10.30

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Herr Präsident! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Sehr verehrte Frau Ministerin! Es ist schon mehrmals erwähnt worden, dass erst vor wenigen Wo­chen der Bericht des Biodiversitätsrates vorgelegt worden ist; ein Bericht, für den sich 400 der besten WissenschafterInnen dieser Welt zusammengesetzt und über drei Jah­re hinweg 15 000 Studien durchgeackert und zusammengefasst haben. Frau Ministe­rin, dieser Bericht müsste Ihnen bekannt sein. Ihnen müsste auch bekannt sein, dass es der Natur, seit es den Menschen gibt, noch nie so schlecht gegangen ist wie heute. Daran lässt der Bericht in seinen Facetten ebenfalls keinerlei Zweifel.

Das letzte große Artensterben ist damals durch einen Meteoriteneinschlag ausgelöst worden und nun werden es die Handlungen der Menschen sein, die zu einem ebensol­chen Aufprall führen und, wie wir heute schon gehört haben, zum nächsten großen Ar­tensterben beitragen werden. Da geht es um keine Kleinigkeit, da geht es um Millionen von Tieren, die unwiederbringlich aussterben werden.

Das ist ethisch anstößig, ja, aber wir können etwas dagegen tun, wir müssten diese Maßnahmen nur setzen, politisch setzen. Da geht es darum, mehr Maßnahmen umzu­setzen, als die Europäische Union von uns verlangt, darüber hinaus auch eigene Initia­tiven zu setzen. Es geht um die Basis menschlicher Ernährung, es geht um saubere Luft, es geht um sauberes Trinkwasser. Es geht einfach um alle Ökosystemleistun­gen – das umfasst alles, wo der Mensch auf Leistungen der Natur zurückgreift –, um Wasser, Luft, Pflanzen, Fische, Holz. Es geht auch darum, den Wert der Bestäubung durch Insekten nicht kleinzureden.

Wir können etwas tun, um dieser Zerstörung der Ökosystemleistungen Herr zu werden. Die Autoren des Weltbiodiversitätsberichtes fordern auch eine ganz konkrete Maßnah­me, und diese konkrete Maßnahme wäre, umweltschädliche Staatssubventionen ent­sprechend einzustellen und nicht dazu beizutragen, mit Steuermitteln die Natur aktiv zu zerstören.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel dafür nennen, wo es zu solch umweltschädlichen Sub­ventionen kommt, ein Beispiel, das diese greifbar macht. Stellen Sie sich vor, Sie woh­nen im ukrainischen Dorf namens Oljanyzja! In diesem Dorf wurde mit Subventionen der Europäischen Entwicklungsbank in der Höhe von einer halben Milliarde Dollar – Gelder, die mitunter auch aus Österreich stammen – eine Hühnerfabrik finanziert; 1,5 Millionen Hühner pro Gebäude, 220 Millionen Hühner jährlich, die nach 30 bis 40 Tagen geschlachtet werden und in die gesamte Welt exportiert werden.

Stellen Sie sich vor, Sie sind Bürger dieses Dorfes und können das Wasser aus Ihrem Brunnen nicht mehr trinken, weil es mit Nitrat, Hühnerkot, Antibiotika und Giftstoffen verseucht ist! Stellen Sie sich vor, Sie können die Luft nicht mehr atmen, da es wegen verwesender Tiere, die am Rande Ihres Dorfes verenden, dort von Lastwägen fallen, jeden Tag zu Hunderten durch das Dorf gekarrt werden, permanent stinkt! Stellen Sie sich vor, all diese Bedingungen machen Sie krank, führen zu Ausschlägen, Sie haben gesundheitliche Probleme, Sie haben Probleme mit der Atmung!

All das, all diese Entwicklungen müssen sich die Bewohner dieses konkreten Dorfes nicht vorstellen, denn das ist Realität. Warum ist es für uns relevant, hier über dieses Beispiel nachzudenken und es auch zu überdenken? – Weil die Situation in diesem ukrainischen Dorf auch durch Österreich, durch österreichische Mittel, durch die Euro­päische Union und durch Förderungen und Subventionen der Europäischen Entwick­lungsbank herbeigeführt wird. (Abg. Belakowitsch: Das sind die Segnungen der Glo­balisierung ...!)

Ja, es führt auch in Österreich zu Verlierern. Ich möchte an meine Vorrednerin Carmen Jeitler-Cincelli appellieren: Sie haben die Gesundheit Ihrer drei Kinder erwähnt. Ja, ich möchte auch auf die Gesundheit Ihrer drei Kinder zu sprechen kommen, denn sie wissen nicht, welche Art von Hühnerschnitzel sie auf dem Teller haben, wenn sie sich nicht bewusst für bio entscheiden. (Zwischenruf der Abg. Jeitler-Cincelli.) Der Konsu­ment weiß, wenn er in ein Lokal geht, am Ende des Tages nicht, welche Art von Fleisch ihm vorgesetzt wird und ob ihm oder seinem Kind vielleicht sogar ein Hüh­nerschnitzel aus dieser ukrainischen Massenproduktion vorgesetzt wird. (Beifall bei JETZT sowie der Abg. Friedl.)

Frau Ministerin, kümmern Sie sich um eine ordentliche Kennzeichnung genau dieser Lebensmittel! Tragen Sie dazu bei, dass die österreichische Bevölkerung diesbezüglich eine Entscheidungsmöglichkeit hat! Und tragen Sie auch dazu bei, dass es auf euro­päischer Ebene und natürlich auch auf österreichischer Ebene zu keinerlei Subven­tionierungen derartiger Machenschaften mehr kommt! Es ist der österreichische Kon­sument, der im Fokus stehen muss, es ist die österreichische Umwelt, es ist die Luft weltweit, es sind die Gewässer weltweit, es ist die Gesundheit. Ganz am Ende dieser Kette steht auch noch – weil das angekreidet worden ist – der österreichische Landwirt, dem Sie mit diesen Maßnahmen den Boden unter den Füßen entziehen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (fortsetzend): Dieser Landwirt kann gegen diese subventionierte Massenproduktion – und das ist mein Schlusssatz – den Konkurrenzkampf nicht aufnehmen. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT sowie der Abg. Friedl.)

10.35

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Biß­mann. – Bitte.