16.21

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich habe es heute schon gesagt: Das ist jetzt ein Test für uns alle, wie ernst wir es mit einer neuen politischen Kultur meinen. Wenn Sie es mir erlauben, Frau Präsidentin, möchte ich ein­gangs schon kurz sagen, dass das ein Moment ist, bei dem mir sehr bewusst ist, dass er einzigartig ist und dass so etwas erstmalig in der Geschichte der Zweiten Republik vorkommt. (Abg. Steinacker: Hoffentlich einmalig!) Ich bemerke auch die Unruhe. Ich kann mir vorstellen, dass diese Unruhe jetzt nicht nur hier im Haus, sondern auch drau­ßen herrscht.

Wir haben nicht mitgestimmt, wir haben die Gründe dafür dargelegt. Ich glaube nicht, dass dies der Zeitpunkt ist, um für noch mehr Verunsicherung und vielleicht Chaos zu sorgen, aber ich möchte etwas auch klar sagen, weil ich das ja auch gefragt wurde: Unsere Verfassung sieht natürlich für solche Fälle klare Regeln vor, was zu geschehen hat. Ich glaube aber, es besteht ein großer Unterschied zwischen einer Theorie, was gemäß unserer Verfassung zu geschehen hat, und der tatsächlichen Praxis. Das ist etwas, das sich viele Menschen außerhalb dieses Hauses, die in den vergangenen Ta­gen Zurufe getätigt haben, mitunter vielleicht nicht ganz vorstellen können, nämlich dass zwischen Theorie und Praxis ein großer Unterschied liegt. Ich habe aber großes Vertrauen in die Umsicht, in die Besonnenheit unseres Bundespräsidenten, jetzt die nötigen Schritte zu setzen. (Abg. Steinacker: Er hat’s nicht einmal geschafft, die SPÖ umzustimmen!)

Vielleicht ist heute eine Tür zugegangen, zugefallen, zugeschmissen worden, eine Tür zu einer Politik, die unsauber war, die auch antipatriotisch war, die jedenfalls populis­tisch war, die sehr stark den Applaus für populäre Maßnahmen gesucht hat, anstatt das Richtige zu tun. Vielleicht ist heute eine Tür zu einer Politik, die schon viel zu lange die eigene Macht und das eigene Parteikalkül über das Wohl des Landes stellt, zuge­schmissen worden, eine Tür zu einer Politik, die gerne hinter verschlossenen Türen Entscheidungen trifft und im Verborgenen agiert, wenn es beispielsweise darum geht, Parteifinanzen nicht offenzulegen. Vielleicht ist auch eine Tür zu einer Politik zuge­schmissen worden, die danach getrachtet hat, aus jeder Machtposition den bestmögli­chen Vorteil für die eigene Partei und die eigenen Leute herauszuholen.

In dieser Krise steckt eine Chance. Wir können eine neue Tür aufmachen, eine neue Tür zu einer verantwortungsvollen Politik, zu einer transparenten Politik, einer Politik, die den Menschen da draußen ein klares Signal sendet und sagt: Wir haben verstan­den! Wir müssen uns selbst kontrollieren, wir müssen es uns zumuten, dass wir trans­parent sind! Wir müssen zulassen, dass wir kontrolliert werden!

Ich glaube fest daran, dass es jetzt endlich Zeit für diese neue Art der Politik ist, für ein neues Österreich, das im Übrigen auch weltoffen bleibt, das proeuropäisch bleibt, das nicht Menschen gegeneinander ausspielt, das die Menschenwürde, die Würde eines jeden Einzelnen und einer jeden Einzelnen in den Mittelpunkt stellt, das auch klar sagt, dass wir in die Zukunft schauen müssen, um nötige Reformen für die nächste Gene­ration auf den Weg zu bringen, ohne aber einzelne Bevölkerungsgruppen gegeneinan­der auszuspielen. (Anhaltende Unruhe im Saal.)

Ich verstehe, ich kann empathisch nachvollziehen, dass Sie jetzt gerade sehr unruhig sind. (Zwischenruf der Abg. Krisper.) Ich bedaure sehr, dass genau das passiert ist, vor dem ich gewarnt habe, dass es jetzt Unsicherheit gibt, dass es um viele Fragen, vielleicht sogar um Personalspekulationen geht, aber nicht um die Inhalte, die nötig sind, um unser Land - -

Präsidentin Doris Bures: Entschuldigen Sie, Frau Klubvorsitzende! – Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich würde Sie wirklich ersuchen, den Lärm­pegel ein wenig zu senken und der Rednerin Aufmerksamkeit zu schenken. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (fortsetzend): Danke, Frau Präsi­dentin! Es geht nicht um die Aufmerksamkeit für mich, es geht um die Aufmerksamkeit für diese Themen, die es für ein wirklich neues Österreich braucht. Allem voran braucht es für den Rechnungshof die Möglichkeit, wirklich Einschau zu halten, wirklich zu kon­trollieren, wie die Parteifinanzen ausschauen. Ich möchte das ganz kurz erklären, weil ich glaube, dass draußen niemand weiß, wie das denn so ist.

