18.40

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Natürlich unterstützen wir genauso wie alle meine Vorredner und -rednerinnen das Nagoyaprotokoll, und wir sehen den Beschluss im Na­tionalrat, den mutmaßlich dann auch einstimmigen Beschluss im Nationalrat als wich­tiges Zeichen gegen den Missbrauch von genetischem Material und gegen Biopiraterie.

Es steht jedoch auch ein großes Aber dahinter, denn man muss sich fragen: 2010 gab es die gemeinsame Beschlussfassung. Beim Konvent 2014 wurde das Nagoya-Proto­koll vonseiten der Europäischen Union angenommen, ratifiziert und es gab dann, eben­falls im Jahr 2014, auch eine entsprechende Verordnung. Österreich braucht dann noch fünf Jahre, um das Nagoyaprotokoll tatsächlich in ein Bundesgesetz zu gießen, und es braucht eine Mahnung vonseiten Brüssels, eine freundliche Erinnerung, um die­sen eineinhalbseitigen Gesetzestext zu erstellen. Ich frage mich schon: Was ist die Ur­sache dafür, dass diese und auch die vorangegangene Bundesregierung das Thema Biodiversität so wenig ernst genommen haben? Da gibt es zwei Punkte, die man da mit ansprechen muss.

Beim vorliegenden Gesetzentwurf, und das hat auch die Begutachtung wieder deutlich gezeigt, ist durchaus auf Schwächen betreffend die Frage, ob daraus möglicherweise Hindernisse für die Grundlagenforschung einerseits und die Evolutions- und Biodiversi­tätsforschung andererseits entstehen, hingewiesen worden. Wir wissen beispielsweise vom Naturhistorischen Museum, das die größte Forschungsinstitution in diesem Be­reich in Österreich ist, dass man dort durchaus Bedenken hat, ob der vorliegende Ge­setzentwurf, so wie er heute verabschiedet werden wird, der Wissenschaft auch wirk­lich jenen Raum lässt, um Forschung in Österreich auch in Zukunft gut betreiben zu können.

Der andere Punkt, und der erscheint mir mindestens genauso wesentlich, ist: Das Na­goyaprotokoll ist wesentliche Grundlage für Biodiversität in einem Bereich. Ja, aber wo bleiben all die anderen zwingend erforderlichen Maßnahmen für Biodiversität? Wir ha­ben in Österreich ein sehr zentrales Thema, nämlich wie überall auf der Welt das Ar­tensterben, das massive Artensterben und wie wir damit umgehen. Es hat verschiede­ne Facetten, einerseits die Facette des Klimawandels und andererseits die Facette der Landwirtschaftspolitik. Es stellt sich die Frage, wie wir mit unseren Grünflächen und un­seren Naturräumen umgehen.

Wer Biodiversität in Österreich schützen will, der muss den Klimawandel effektiv be­kämpfen. Wir haben in vorangegangenen Tagesordnungspunkten ganz klar herausge­hört, dass vonseiten der Regierung wirklich nur wenig effektive Maßnahmen im Bereich des Kampfes gegen den Klimawandel ins Treffen geführt werden können. Ich hatte heute schon die Gelegenheit, die Bundesministerin nach konkreten Maßnahmen zu fragen. Wir werden immer über Ziele, über ferne Ziele im Jahr 2030 informiert, aber da­rüber, was im Jahr 2019, 2020 und 2021 in Österreich geschehen soll, hören wir viel zu wenig.

Wer Biodiversität ernst meint und diese Biodiversität in Österreich wirklich schützen will, der muss für eine Reduktion des Einsatzes von chemischen Pflanzenschutzmitteln sorgen. In dem Bereich ist die Nachhaltigkeitsministerin mehr eine Ministerin der kon­ventionellen Landwirtschaft und weniger eine der Biodiversität.

Wer Biodiversität in Österreich schützen will, der muss etwas für Grün- und Natur­schutzflächen tun. Österreich bleibt Europameister bei der Verbauung und Versiege­lung von Flächen, es sind nach wie vor 12 Hektar pro Tag! Bereits vor 20 Jahren ha­ben sich Bundesregierungen zum Ziel gesetzt, diese Zahl – damals waren es noch über 20 Hektar – auf 2,5 Hektar zu reduzieren. Wenn wir Flächen verbauen, kommt Biodiversität jeden Tag erneut unter Druck.

Und zu guter Letzt: Wer Biodiversität in Österreich schützen will, der muss Diversifizie­rung im Anbau fördern und in der Folge natürlich auch beim Konsum. All das geschieht heute nicht.

Wir haben also mit dem Nagoyaprotokoll ganz klar eine Säule, nämlich dort, wo es tatsächlich um Biopiraterie, um genetische Ressourcen gegangen ist; da beschließen wir heute einen Meilenstein der Weltgemeinschaft. Dort aber, wo wir in Österreich selbst Hand anlegen könnten, dort, wo wir tatsächlich Signale setzen könnten, wo wir einen Wandel zur Biodiversität im positiven Sinne erzielen könnten, da kommt von den Regierungsfraktionen nichts. Da bleibt die Mehrheit im Parlament stumm, und da wird nicht an die nächste Generation gedacht. Das muss sich ändern! – Vielen Dank. (Bei­fall bei den NEOS.)

18.45

Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Köstinger zu Wort ge­meldet. – Bitte, Frau Ministerin.