. Dieser Antrag ist damals abgelehnt worden. In dieser Gesetzgebungsperiode haben wir im Jahr 2018 einen Antrag eingebracht, und da ist mir im Ausschuss von freiheitli­cher Seite und von der ÖVP wortreich erklärt worden, dass die Leute das nicht wollen. Die FPÖ hat gesagt, ein automatisches Splitting wäre eine Bevormundung, und ÖVP-Familiensprecher Norbert Sieber hat mir erklärt, es werden deswegen so wenige Leute das freiwillige Pensionssplitting in Anspruch nehmen, weil sie es eben einfach nicht wollen – und der Antrag wurde abgelehnt.

Steter Tropfen höhlt den Stein, und Politik ist auch das Bohren harter Bretter, deswe­gen haben wir diesen Antrag noch einmal eingebracht, und er wurde im letzten Sozial­ausschuss besprochen. Man darf da als Oppositionspolitiker nie sehr optimistisch sein, aber ein bisschen optimistischer war ich schon, hatte doch kurz davor Frauenministerin Bogner-Strauß gesagt, ja, sie will das Pensionssplitting – sie hat sogar unser Wording verwendet, sie hat gesagt, sie will ein automatisches Pensionssplitting mit Opt-out-Op­tion –, und sie will es noch in dieser Legislaturperiode.

Dann ist es schon verwunderlich, wenn der ÖVP-Klub bremst und wenn man mir von ÖVP-Seite erklärt, da gebe es noch so viele Fragen zu klären, das sei so kompliziert, wirklich furchtbar kompliziert. Die Schweizer haben das schon, da gibt es das schon automatisch, aber in Österreich ist es so kompliziert, dass man den Antrag vertagt hat.

Das lasse ich nicht durchgehen. Man schickt Juliane Bogner-Strauß als laute Werbe­hupe hinaus – tüt, tüt, wir sind für das Pensionssplitting! –, und der ÖVP-Klub macht das Gegenteil und würgt alles ab. Dann ist mir erklärt worden, die ÖVP-Frauen waren ja eh schon für das Splitting, bevor es die NEOS gegeben hat. Das finde ich super, und ich finde es auch super, wenn die ÖVP-Frauen sich innerhalb der ÖVP mehr Gehör verschaffen. Es dauert ein bisschen lang, also ich wünsche euch viel Erfolg und viel Kraft gegen die konservativen Männer da drüben, die für die Frauen am liebsten Kin­der, Küche, Kirche sehen, und alles andere ist ihnen ein bisschen unangenehm.

Daher wäre es jetzt an der Zeit, das Pensionssplitting umzusetzen. Ihre Ministerin hat angekündigt, dass es kommt. Da werden Sie ja wohl Ihrer Ministerin Rückendeckung geben und sagen: Ja, die Bundesregierung wird mit einem Entschließungsantrag be­auftragt, einen Entwurf für ein solches Splitting vorzulegen. – Wie dieser Entwurf dann genau aussieht, überlasse ich gerne Ihnen und der Frau Ministerin.

Es müssen ein paar Dinge anders sein als heute: Heute darf man das Splitting nämlich nur in Anspruch nehmen, wenn ein Partner gar nicht arbeitet. Das ergibt natürlich kei­nen Sinn. Ein Splitting muss auch möglich sein, wenn einer von beiden Teilzeit und der andere Vollzeit arbeitet, dass man also dann die Beiträge zusammenzählt und aufteilt, und zwar automatisch. Und wenn es beide nicht wollen, wenn sich beide einigen und meinen, das ist Mumpitz, dann können sie sich abmelden, dann können sie sich davon ausklinken. Auch das soll möglich sein. Es soll keine Zwangsbeglückung sein, nur eine Automatik.

Ich bin ja schon froh, wenn ich von der FPÖ kein Nein höre. Die FPÖ hat für diese De­batte keinen Redner eingemeldet, jedenfalls nicht gleich – vielleicht haben Sie inzwi­schen einen eingemeldet.

Ich erwarte von der ÖVP, dass sie das tut, was die eigene Ministerin ankündigt, denn dieses Doppelspiel, nach außen eine Werbeministerin in den Verkauf zu schicken und nach innen zu bremsen, lassen wir Ihnen sicher nicht durchgehen. (Beifall bei den NEOS.)

17.40

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pfurt­scheller. – Bitte.