15.25

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Frau Sandler, wir wissen seit Monaten, dass das Frauenvolksbegehren hier ist, dass es heute diskutiert wird – und dann kommen 1 Stunde vor Sitzungsbeginn 30 Anträge der SPÖ. Sie lesen das wie Ihre GenossInnen in einem durch vor, dass wir da gar nicht mehr mitkommen. (Abg. Leichtfried: Wir haben uns an Ihnen ein Beispiel genommen, wie Sie mit Anträgen umgehen!) Das ist nicht seriöse Politik! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ist Ihnen das wichtig? – Dann machen wir das anders. (Abg. Loacker: Das haben Sie beim Arbeitszeitgesetz gemacht!) Ich will nicht naiv sein, aber so stelle ich mir Politik nicht vor. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Weil die Initiatoren und Initiatorinnen heute hier sind (Abg. Leichtfried: Und das Arbeits­zeitgesetz, wann haben Sie das eingebracht? 1 Minute vorher!), möchte ich das Engage­ment des Frauenvolksbegehrens würdigen. Ich habe persönlich die Gelegenheit gehabt, mit Frau Lena Jäger länger darüber zu diskutieren, habe das sehr spannend gefunden.

Es wurde schon viel gesagt, ich möchte zu zwei Themen noch Stellung nehmen; das eine ist das Thema Armut bekämpfen. In den Forderungen des Frauenvolksbegehrens fehlt ein ganz wesentlicher Punkt, nämlich das Thema Frauenaltersarmut. Wir wissen, dass Frauen fast doppelt so stark betroffen sind wie Männer, und es war eine ganz wichtige Forderung des Frauenvolksbegehrens 1997, ein Recht auf Elternteilzeit einzuführen. Heute sollten wir allerdings im Rahmen des Frauenvolksbegehrens darü­ber reden, wie wir die Nachteile gerade im Alter neutralisieren, ja ausmerzen können. Das schlägt aber das Frauenvolksbegehren nicht vor.

Der zweite Punkt: Sie wollen mit den Forderungen zum Thema Armut bekämpfen Alleinerziehende besserstellen, Kinder von Alleinerziehenden im Vergleich zu Familien besserstellen. Betreffend Regelbedarfssatz sagen Sie, wenn eine Familie den Regel­bedarfssatz nicht erwirtschaftet, dann greift in unserem System das Sozialsystem. Warum soll das bei Alleinerziehenden besser sein? Das Gleiche bei der Unterhalts­garantie: Wenn ein Unterhaltsverpflichteter in aufrechter Beziehung nicht leistungsfähig ist, greift das Sozialsystem. Warum soll das nach einer Trennung anders sein? Ein Grundeinkommen für Alleinerziehende, für Kinder von Alleinerziehenden, aber nicht für Familien – das ist ungerecht, und dieser Vorschlag war nicht wirklich durchdacht. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Zum Thema Konfliktschwangerschaften schlägt das Frauenvolksbegehren nur eines vor: Die Krankenkassen sollen den Abbruch bezahlen. Ich möchte Sie an einen Satz von Bruno Kreisky erinnern, der 1973 im Hohen Haus gesagt hat: „Man muß alles tun, um im Bereich der Politik diesen [...] Paragraphen so obsolet zu machen, wie dies mit den Mitteln der Politik, der Psychologie und auch der Moral nur geht, um die Frau zu veranlassen, daß sie dann, wenn sie empfangen hat, das Kind behält.“ – Das sagte Bruno Kreisky.

Unser Ziel – und dafür brauchen wir die Vorschläge des Frauenvolksbegehrens – ist es, dass sich keine Frau von den Umständen zur Abtreibung gedrängt fühlt. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie bevormunden die Frau!) – Nein, das wollen wir nicht, aber wir wollen Umstände erleichtern. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Dafür gibt es im Frauenvolksbegehren keinerlei Vorschläge. Ist es Ihnen denn egal, dass wir in Österreich für alles eine Statistik haben, aber nicht im Bereich Schwan­gerschaftsabbruch? (Abg. Heinisch-Hosek: Mein Körper gehört mir!) Ist es Ihnen egal, dass wir die Motive nicht wirklich kennen und deswegen nicht gut antworten können? Ist es Ihnen egal, dass in Österreich nicht jede betroffene Frau umfassende Beratung erhält? Kollegin Gamon hat heute Beratung gefordert, Ihnen scheint es egal zu sein, dass das in Österreich nicht der Fall ist. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie wollen bevor­munden!)

Und ist es Ihnen egal, dass sich Frauen in Österreich allein gelassen fühlen (Abg. Heinisch-Hosek: Sie wollen bevormunden!) oder zum Abbruch gedrängt fühlen? (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) – Nein. Ich frage mich: Warum hat Kreisky gesagt, der Paragraph solle obsolet gemacht werden? Ich konnte ihn nicht mehr fragen, aber vielleicht hat das damit zu tun, dass ihm bewusst war, dass eine Abtreibung ein schlagendes Herz stoppt. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie wollen die Frauen bevormunden!) In einem solch sensiblen Bereich wollen wir das Wohl der Men­schen, aller Menschen in den Vordergrund stellen(Abg. Heinisch-Hosek: Sie wollen bevormunden!) und nicht Politik durch Ideologie machen (Abg. Heinisch-Hosek: Sie wollen Frauen bevormunden!), so, wie Sie das vorschlagen. Unsere Regierung und wir als Regierungsparteien stehen für eine Frauen- und Kinderpolitik, in der sich keine Frau durch die Umstände zur Abtreibung gedrängt fühlt. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

15.31

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits. – Bitte.