18.43

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzter Minister! Geschätzte Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht gleich zu Beginn der Debatte: Es ist auffallend, dass die Freiheitliche Partei sich bei dem Thema Gleichstel­lung von Mann und Frau in der Familienpolitik nicht einmal zu Wort meldet. Das muss man einmal erwähnen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Stefan: Weil es für uns selbst­verständlich ist!) Das Thema ist aber zu wichtig, um sich jetzt ausschließlich mit der FPÖ zu beschäftigen.

Ich möchte ein bisschen weiter vorne anfangen. Frau Kollegin Pfurtscheller hat überra­schenderweise sehr treffend Familie so beschrieben, dass sie dort entsteht, wo Men­schen in Liebe zueinanderfinden und füreinander Verantwortung übernehmen. (Abg. Lindner: Zum ersten Mal!) – Ja, ich habe es heute auch zum ersten Mal von der ÖVP gehört, aber ich finde, man kann sich ja auch bessern.

Ich möchte aber genau an diesem Punkt ansetzen, nämlich beim Thema Familie. Wenn junge Menschen zueinanderfinden – meistens sind es ja Mann und Frau, aber natürlich ist das auch in allen anderen Formen von Familie zutreffend –, stellen diese Menschen dann in der Frage der Familiengründung fest: Wir sind doch nicht gleich, es verändert sich etwas, der eine hat mehr Chancen als die andere. Es geht um diese Form des staatlichen Rahmens, in dem sich dann eine Familie gründet. Das ist eben beispielsweise das nicht funktionierende Pensionssplitting, das Kinderbetreuungsgeld, das von Männern deutlich seltener in Anspruch genommen wird als von Frauen. Das ist bei noch immer fehlenden Kinderbetreuungsplätzen der Fall, wo ich auch gehört habe, dass in Kindergärten für Kinder unter drei Jahren auch in Wien nur 28 Prozent der Eltern einen Platz bekommen, wenn sie ihn suchen.

Das alles führt genau in dieser Familie, bei diesen beiden jungen Menschen dazu, dass eine Person benachteiligt ist, und zwar nicht von Natur aus – es ist kein biolo­gisches Gesetz, dass die Frau gegenüber dem Mann benachteiligt ist –, sondern von Staats wegen. Es sind die Gesetze, die hier verabschiedet und bis heute nicht refor­miert worden sind, die dazu führen, dass es diese Ungleichheit gibt.

Mein Kollege Gerald Loacker hat vorher sehr treffend ausgeführt, wie es zu dieser Al­tersarmut kommt. Für mich ist ganz klar, Frau Ministerin, dass Sie als Familienminis­terin in den letzten eineinhalb Jahren diesem Problem viel zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet haben. Wenn ich mir anschaue, was Sie nach einem Jahr präsentiert haben, was die Schwerpunkte Ihres Ressorts für die Familien in Österreich waren, haben Sie drei Punkte genannt.

Der erste war die Indexierung der Familienbeihilfe. Bravo – da hat wirklich keine Fa­milie in Österreich irgendetwas gewonnen. Der zweite war der Familienbonus Plus. Wir haben ihn kritisiert. Er hat tatsächlich auch eine Entlastung gebracht, allerdings war das jetzt keine familienpolitische Maßnahme. Es war eine Entlastung, die allen Men­schen in unserem Land zugestanden hätte, und Sie haben sie schlicht für eine Gruppe vorgezogen. Der dritte Punkt sind Verantwortung im Netz und Gewaltprävention. Abgesehen von der Indexierung der Familienbeihilfe würde ich nicht in Abrede stellen, dass die Punkte eine Rolle gespielt haben, aber das ist für mittlerweile eineinhalb Jahre Tätigkeit viel zu wenig.

Ich erinnere jetzt noch einmal an das Bild, das ich gerade vorher beschrieben habe. Wir reden von Menschen, die in Liebe zueinanderfinden, Verantwortung übernehmen und dann plötzlich feststellen, dass sie nicht mehr die gleichen Chancen haben, sobald sie ein Kind in die Welt setzen – und das im 21. Jahrhundert. Österreich hat ein ze­mentiertes Familienbild, und zwar nicht in der Gesellschaft, sondern in der Politik. (Bei­fall bei den NEOS. – Abg. Meinl-Reisinger: Ja!)

Die Menschen haben große Bereitschaft, mehr Verantwortung zu übernehmen, nur müssen wir endlich die Hindernisse, die die ÖVP und übrigens auch die SPÖ über Jahrzehnte den Menschen in den Weg gestellt haben, aus dem Weg räumen.

Ein abschließendes Wort zu Ihnen, Frau Kollegin Heinisch-Hosek: Es ist bezeichnend, dass die SPÖ in dieser Sache konservativer als die ÖVP ist. (Abg. Heinisch-Hosek: Nein! Frauen müssen arbeiten gehen können!) Sie gehen her und sagen, ich will nicht einzelne Gesetze dahin gehend reformieren, dass sie kein Hindernis mehr für eine Fa­milie bedeuten, sondern ich warte auf die absolute Gleichstellung zwischen Mann und Frau, denn dann ist alles gut und dann brauche ich auch keine Reformen mehr. (Abg. Heinisch-Hosek: Nein, nein, nein! Viele Zwischenschritte!)

Das Pensionssplitting ist ein maßgeblicher Schritt – nicht in allen Fällen, lassen wir die Streitfälle außen vor, da braucht es kluge Regeln. Sie verwehren derzeit aber den Menschen, die sich die Frage stellen und ein modernes, gemeinsames Leben wollen, diese Chance. (Abg. Heinisch-Hosek: Die können es nicht machen!) – Nein, Frau Kol­legin Heinisch-Hosek, auch wenn Sie hereinrufen: Die können es machen! Genau das hat ja mein Kollege Gerald Loacker vorher sehr trefflich erklärt. Das Gesetz, so wie es jetzt besteht, ermöglicht es den Menschen, das zu machen.

Lassen Sie uns gemeinsam nach vorne gehen. Denken Sie an diese meist jungen Menschen, wenn sie eine Familie gründen wollen und plötzlich feststellen, dass sie nicht mehr gleich sind, wenn sie das machen. Das darf im 21. Jahrhundert keinen Platz haben. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

18.48

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte, Frau Abgeordnete.