15.04

Abgeordnete Angelika Kuss-Bergner, BEd (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause! Frau Heinisch-Hosek, liebe Frau Kollegin, Sie haben gesagt, Sie haben von den Maßnahmen nichts gespürt. Ich denke, vielleicht aus dem Grund, weil Sie nicht Betroffene sind. Bitte reden Sie mit den Betroffenen! (Abg. Heinisch-Hosek: Welche Betroffenen?) Ich denke, die Maßnahmen sind auch angekommen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Wenn in einer Familie ein Kind auf die Welt kommt, dann hat jede Mutter, jeder Vater denselben Wunsch (Zwischenruf des Abg. Leichtfried): immer das Beste für das Kind. Jeden Tag, seitdem ich vor 18 Jahren Mama geworden bin, beschäftige ich mich damit, was das Beste für meine vier Töchter ist (Zwischenruf der Abg. Yılmaz), wie ich ihnen ein gutes Vorbild sein kann, wie ich sie auf ihrem Weg, zu starken Frauen heranzuwachsen, am besten begleiten kann. Das heißt, meine Töchter so weit zu stärken und ihnen das Selbstverständnis mitzugeben, selbstbe­wusst und selbstbestimmt zu agieren, Entscheidungen unabhängig und eigenständig zu treffen.

Das ist eine Aufgabe, die unzählige Mütter und Väter jeden Tag erfüllen. Es ist harte Arbeit, den Töchtern, aber auch den Söhnen ein Frauenbild vorzuleben und mitzu­geben, das ihnen Selbstwert und Stärke vermittelt. Ich kenne viele Frauen, denen das bewundernswert gut geglückt ist.

Eine bewundernswerte Frau möchte ich heute noch einmal hier in diesem Rahmen hervorheben und erwähnen, nämlich unsere kürzlich verstorbene Frauensprecherin, die Frau Abgeordnete zum Nationalrat Barbara Krenn. Sie war eine Frau, die anderen Frauen Stärke gegeben hat und die mitreißend wie kaum eine andere agiert hat. Ich möchte sie bei dieser Debatte noch einmal als eine starke Frau hervorheben, die für viele ein Vorbild war und bleiben wird. – Danke, Barbara! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Lassen Sie mich kurz meine Erfahrungen mit den vielen Frauen schildern, mit denen ich über ihre Herausforderungen gesprochen habe. Viele beschäftigen sich mit der Frage, ob sie eine schlechte Mutter sind, weil sie arbeiten gehen. Es ist für sie eine Gewissensfrage; sie haben nicht über rechtliche Rahmenbedingungen gesprochen, sondern über ihre Empfindungen. Sie fürchten, dass sie in ihrem Umfeld verurteilt wer­den, weil sie arbeiten gehen. Das ist in ihren Köpfen drinnen, daher würde ein Gesetz diese Empfindungen auch nicht ändern.

Was wir aber sehr wohl ändern können, ist, dass Mädchen, die in der Volksschule sind, jeden Tag die Schule mit einem Zeichen der Unterdrückung besuchen. Ja, ich sehe es so: Für mich ist das Kopftuch ein Zeichen der Unterdrückung der Frau. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

In einer aufgeklärten Gesellschaft brauchen wir nicht darüber zu diskutieren, warum es erlaubt sein soll, dass Mädchen in der Volksschule ein Kopftuch tragen. Schaffen wir für diese Mädchen in der Schule einen Raum, in dem sie sich entfalten können, in dem sie nicht schon mit sieben oder acht Jahren eingeschränkt werden! Ich weiß, es ist kein Allheilmittel, aber es ist ein Grundstein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Passend zum Kopftuch: Sprechen wir doch kurz über Sexismus, Abwertung und Stereotypen, die im Volksbegehren auch angesprochen werden. Da werden wir uns alle einig sein, dass wir das nicht wollen. Um jeden Preis werden wir alle verhindern wollen, dass die eigene Tochter Sexismus ausgesetzt ist, als Frau herabgewürdigt wird oder durch Stereotypen in maßgeblichen Lebensentscheidungen eingeengt wird. Natür­lich gibt es da Einigkeit unter uns. Nun steht aber die Frage im Raum: Woher kommt dann die Diskrepanz in dieser Diskussion? – Die Verschiedenheiten ergeben sich daraus, wie wir es schaffen, diese Problematiken zu lösen. Ich will weder so tun, als wären wir am Ziel angekommen, noch will ich den Istzustand dramatisieren. Wenn die Rede davon ist, Rollenzuschreibungen aufzubrechen, dann bin ich ganz klar dafür, doch dass gesetzliche Verankerungen und Verbote dafür unerlässlich sind, das denke ich nicht.

Die Kinder orientieren sich zuerst am Elternhaus, wo ihnen vorgelebt wird, wo ihnen Werte vermittelt werden und Rollenbilder entwickelt werden. Genau dort liegt auch die Verantwortung dafür, mit welchem Rollenbild mein Kind aufwächst. Diese Verant­wortung, was zu Hause vorgelebt wird, kann und soll der Staat nicht übernehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Was der Staat aber übernehmen kann, ist natürlich das, was in der Schule abläuft. In der Schule kann abgefedert werden, wenn verschärfte Rollenbilder vermittelt worden sind. Mädchen und Buben sollen sich dort entfalten können, daher dürfen Symbole der Unterdrückung keinen Platz haben. Das Kopftuch ist zu 100 Prozent eine Rollen­zu­schreibung, und diese ist ganz dringend zu hinterfragen.

Abschließen darf ich mit einem Auszug aus dem Regierungsprogramm der Bundes­regierung: „Frauen in Österreich übernehmen und tragen heute Verantwortung in allen gesellschaftlichen und lebensentscheidenden Bereichen [...]. Die Erfüllung dieser Auf­gaben und die Erbringung dieser Leistungen von Frauen sind entsprechend [...] zu würdigen.“

Meine Damen und Herren, ich vertraue auf die vielen Österreicherinnen, die jeden Tag alles dafür geben, ihren Töchtern das Beste zu bieten, und die Verantwortung dafür übernehmen, dass sie ihre Töchter in allen Lebensbereichen stärken, um sie zu zu­künftigen Vorbildern zu machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

15.11

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Sabine Schatz zu Wort gemeldet. – Bitte.