13.02

Abgeordneter Mag. Thomas Drozda (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Herr Minister! (Abg. Höbart – auf den großen, weißen Anstecker des Redners mit der Aufschrift „Frauenvolksbegehren“, auf dem das Logo des Frauen­volks­begehrens abgebildet ist, deutend –: Ist das eine Uhr, die da drauf ist, auf dem Sticker?) Mit der digitalen Identifikationspflicht und mit der Ausweispflicht verhält es sich ja nicht viel anders als mit der als Digitalsteuer bezeichneten getarnten Werbe­abgabe: Es ist ein klassisches Beispiel für Showpolitik.

Statt tatsächliche Lösungen für Hass und Hetze im Netz zu erarbeiten, wird die PR-Maschinerie angeworfen. Man schickt ein Gesetz in Begutachtung, das nicht nur vollkommen am Ziel vorbeischießt, sondern das wirkliche Ziel nicht einmal ins Visier nimmt. Die Ausweispflicht im Internet mag vieles sein – eine Barriere für den freien Diskurs im Netz, ein Angriff auf die digitale Demokratie oder ein Eingriff in das Grund­recht auf Datenschutz –, ein Rezept gegen Hasskommentare ist sie sicher nicht.

Ich habe selten einen Gesetzesvorschlag gesehen, der derart wenig durchdacht ist wie dieser, und zwar auf jeder Ebene: rechtlich, technisch, aber auch inhaltlich. Quer durch Österreich hagelt es daher auch folgerichtig Kritik von Expertinnen und Experten. Es wird davor gewarnt, dass die Identifikationspflicht gegen EU-Recht und unsere Grundrechte verstoßen könnte und dass die technische Umsetzung sicher nicht – wie du, Herr Bundesminister, es bezeichnet hast – „leicht machbar“ ist. Wie denn auch? Die technischen Möglichkeiten für eine Verifizierung der Adresse über die Telefon­nummer beispielsweise gibt es ja noch nicht einmal.

Was in der analogen Welt strafbar ist, muss auch im digitalen Raum verboten sein. – Richtig, dem ist zuzustimmen. Fakt ist aber auch – und Niki Scherak hat es bereits erwähnt –, dass das Strafrecht auch im Internet gilt, und das seit geraumer Zeit. Man kann bereits jetzt strafrechtlich relevante Kommentare oder Aussagen im Internet bei der Staatsanwaltschaft melden und die Staatsanwaltschaft einschalten. Die Staats­anwaltschaft kann bereits jetzt IP-Adressen inklusive genauer Uhrzeit, wann die IP-Adresse benutzt wurde, bei den Providern erfragen.

Warum passiert das nicht? – Das passiert deshalb nicht, weil die Bundesregierung die österreichische Justiz personell und finanziell aushungert. Ich habe im Jahr 2017 gemeinsam mit Bundesminister Brandstetter verhandelt, dass es fünf zusätzliche Staatsanwälte und Staatsanwältinnen geben soll, die sich auf das Thema Hass im Netz konzentrieren sollten. Ich frage ernsthaft: Warum gibt es die bis heute nicht? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT.)

Anstatt das umzusetzen und eigene Posten in der Staatsanwaltschaft für die Bekämp­fung von Hass und Kriminalität im Netz zu schaffen, opfert die Regierung eines der wichtigsten persönlichen Rechte und stellt auch die Meinungsfreiheit gleich mit infrage. Wir wissen ganz genau, dass bei Hass und Hetze im Netz nicht die Anonymität das ausschlaggebende Kriterium ist, denn schon jetzt wird ein Großteil der Hasspostings unter Klarnamen veröffentlicht. Der heute bereits auf skurrile Weise zitierte Fall von Sigi Maurer ist der bekannteste und beste Beweis dafür.

Ich frage daher: Was soll dieser Gesetzesvorschlag bringen? Was soll die Identifika­tionspflicht gegen digitale Hetze unter Klarnamen ausrichten? Die Antwort ist: nichts. Die Regierung rühmt sich, dass bis heute kein anderes Land ein ähnliches Gesetz eingeführt hätte – kein europäisches, wohlgemerkt. Stimmt, die Regierung hat sich da ein Beispiel an China genommen, das auf dem direkten Weg zum totalitärsten Über­wachungsstaat der Moderne ist, und an Südkorea, wo die Politik der Regierung zu massiven Hackerangriffen geführt hat. In beiden Ländern ist Hass im Netz laut Studien im Übrigen nicht einmal um einen einzigen Prozentpunkt zurückgegangen.

Wer ist der größte Profiteur und Multiplikator von Hass im Netz, Herr Bundesminister? Wer füllt im Tagestakt die Zeitungen und Medien mit skandalösen Postings, mit Ge­schichtsvergessenheit und mit digitaler Rechtsanbiederung? – Richtig, Ihr Koalitions­partner, die FPÖ. (Abg. Gudenus: Silberstein! Sagt der Freund von Silberstein! Genau!) Wer hat ein Naheverhältnis zu Seiten wie unzensuriert.at oder „Wochen­blick“? – Richtig, die FPÖ, sie fühlt sich zu Recht angesprochen. Ich frage ganz ernsthaft: Sind das die Start-ups, von denen du redest? Unzensuriert.at, „Wochen­blick“? (Abg. Gudenus: Kontrast!) Sind das die, die man nicht behindern sollte?

Die Linie der SPÖ dem gegenüber ist ganz klar: Wir sagen klar Nein zu dieser Identifikationspflicht im Internet, Nein zu einem Angriff auf die Privatsphäre der Öster­reicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

13.07

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf eine weitere Schülergruppe der HBLA Bruck hier bei uns im Hohen Haus begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Wassermann. – Bitte.