Wir als Parteien sind verpflichtet, dem Rechnungshof unsere Parteifinanzen in einem Rechenschaftsbericht offenzulegen. De facto können wir dort aber Fantasiezahlen hin­schreiben, und alles, was der Rechnungshof tun kann, ist, mehr oder weniger zu sa­gen, dass das, was vorgelegt wurde, numerisch richtig, nachvollziehbar ist. (Abg. Ro­senkranz: Na ja, ganz so ist es nicht!) Der Rechnungshof kann nicht in unsere Bücher hineinschauen und sagen, dass diese Zahlen, die gemeldet wurden, die wir veröffent­lichen, tatsächlich stimmen. Das ist doch hanebüchen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist doch zahnlos, das ist doch kraftlos, das ist doch eine feige Politik, die sich vor Kontrolle fürchtet! (Beifall bei den NEOS.) Deshalb stellen wir diesen An­trag, damit der Rechnungshof wirklich umfassende Prüfkompetenzen erhält.

Wir haben aber noch andere Fristsetzungsanträge eingebracht, um den Test durchzu­führen, um zu zeigen: Wir Politikerinnen und Politiker sind nicht so! Es geht um ein An­tragspaket für saubere Politik, allem voran: keine Regierungsinserate bis zur National­ratswahl. Es soll eben nicht möglich sein, dass man das Amt parteipolitisch für den ei­genen Vorteil missbraucht. Auch das wollen wir beschließen, und zwar ehestmöglich.

Zweiter Punkt: Straftatbestand illegale Parteienfinanzierung. Meine sehr geehrten Da­men und Herren, wenn die Strafen so lasch sind, dass offensichtlich niemand ein Pro­blem damit hat – niemand vielleicht nicht, aber einige haben kein Problem damit –, sich über dubiose Kanäle vorbei am Gesetz zu finanzieren, dann brauchen wir einen Straf­tatbestand illegale Parteienfinanzierung. Vielleicht ist das die einzige Sprache, die die Herrschaften verstehen.

Weiterer Punkt: Wir brauchen natürlich ein Parteiengesetz, das es auch ermöglicht, die Bünde, die Vereine, die Vorfeldorganisationen miteinzubeziehen. Um auch das noch einmal zu erklären: Die Finanzen einer Partei sind das eine, aber insbesondere bei den etablierten Parteien ist es seit Jahrzehnten so, dass es Vorfeldorganisationen gibt, dass es Teilorganisationen gibt, dass es regionale Organisationen gibt, dass es nahe­stehende Vereine gibt, und natürlich funktioniert über diese Organisationen die Finan­zierung. Das ist mehr als nur ein Körberlgeld, die übernehmen ja dann unter Umstän­den auch Kosten für Veranstaltungen, für Wahlwerbeveranstaltungen, für Plakate – wer weiß? Das alles ist nicht Teil der Parteifinanzen und wird nicht offengelegt. Da bleibt ein großer Teil im Dunklen, und auch damit muss Schluss sein.

Last, but not least möchte ich Folgendes sagen: Wenn man die gesetzliche Wahl­kampfkostenobergrenze um fast das Doppelte überschreitet und dann eine Strafe zu zahlen hat, die man sozusagen aus der Portokasse begleicht, dann ist das ganz offen­sichtlich keine Sanktion, die wehtut.

Ich sehe nicht ein, wieso jeder Unternehmer, jede Kleingewerbetreibende alles trans­parent machen, offenlegen muss, den ganzen Rechnungsabschluss offenlegen muss, sich von der Finanz kontrollieren lassen muss und dann, wenn er oder sie auch nur eine Kleinigkeit falsch macht, beinhart bestraft wird – dann kommt sofort eine Strafe von mehreren Tausend Euro, die ihm wehtut, er wird sozusagen niedergeknüppelt. Aber die Parteien hier im Haus, die sich nicht an die Gesetze halten, haben keine Sanktionen zu befürchten oder solche, die sie nicht schmerzen.

Daher – noch einmal –: Die Tür zur alten Politik, die teilweise auch menschenverach­tend war, ist zugeschlagen. Machen wir eine neue Tür auf für ein neues Österreich, das transparent ist, das weltoffen ist, das proeuropäisch ist und das in die Zukunft denkt! – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Jarolim: Das war aber schon sehr schnippisch jetzt!)

16.30

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Mag. Wolf­gang Gerstl. – Bitte.