16.02

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! (Ruf bei der SPÖ: ... Silberstein ...!) Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie, zu Hause – wo immer Sie zusehen oder zuhören! Ich wollte mich eigentlich nicht auf dieses Niveau begeben, Herr Bundeskanzler, aber jetzt möchte ich auf dem gleichen wie Sie bleiben: Jemand, der einen Aprilscherz der „Presse“ entweder missversteht oder verwendet, um mit dem Wiener Schnitzel Europapolitik zu betreiben, sollte beim Thema Desinformation vielleicht eher ruhig sein, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei SPÖ, NEOS und JETZT. – Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

Geschätzte Damen und Herren! Die „New York Times“ hat vor einigen Tagen Fol­gendes geschrieben: „Indeed, Vienna, a famed hub of international spy intrigues during the Cold War, is back at the center of a battle between liberal Western ideas and extremist forces increasingly allied across European borders.“ – Das schreibt die „New York Times“.

Es war die österreichische Erfolgsgeschichte als neutrales Land, eingebettet in die Werte des Westens – Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung, Pressefreiheit, Kampf gegen Rechtsextremismus –, was die Katastrophe des 20. Jahrhunderts zu einem solchen Erfolgsweg für unser Land gemacht hat und wodurch wir Freiheit und Wohlstand erlangt haben, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Und leider waren es Sie, Herr Bundeskanzler - - (Bundeskanzler Kurz blickt auf sein Handy.) – Diesmal ist es nicht Candy Crush (Bundeskanzler Kurz: Ich höre Sie!), es ist etwas anderes. (Abg. Schwarz: Er kann Multitasking, im Unterschied zu vielen ande­ren!) Haben wir den letzten Highscore erledigt, und jetzt sind wir wieder da, nicht? (Abg. Neubauer: Die Rede ist eh nicht so interessant, dass ...! – Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Sie, Herr Bundeskanzler, haben die Diskussion (Ruf: Hast du dir keine Rede vorbereitet?), ob wir diesen Weg weiter beschreiten (Abg. Neubauer: Er kann ja nicht einmal herunterlesen!) oder ob diese Auseinandersetzung wieder bei uns stattfindet, wieder nach Wien gebracht.

Als ich Sie kennengelernt habe, Herr Bundeskanzler, habe ich bei allen inhaltlichen Unterschieden, die uns politisch trennen, und vielleicht bei allen Unterschieden, wie wir unsere Arbeit erledigen, schon gemeint, dass wir bei diesen fundamentalen Fragen auf der gleichen Seite stehen (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Kurz), also Demokratie, Rechtsstaatlichkeit. Ich habe jetzt massive Zweifel. – Meinen Sie nicht, dass wir auf der gleichen Seite stehen, Herr Bundeskanzler? Ich nehme das zur Kennt­nis. Danke schön, Herr Bundeskanzler. (Beifall bei der SPÖ.)

Es waren nämlich Sie, der die FPÖ mit dem Innenministerium betraut hat. Es waren Sie, der die FPÖ mit dem Verteidigungsministerium betraut hat. Es sind Sie, der jetzt als Bundeskanzler am Ende die Verantwortung dafür trägt (Abg. Hauser: Die Wähler ...!), dass westliche Staaten Informationen nur mehr teilweise oder gar nicht mehr mit uns teilen, und das ist extrem gefährlich für unser Land, Herr Bundeskanzler. Das ist Ihre Verantwortung! (Beifall bei SPÖ, NEOS und JETZT.)

 Wenn wir diese Informationen nicht bekommen, ist das schlecht für die Terror­bekämp­fung. Wenn wir diese Informationen nicht mehr haben, ist das schlecht, wenn wir De­stabilisierungsversuche bekämpfen wollen. Wenn wir diese Informationen nicht mehr haben, ist das schlecht, wenn wir Wahlbeeinflussung, wie es die Klubobfrau der NEOS angemerkt hat, bekämpfen wollen. Und der Grund dafür ist relativ leicht nachvoll­ziehbar: Das sind die Kontakte und Informationsflüsse Ihres Regierungspartners einerseits zu den Rechtsextremen und andererseits nach Russland. Das war der Grund für diese Entwicklung, Herr Bundeskanzler, und auch das haben Sie zu verant­worten! (Beifall bei SPÖ, NEOS und JETZT.)

Es ist doch kein Zufall, dass das Erste, was passiert ist, als die FPÖ in Regierungs­beteiligung gekommen ist, war, dass gerade jene Behörde, die beides verhindern sollte, mit einer illegalen Razzia ausgeschaltet worden ist. Das war kein Zufall, Herr Bundeskanzler, nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Sie haben mit der FPÖ eine Partei in die Regierungsverantwortung geholt, die schein­bar nicht nur unsere Zugehörigkeit zum westlichen Wertesystem, zur gelebten Neu­tralität (Ruf: Die Neutralität wollen die NEOS abschaffen!), zum Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht wirklich vor sich trägt, Sie haben eine Sicherheitsrisikopartei, Sie haben das blaue Trojanische Pferd der Frau Le Pen und des Herrn Putin in die Regierung geholt. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Das ist Ihre Verantwor­tung, für die wir lange die Folgen tragen werden, Herr Bundeskanzler. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Leichtfried, ich ersuche Sie, den Ausdruck „illegale Razzia“ zurückzunehmen, weil es keine illegale Razzia war, sondern eine Hausdurchsuchung aufgrund der staatsanwaltlichen Anordnung. (Abg. Meinl-Reisinger: Die rechtswidrig war! Rechtswidrig! – Weitere Zwischenrufe.) – Dann erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf dafür. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schieder: Skandal!) – Bitte?

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (fortsetzend): Ich wollte es gerade zurück­neh­men. (Abg. Pilz: Das ist eine wirkliche Sauerei! – Weitere Zwischenrufe.)