10.07

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin! Herr Vizekanzler! Werte Mitglieder der Bun­desregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte tatsächlich mit einem gro­ßen Dank beginnen, denn ich glaube, es ist nicht selbstverständlich, in solchen Zei­ten – ich weiß nicht, wie lange Sie Zeit hatten, zu überlegen, manche von Ihnen mögli­cherweise nicht besonders lange – diesen Schritt zu machen und zu sagen: Ja, ich bin jetzt hier, ich übernehme Verantwortung in einer doch so schwierigen Zeit. – Daher aus meiner Sicht und, ich glaube, auch aus Sicht vieler Österreicherinnen und Österreicher einmal ein herzliches Dankeschön an Sie, werte Mitglieder der Bundesregierung. (Bei­fall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Natürlich auch Gratulation zu dieser sehr ehrenhaften Aufgabe! Ich muss ja eines sa­gen: Ich habe den Worten von Ihnen, Frau Bundeskanzlerin, und von Ihnen, Herr Vize­kanzler, genau zugehört, und es ist sehr wohltuend, eine Regierungserklärung zu hö­ren, die sich wieder auf sehr viel Grundsätzliches betreffend unsere Demokratie und sehr viel Grundsätzliches betreffend unsere Verfassung besinnt und das in den Vorder­grund stellt. Ich glaube, dass es in einer solchen Zeit, die durchaus von Turbulenz und Unsicherheit geprägt ist, sehr wesentlich ist, auch für Verlässlichkeit zu sorgen und die Verantwortung zu übernehmen, darüber zu sprechen, was Demokratie, was Parlamen­tarismus und was unsere Verfassung ausmacht.

Ich glaube, es ist aus Sicht vieler Menschen gut, dass jetzt wieder Ruhe einkehrt. Es gab selten eine so turbulente Zeit in der österreichischen Innenpolitik. Ich habe heute einmal im Kalender nachschauen müssen, wann eigentlich dieses Video aufgetaucht ist, und habe festgestellt, es ist noch nicht einmal einen Monat her – wenn man sich das vorstellt, dass das noch nicht einmal einen Monat her ist, als auf einmal die ge­samte österreichische Innenpolitik kopfgestanden ist!

Für uns als Menschen, die in der Politik sind, die dauernd die Nachrichten verfolgen – auch noch auf Twitter und Facebook, möglicherweise zu viel –, war es schon sehr schwer, den Ereignissen tagtäglich nachzuhechten. Wie schwer muss es da eigentlich erst Menschen, die Politik nur am Rande miterleben, fallen, diesem ganzen Geschehen zu folgen? Ich glaube, dass es sehr, sehr wesentlich ist, dass jetzt wieder Ruhe ein­kehrt und dass Sie – und dieses Vertrauen habe ich, haben wir – die Geschicke unse­res Landes in diesen Monaten besonnen und mit ruhiger Hand führen, und zwar auch abseits der Parteipolitik. Es ist eine einmalige, einzigartige Chance in Österreich, dass wir eine Regierung haben, die das Versprechen abgegeben hat – auf das die Men­schen auch vertrauen können –, dass das abseits parteipolitischer Hickhackspielchen und Machtspielchen passieren wird, rein aus dem Gedanken der Verlässlichkeit und der Verantwortung unserem Land und den Österreicherinnen und Österreichern ge­genüber.

