22.26

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (JETZT): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kol­leginnen und Kollegen! Werte ZuschauerInnen! Homosexualität ist ein Identitätspro­blem, das „oft durch eine Kombination von Therapie, speziellen Selbsthilfegruppen und geschulter Seelsorge“ geheilt werden kann. (Abg. Heinisch-Hosek: Unglaublich!) Ich­bezogenheit und geringes Selbstwertgefühl sind mögliche Folgen der Selbstbefriedi­gung. (Abg. Heinisch-Hosek: Unglaublich!) Sex vor der Ehe ist grundsätzlich abzuleh­nen. Und überhaupt: „Wenn ihr euch so sehr liebt, warum heiratet ihr nicht gleich? Wenn nicht, warum habt ihr dann Geschlechtsverkehr?“ – Das waren drei Zitate. (Hei­terkeit des Abg. Scherak– Ja, mir kommt eher das Weinen, um ehrlich zu sein; aber ja, in manchen Momenten frage ich mich auch, ob ich lachen oder weinen soll.

Das sind drei Zitate aus den Schulungsunterlagen von Teenstar. Das ist die erzkatholi­sche Organisation, die noch immer als Sexualpädagogikverein an unseren Schulen un­terrichtet, die Organisation, die ich gemeinsam mit meinen Kollegen aus dem National­rat monatelang nicht nur hinterfragt, sondern – man kann schon fast sagen – bekämpft habe, die Organisation, von der Herr Bundesminister Faßmann abrät. Es ist aber so, im Jahr 2019, meine sehr verehrten Damen und Herren, bekommen manche unserer Kinder immer noch beigebracht, dass Selbstbefriedigung egoistisch macht und dass Homosexualität heilbar ist.

Ein Land, in dem so etwas möglich ist, muss Sexualpädagogik endlich ernst nehmen. Es darf nicht passieren, dass Kinder und Jugendliche solchen sexistischen und homo­phoben Thesen ausgesetzt sind. Wir brauchen eine zeitgemäße und aufgeklärte Se­xualpädagogik in den Lehrplänen von Österreichs Schulen. (Beifall bei JETZT und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nein, das ist nicht utopisch und auch nicht illusorisch, das ist in vielen Ländern nämlich auch schon möglich und gelebte Praxis. In Schottland stehen beispielsweise LGBTIQ-Themen mittlerweile fix auf dem Lehrplan – in Österreich ist es größtenteils noch Theo­rie. Warum setzen wir nicht den Grundsatzerlass Sexualpädagogik um? Was ist mit dem Grundsatzerlass Reflexive Geschlechterpädagogik und Gleichstellung aus 2018? Was ist mit meinem Antrag zur geschlechtersensiblen Pädagogik, den ich eingereicht habe? Genau das sind die Themen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, und genau das sind die Dinge, die wir umsetzen müssen, damit die Sexualpädagogik im Jahr 2019 auch in Österreich ankommt. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn wir unsere Kinder zu mündigen, aufgeklärten und selbstbewussten Menschen aufwachsen sehen wollen, müssen wir endlich die Theorie zur Praxis machen und da­für auch Geld in die Hand nehmen. Das meine nicht nur ich, auch das Frauenvolksbe­gehren fordert von Beginn an die Verankerung und Finanzierung zeitgemäßer Bildung zu den Themen Sexualität, Verhütung und Schwangerschaft.

Abseits davon fordern 13 sexualpädagogische Vereine, Institute und Fachstellen von Minister Faßmann in einem offenen Brief, den Sie (in Richtung Minister Faßmann) wahrscheinlich mittlerweile schon gesehen haben, mehr Geld für die Professionalisie­rung der sexuellen Bildung an Österreichs Schulen. Sie fordern außerdem die Einbin­dung sexualpädagogischer Expertise bei der Entwicklung von Qualitätskriterien und neuen Steuerungsformen. In dem offenen Brief liest man Folgendes, und es ist sehr wichtig, diesen Punkt zu betonen:

„Zu professionellen Kompetenzen gehören soziale Fähigkeiten, die man nicht in einem Kriterienkatalog vorschreiben kann, sondern die man in der Praxis als Sexualpädago­gin und -pädagoge lernen muss. Das braucht Zeit und Geld, weshalb die“ sexualpäda­gogischen „Vereine und Expertinnen und Experten mehr Geld für die Weiterbildung, Supervision und Forschung fordern.“ Eine allgemeine Dramatisierung und Tabuisie­rung von Sexualität „ist dabei nicht zielführend“.

Herr Minister Faßmann, Sie haben die einmalige Möglichkeit, die Causa Teenstar, das Frauenvolksbegehren und Zigtausende AktivistInnen sowie die Plattform Sexuelle Bil­dung ernst zu nehmen, zu unterstützen und sich mit diesen Themen nicht nur ernsthaft auseinanderzusetzen, sondern, wie ich glaube, diese Thematik, die so wichtig ist, ins Jahr 2019 zu heben. Machen Sie Österreich zu einem Vorzeigeland für zeitgemäße und aufgeklärte Sexualpädagogik! (Beifall bei JETZT und SPÖ sowie des Abg. Loacker.)

22.31

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mühl­berghuber. – Bitte.