10.50

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Europäische Union ist meiner Meinung nach eine Wertegemeinschaft. Ihre Ziele – Freiheit, Frieden und vor allem auch Wohlstand – haben bis heute nichts an Gültigkeit verloren. Wer die Europäische Union jedoch verneint, verweigert die globale Realität, denn seit unserem EU-Beitritt 1995/1996 hat sich die Welt um uns gravierend verändert. Man kann es nicht stoppen, man will es auch nicht stoppen, aber wir müssen aktiv mitgestalten.

Österreich hat von dieser Europäischen Union außerordentlich profitiert, aber es ist auch erlaubt, in die Zukunft zu blicken. Daher werden wir uns für eine Weiterentwick­lung dieser Europäischen Union einsetzen; einerseits für eine zeitgemäße Organisa­tionsstruktur und andererseits für eine Themensetzung, die sich auf die großen aktuel­len Herausforderungen, die einer Lösung bedürfen, konzentriert.

Zur Organisationsstruktur: Ja, jede Gemeinschaft braucht eine zeitgemäße Ordnung mit klaren Spielregeln und Sanktionen. Der Vertrag von Lissabon stammt aus dem Jahr 2007 – einer Zeit vor der Schuldenkrise, vor der Finanzkrise, vor der Migrations­krise, vor der Klimakrise und vor dem Brexitchaos. Es ist sicherlich an der Zeit, darüber nachzudenken, was wir aus dieser Vergangenheit lernen und wie wir das Haus Europa auf ein neues Fundament stellen können. Daher: Wer mit einer verantwortungslosen Schuldenpolitik den Euro riskiert, wer illegale Migration und Schlepperei zulässt und wer unseren Wertekodex Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie infrage stellt, der wird künftig mit Sanktionen rechnen müssen.

Hausverstand vor Amtsverstand ist das Motto dieser Bundesregierung, und das muss auch mehr auf der europäischen Ebene Einzug halten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Ge­lebte Subsidiarität, das heißt, Entscheidungen auf jenen Ebenen zu treffen, wo sie am besten für die Menschen sind, sichert ein bürgernahes Europa. Institutionen zu ver­schlanken und Gesetze mit Ablaufdatum zu versehen, das reduziert die überbordende Bürokratie, die uns in so vielen Fällen zu schaffen macht, vor allem in unserer klein­strukturierten Wirtschaft und Landwirtschaft.

Es braucht nicht nur eine neue Ordnung, sondern, wie schon erwähnt, auch neue the­matische Ausrichtungen. Vergessen wir die Detailverliebtheit, fördern wir die Eigenver­antwortung in allen Lebensbereichen und konzentrieren wir uns auf das, was wir als einzelnes Land nicht allein lösen können, was aber Voraussetzung für eine gute Le­bensperspektive ist!

Was sind die großen Themen der Zukunft? – Natürlich unsere Wettbewerbsfähigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs, die Wettbewerbsfähigkeit Europas. Die politi­schen Alphawölfe dieser Welt, von Putin über Trump bis Xi Jinping, haben kein großes Interesse an einem wirtschaftlich starken Europa, und wir wollen auch nicht in eine Sandwichposition zwischen Made in China und Silicon Valley gelangen. Kämpfen wir für Bürokratieabbau! Kämpfen wir für Anstrengungen in Forschung und Entwicklung sowie die unbürokratische schnelle Implementierung der Ergebnisse in die Wirtschaft und kämpfen wir für die Mobilisierung von Fachkräften, aber auch für erfolgreiche Han­delspartnerschaften! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Eine dieser vernünftigen Handelspartnerschaften, für die ich mich auch sehr lange ein­gesetzt habe, ist das Abkommen der EU mit Kanada, und ich bedanke mich beim Herrn Bundespräsidenten, dass er dieses Abkommen jetzt auch unterzeichnet hat. Dieses Abkommen ist seit 21.9.2017 in Anwendung – und wir haben einen Exportzu­wachs in der Höhe von 24,4 Prozent zu verzeichnen, was vor allem unseren Klein- und Mittelbetrieben in Landwirtschaft und Wirtschaft zugutekommt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ein großes Thema ist auch die Sicherheit. Sichern wir unsere Außengrenzen, damit wir in der Europäischen Union wieder Freiheit und offene Grenzen haben, und bekämpfen wir Korruption und organisierte Kriminalität, denn auch diese machen vor den Grenzen nicht halt!

Große Themen, die im Rahmen der Ratspräsidentschaft schon angegangen wurden, sind Migration und Entwicklungszusammenarbeit. Wir wissen: Afrika wächst pro Jahr um 50 Millionen Einwohner. Wir wissen auch: Wenn wir vor Ort nichts unternehmen, keine Lebensgrundlage schaffen, dann wird dieser Migrationsstrom weiterhin Richtung Europa gehen – wohin denn sonst?! Der EU-Afrika-Gipfel war ein sehr erfolgreicher Start für eine koordinierte Entwicklungszusammenarbeit. Bildung und Investitionen eu­ropäischer Betriebe in die Infrastruktur vor Ort sichern die Lebensgrundlage vieler Men­schen in Afrika.

Auch der heute schon erwähnte Klimaschutz und erneuerbare Energien sind Themen, die nicht allein von einem Land angegangen werden können. Ich wehre mich gegen das Industriebashing, das ich heute schon gehört habe, denn es braucht genau diese Zusammenarbeit von Forschung und Industrie. Wer sonst sollte die Ergebnisse aus den Forschungen in diesem Bereich umsetzen?! Das kann nur die Industrie machen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Weiters braucht es die Schaffung einer Energieunion. Wir müssen anderen Ländern die Möglichkeit für den Ausstieg aus Kohle- und Atomkraft bieten.

Ja, es ist viel zu tun. In Oberösterreich leben wir das Motto: Z’sammhalten und anpa­cken! Ich setze mich für ein selbstbewusstes, starkes Europa ein, das nach außen ge­schlossen auftritt und das Platz für die Vielfalt unserer Regionen hat, für ein Europa, das sich auf große Themenbereiche konzentriert, die Detailverliebtheit reduziert und sich somit in die Herzen der Bürgerinnen und Bürger Europas integriert.

Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher, nehmen Sie bitte an der Wahl teil! Ich würde mich über Ihre Unterstützung freuen: ÖVP ankreuzen und Winzig hinschreiben. – Dan­ke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.57

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf noch einmal, sollte es untergegangen sein, die Abgeordneten zum Europäischen Parlament Karas, Regner und Vilimsky herz­lich in unserer Mitte begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich darf auch recht herzlich die Schülerinnen und Schüler der HTL Pinkafeld hier im Hohen Haus begrüßen. Herzlich willkommen bei uns! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Blümel. Ich darf es ihm erteilen.