10.31

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister – er ist gerade weggegangen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bild­schirmen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Unser Herr Präsident hat gerade den sperrigen Titel dieses Gesetzes vorgelesen. Worum geht es? – Es geht um die Flücht­lings­betreuung.

Ich möchte ein bisschen in der Geschichte zurückgehen. Bereits 2003 unter Schwarz-Blau I hat der damalige Bundesminister für Inneres Ernst Strasser die Flüchtlings­be­treuung ausschreiben lassen. European Homecare – ein deutscher Anbieter – über­nahm damals die Aufgabe, wurde aber später wegen finanzieller Schwierigkeiten gekündigt. Seit 2012 hat die ORS Service GmbH den Auftrag, die Republik Österreich in der Flüchtlingsbetreuung – für die Asylsuchenden in Bundesbetreuung – zu ver­treten.

Sie haben damit geworben, dass sie ein gewinnorientiertes Unternehmen sind, und versprachen nicht nur politische und religiöse Neutralität, sondern sie haben auch höchste Effizienz in der Verwendung von öffentlichen Mitteln versprochen. Die NGOs haben zum jetzigen Zeitpunkt die Rechtsberatung und auch die Rückkehrberatung übernommen.

Die neue Agentur soll jetzt gegründet und schrittweise eingeführt werden, denn der Vollbetrieb soll erst 2021 beginnen. Mit 2020 soll die Grundversorgung in Betrieb gehen, mit 2021 die Rechtsberatung; eine Evaluierung des Gesetzes ist für 2024 vor­gesehen.

Begründet werden die Ausschaltung der NGOs und sämtliche Änderungen mit mehr Kosteneffizienz und die Reduzierung der Abhängigkeit von externen Leistungs­erbrin­gern. Zudem wird darauf hingewiesen – das hat uns der Herr Minister auch im Aus­schuss gesagt –, dass es eine faire, realistische und objektive Rechtsberatung geben soll, und vor allen Dingen – noch ein wesentlicher Punkt – soll es zu einer Erhöhung der Zahl der freiwilligen Ausreisen kommen.

Kommen wir zu den Kosten: Für die Errichtung der Gesellschaft entstehen Einmal­kosten in Höhe von 10,9 Millionen Euro. Zusätzlich sollen dann von 2019 bis 2020 noch einmal Mehrkosten von 10 Millionen Euro dazukommen. Für 2021 bis 2023 spricht man in der Kostenabschätzung von Minderausgaben in der Höhe von 43,1 Mil­lionen Euro.

Herr Minister, das ist für uns nicht nachvollziehbar. Wenn ich weniger Asylanträge habe, dann sinken die Kosten von selbst, und das kann ich nicht automatisch in die Kostenrechnung so miteinbeziehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Bundesagentur soll eine gemeinnützige sein, die nicht auf Gewinn ausgerichtet ist. Sie soll einen Aufsichtsrat mit zwölf Mitgliedern erhalten. Von diesen zwölf Mitglie­dern werden sechs vom Bundesministerium für Inneres – darunter der Leiter und der Stellvertreter –, ein Mitglied vom Bundesministerium für Finanzen, eines vom Bun­des­ministerium für Justiz ernannt, und vier sind Personalvertreter.

Für den Übergang bis zum Vollbetrieb bestellt der Herr Bundesminister interimistisch auf zwei Jahre einen Geschäftsführer, möglicherweise auch einen zweiten und/oder einen Prokuristen, der nicht dem Ausschreibungsgesetz unterliegt. Das bedeutet, dass er dort – so wie es bereits bei den Generalsekretären gemacht wurde – jemanden ohne Ausschreibung und ohne Überprüfung von Kriterien einsetzt. Erst bei Vollbetrieb beginnt letztlich die Pflicht, auszuschreiben. – Wie soll das funktionieren? Wie soll das dann eine faire Ausschreibung werden?

Der Rechtsanspruch auf Rechtsberatung wird – nach Ihren Worten – auf das notwen­dige Maß heruntergebrochen. Wenn ich dann nachlese, steht im Gesetz „nach Maß­gabe der faktischen Möglichkeiten“. Wenn ich mir dann die Anzahl der Mitarbeiter anschaue, dann bin ich schon neugierig, wie das mit 15 Dolmetschern – die Sie zum Start für ganz Österreich einsetzen und mit denen Sie alle Asylwerber beraten wollen – so funktionieren soll, dass die Verfahren korrekt und in Ordnung erledigt werden.

Meine letzte Anmerkung: Zwischen der Begutachtung und der Beschlussfassung ist dann noch ein zusätzlicher Paragraf hineingeschummelt worden, mit dem Sie die bisher mit der Rechtsberatung Betrauten verpflichten, alle ihre Dokumente heraus­zu­geben, damit sie der Bundesagentur zur Verfügung stehen.

Das bedeutet nun, dass wir zwar den Abänderungsanträgen der anderen Fraktionen zustimmen, dem Gesetz aber letztendlich keine Zustimmung geben werden. Es ist nämlich letztlich die Ausschaltung der NGOs, es ist ein Eingriff in bestehende Rechte, der Rechtsanspruch wird eingeschränkt, und die bisher betrauten juristischen Per­sonen werden von ihren Unterlagen sozusagen befreit. Es ist daher keine Verbes­serung in meinen Augen, Sie zerstören ein gut funktionierendes System. Wir werden diesem Gesetz daher nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.37

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Jenewein ist zu Wort gemel­det. – Bitte.