Ja, das ist Neuland. Es ist nicht nur verfassungsmäßig Neuland, dass wir hier eine Re­gierung haben, die nach einem Misstrauensantrag vom Bundespräsidenten angelobt wurde, es ist auch Neuland, eine Regierung zu haben, die von sich selber sagt: Wir werden unser Amt nicht dafür einsetzen, dass wir Parteipolitik machen.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich bin Ihnen sehr dankbar, denn in der Vergangenheit – gerade, aber nicht nur in den letzten Wochen und Monaten – haben wir sehr viel Tak­tiererei und Parteipolitik, sehr viele Machtspielchen, sehr viele Aktionen und Initiativen gesehen, die eigentlich immer nur ein Ziel verfolgt haben: den anderen schlechtzuma­chen, dem anderen eines auszuwischen oder sich selber einen Vorteil zu verschaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn die Bundesregierung, die Frau Bundes­kanzlerin und der Herr Vizekanzler, hier in ihrer Antrittsrede von der Verlässlichkeit und auch vom Bild der Politik sprechen, dann muss das auch für das Hohe Haus gelten; und ich muss schon sagen, meine Kollegen Klubobleute, dass ich einigermaßen ent­täuscht bin, welch kleinkariertes Hickhack Sie sich auch heute hier wieder gegeben ha­ben. Ich glaube, dass ein Tag wie dieser, der einer Regierungserklärung in einer sehr turbulenten Zeit gewidmet ist, nicht dazu da ist, dass man sich gegenseitig ausrichtet, was man eigentlich am anderen nicht mag, oder in einen Rosenkrieg verfällt. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Haubner.)

Es ist ein Bild, das wir alle als Politikerinnen und Politiker abgeben, und wenn uns das Ibizavideo eines gezeigt hat, dann, dass wir nicht nur sagen: So sind wir Österreicher nicht!, sondern auch: So sind wir Politikerinnen und Politiker nicht! – Dazu braucht es jetzt vor allem eines: das Vertrauen der Menschen dahin gehend, dass wir alles daran­setzen, dass das nie wieder passiert; dass wir uns hier freiwillig Gesetzen der Transpa­renz und der Kontrolle unterwerfen; dass wir freiwillig mit klugen Gesetzen dafür Sorge tragen, dass wir als Politiker unsere eigene Macht beschränken und nicht ständig da­nach trachten, sie auszubauen. Das ist nämlich auch der Grundgedanke unserer Bun­desverfassung und einer liberalen Demokratie: Kontrolle, Transparenz und auch das Bekenntnis zur Beschränkung von Macht – und nicht permanent der Versuch, die ei­gene parteipolitische Macht auszubauen. (Beifall bei den NEOS.)

Verlässlichkeit und Vertrauen ist das, was die Menschen erwarten. Verlässlichkeit und Vertrauen heißt auch, dass es nicht um Macht und Taktik und um Machtspielchen geht, sondern um die Anliegen der Menschen. Es geht um Anstand und es geht um Zukunft. Das werden wir in den nächsten Monaten hier debattieren, und ich appelliere an Sie, dass Sie das mit Verantwortung und Vernunft tun.

Wir haben einen Pakt für Verantwortung vorgeschlagen, der eine Selbstverpflichtung beinhaltet, keine Beschlüsse zu fassen, die das Budget belasten. Jetzt kann man schon irgendwie herumtricksen und sagen: Na ja, das war ja schon irgendwie einbud­getiert, das kann man schon machen! – Ich sage nur: Öffnen Sie nicht die Büchse der Pandora! Sehr schnell hat ein Hochlizitieren begonnen und sehr schnell kostet das am Ende sehr viel Geld!

Ein Letztes noch: Verlässlichkeit! – Verlässlichkeit, und damit komme ich schon zum Schluss, heißt auch, dass alle Menschen sich darauf verlassen können, dass sie nach einem harten Arbeitsleben genügend Pension bekommen. Herr Kollege Hofer, es trifft mich sehr, dass Sie sich hier hinstellen und einfach falsch behaupten, uns NEOS wür­de es darum gehen, die Pensionen zu kürzen. Uns geht es darum, dass sich auch die Jungen darauf verlassen können müssen, dass sie, wenn sie ein Leben lang gearbeitet haben, auch noch ein sicheres Pensionssystem vorfinden. Ich finde es schade, dass Sie in der letzten Legislaturperiode nicht der Verantwortung nachgekommen sind, die­ses für die nächste Generation so wichtige Thema anzugehen. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

10.14

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klubob­mann Zinggl. – Bitte.