†Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Guten Morgen, Herr Minister! Die größte Heraus­forderung auf der Ebene der Europäischen Union ist und bleibt die Migration. Wir alle haben noch die Bilder von 2015 in Erinnerung, von der Migrationskrise, während der eine völlig falsche Politik verfolgt wurde: eine Politik, die Grenzen für jeden zu öffnen; eine Politik, die vielleicht menschlich geklungen hat, aber im Endeffekt alles andere als menschlich war, die Schlepper unterstützt hat und zu Zigtausend Toten geführt hat; eine Politik, aufgrund derer wir gar nicht wissen, wie viele Gefährder, Terroristen oder Bedroher unter den 4,6 Millionen Menschen, die nach Europa gekommen sind, waren.

Die jüngsten Entwicklungen auf dem Westbalkan geben wieder Anlass zur Sorge. Daher lautet meine Frage:

121/M

„Wie ist die aktuelle Entwicklung der Asylanträge in Österreich vor dem Hintergrund der Lage entlang der Westbalkanroute?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Zunächst ist zur aktuellen Lage, was die Asylanträge betrifft, zu sagen: Ich freue mich – die Richtung stimmt, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir sind, was die Antragszahlen betrifft, im Sinkflug unterwegs. Ehrlich gesagt bin ich noch nicht ganz zufrieden, weil mein Ziel die Null ist – darauf arbeite ich hin, weil Österreich schließlich von sicheren Ländern umgeben ist.

Aktuell sieht es so aus, dass wir in diesem Jahr 3 800 Asylanträge haben. Man muss diesbezüglich aber wissen, dass nicht jeder dieser Asylanträge von einer Person gestellt wird, die neu ins Land kommt, sondern dass es natürlich viele Familien­nachkommen von Asylberechtigten im Land gibt, die schon in Österreich auf die Welt gekommen sind, und dann werden sozusagen auch entsprechende Asylanträge gestellt – die fallen in diese Statistik hinein.

Was mir viel wichtiger ist, ist die zweite Komponente: Wir haben in diesen ersten Monaten des Jahres 4 300 Außerlandesbringungen zustande gebracht. Und bei den Abschiebungen – das sind also die, die bevorzugt in das Herkunftsland dieser Leute gehen – haben wir eine ordentliche Steigerung von 34 Prozent gegenüber dem Vorjahr. – So gesehen stimmt die Richtung.

Die Herausforderungen am Balkan sind enorm, einfach deshalb, weil wir eine undichte Stelle im System haben, und diese undichte Stelle heißt Griechenland. Dort sitzen in etwa 50 000 bis 60 000 Leute, 15 000 davon auf den Inseln. Jede Woche kommen in etwa 1 000 Personen dazu, und aus meiner Sicht geht die griechische Regierung unverantwortlich mit dem Problem um, nämlich dadurch, dass sie zur Entlastung der Inseln die Leute auf das Festland holt. Das führt nicht dazu, dass sich die Situation auf den Inseln entspannt, sondern dazu, dass die Inseln in Windeseile wieder voll sind und der Druck auf den Balkan steigt.

Mir ist es wichtig, mit meinen Partnern auf europäischer Ebene – mit den Westbalkan­staaten und mit den europäischen Ländern, die die Leistungsfähigkeit und das Prob­lembewusstsein haben – energisch gegen diese Fehlentwicklungen aufzutreten, einen Verbund zu schaffen, damit wir das Problem möglichst dort halten, wo es ist, nämlich außerhalb der Grenzen der Europäischen Union. (Beifall bei der FPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Sie haben ja auch vollkommen richtig reagiert, indem die österreichischen Grenzen weiterhin geschützt werden, solange die Euro­päische Union nicht für einen sicheren Außengrenzschutz sorgt. Mich würde allerdings interessieren, welche weiteren Maßnahmen Sie getroffen haben, damit Szenarien wie 2015 und 2016 nicht wiederholt werden. Vielleicht können Sie das noch konkretisieren.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Frau Abgeordnete, so gut wie jede Maßnahme, die ich seit dem ersten Tag im Amt im Asylbereich getroffen habe, dient der Verhinderung einer Wiederholung von 2015. Ein Beispiel ist die Einrichtung einer eigenen Sektion, der Sektion V, die wir dieses Jahr ins Leben gerufen haben – quasi ein Kompetenzzentrum für alles, was mit Asyl und Fremdenwesen zu tun hat.

Wir haben bereits im letzten Jahr eine entsprechende interministerielle Taskforce ein­gerichtet. Ich habe festgelegt, dass das Innenministerium federführend die Koordi­nation zwischen den einzelnen Ressorts übernimmt, damit wir strategisch gut organi­siert vorgehen, gemeinsame Lagebilder erstellen und schnell reagieren können. Sie können sich daran erinnern, dass es im letzten Jahr heftige öffentliche Diskussionen darüber gegeben hat, dass wir an der Grenze zu Slowenien eine Grenzschutzübung durchgeführt haben – ein sehr wichtiges Signal, durch das wir auch in dieser Region und vor allem in Richtung der Schlepper unseren Willen zum Ausdruck gebracht haben, dass wir die Grenze im Fall der Fälle auch abriegeln und schließen, damit so etwas wie 2015 nicht mehr passiert.

So gesehen ist jede einzelne Maßnahme – auch das, was wir heute beschließen werden, nämlich diese Betreuungsagentur, genauso wie die unlängst eingerichteten Ausreisezentren, die auch heftig diskutiert worden sind – ein Beitrag dazu, die Miss­stände von 2015 nie mehr zu wiederholen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Zadić, bitte.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Schönen guten Morgen! Sie haben immer wieder auch medial über die besorgniserregende Situation auf der West­balkan­route berichtet. Daher möchte ich gerne fragen, wie hoch die genaue Zahl der Per­sonen ist, die sich derzeit auf dieser Westbalkanroute auf dem Weg nach Mitteleuropa befinden und einreisen oder durchreisen möchten.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Frau Abgeordnete, bevor ich Ihnen ein paar Zahlen nenne, möchte ich Ihnen zunächst einmal sagen, dass wir es mit einem sehr komplexen Gebilde zu tun haben und diese Fluchtroute über den Balkan nur eine von mehreren Varianten ist, mit denen Schlepper versuchen, ihre Leute nach Europa – insbesondere auch nach Österreich – zu bringen. (Zwischenruf des Abg. Klaus Uwe Feichtinger.)

Diese Dinge hängen miteinander zusammen. Sie wissen, wenn die Möglichkeit einer Einreise über Italien eingeschränkt ist, dass sofort der Versuch unternommen wird, entsprechende Ausweichrouten zu finden. Seit es in Italien eine geänderte Politik gibt, was die Aufnahme von sogenannten seenotgeretteten Personen betrifft, hat sich auch eine gewisse Verlagerung auf den Balkan ergeben.

Ich habe schon Zahlen für Griechenland genannt. Wir gehen davon aus, dass im gesamten Bereich des Balkans Zehntausende unterwegs sind, die alle nicht in der Region sind, weil sie in der Region bleiben wollen, sondern das Ziel haben, irgendwie – und zumeist ist das eben illegal, weil es anders gar nicht geht – den Weg nach Mitteleuropa, nach Österreich, nach Deutschland oder eben auch nach Nordeuropa zu gehen. Wir wissen das auch deshalb, weil wir im Verbund mit unseren Partnern in der Region die Zahlen der Aufgriffe Illegaler sehr genau beobachten, und dort merken wir in einzelnen Bereichen – also etwa in Nordmazedonien oder in Bosnien – Steige­rungen von fast 200 Prozent, was diese Zahlen der Aufgriffe Illegaler betrifft, im Ver­gleich zum Vorjahreszeitraum.

Das sind Alarmsignale, und ich denke, als politisch Verantwortlicher ist man dazu aufgefordert, möglichst frühzeitig einzugreifen, damit aus einem kleinen oder mittleren Problem kein großes Problem oder gar eine Katastrophe wird.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur 4. Frage, jener der Abge­ordneten Stephanie Krisper. – Bitte.