11.46

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundeskanzlerin! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren der neuen Übergangsregie­rung! Nach den Worten der neuen Bundeskanzlerin, des Vizekanzlers, aber auch des Außenministers kann man durchaus beruhigt sein, weil sie erkennen lassen, dass diese Übergangsregierung die Arbeit professionell, gut, vertrauensbildend und, wie Sie vorhin angesprochen haben, auch verlässlich machen wird. Trotzdem erlauben Sie mir, zu sagen, ich fände es besser, hätten wir hier und heute eine Bundesregierung, die sich aufgrund einer demokratischen Wahl zusammensetzt und nicht aufgrund einer Entscheidung des Bundespräsidenten gebildet worden ist. (Beifall bei der ÖVP.) Scha­de, dass es so weit gekommen ist, meine Damen und Herren, das hätte nicht der Fall sein müssen! (Abg. Haider: Das hatten wir! Das wolltet ihr nicht mehr haben!)

Ja, Kollege Haider, alle Redner Ihrer Fraktion haben heute vermieden, den Namen ei­nes Mannes in den Mund zu nehmen, der heute seinen 50. Geburtstag feiert. Er war der Auslöser. Es war Heinz-Christian Strache. (Abg. Zanger: Das ist ja nicht wahr!) – Ja, Sie wollen das nicht hören. Das war unverzeihlich, was in diesem unsäglichen Vi­deo zum Vorschein gekommen ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Steger: Er ist zurückgetreten! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Da kann man nur sagen: „Genug ist genug“! Staatsaufträge für russische Oligarchen, eine Hei­matpartei, die billig die Heimat verkaufen will – da machen wir nicht mit! Zack, zack, weg mit Journalisten, die unliebsam sind – da machen wir nicht mit! (Abg. Hafenecker: Das ist Ihr Narrativ! Das stimmt doch gar nicht!) Sebastian Kurz, Bundeskanzler Kurz musste zu diesem Zeitpunkt sagen: „Genug ist genug“, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Dann haben Sie einen zweiten Schritt gesetzt - - (Abg. Rosenkranz: Das wäre mit dem Innenminister alles vergessen gewesen, gell?) – Nein! (Abg. Rosenkranz: Ja, ja, ja, ja!) Sie haben dann einen zweiten Schritt gesetzt, Hand in Hand, Rendi-Wagner – sie ist jetzt nicht hier – mit Kickl; auch ihn sehe ich nicht, auch er ist nicht hier. Wir ha­ben die Rede zur neuen Bundesregierung - - (Abgeordnete der SPÖ machen den Red­ner darauf aufmerksam, dass Abg. Rendi-Wagner vor der ersten Bankreihe steht.) – Entschuldigung, ganz in Schwarz; ich habe Sie vorhin nicht gesehen. (Abg. Rendi-Wagner schüttelt den Kopf.) Was ich damit sagen möchte: Die Menschen im Land ha­ben kein Verständnis für diesen zweiten Schritt, diese Fehlentscheidung: Sebastian Kurz musste weg. (Abg. Hauser: Eine ÖVP-Alleinregierung!) Das war das, was Sie verbunden hat. (Abg. Leichtfried: Wo ist denn der Herr Kurz?)

Und wenn Sie sagen, es gibt diese Verbindung nicht: Na ja, bitte, der 29. September, das ist das Nächste, was Sie gemeinsam beschlossen haben, wenn ich richtig infor­miert bin. Die Frau Bundeskanzlerin hat es vorhin angesprochen, der Herr Bundesprä­sident hat es gesagt: Beiden wäre es lieber gewesen, aus vielen Gründen, die auch die Österreicherinnen und Österreicher teilen, früher zu wählen. – Nein, Ihr Pakt sieht vor, am 29. September gehen wir wählen.

Viele von uns fragen sich: Was ist das nächste Projekt, das Sie gemeinsam vorhaben? (Abg. Rosenkranz: Na Nichtraucher! Das ist das Nächste, oder wie schaut’s aus? – Abg. Hauser: Wegen 14 Tagen eine Krise!)

Ich sage Ihnen eines: Sie haben mit Ihrer Entscheidung, einem demokratisch legiti­mierten Bundeskanzler das Misstrauen auszusprechen, Österreich geschwächt. (Zwi­schenruf der Abg. Steger.) Wir diskutieren jetzt Europa- und Außenpolitik. Wer sich auf der europäischen Ebene nur ein bisschen auskennt, weiß, es macht einen riesigen Unterschied, ob dort ein demokratisch legitimierter Bundeskanzler sitzt oder eine Über­gangskanzlerin. Aber das Wahlergebnis war Ihnen zu viel, plus 7,5 Prozent, das war der SPÖ zu viel und das war auch der FPÖ zu viel. Die beiden Verlierer haben sich noch am Wahlabend gefunden, und einen Tag später musste Sebastian Kurz weg sein. Das war Ihr gemeinsames Programm – viel mehr haben Sie bisher ohnehin nicht gefunden, nur den Wahltermin. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Zanger: Er drückt sich vor der Verantwortung!)

Es gibt überhaupt kein Misstrauen von meiner Seite gegenüber der Übergangsregie­rung, hochqualifizierte Persönlichkeiten stehen hier an der Spitze. (Abg. Leichtfried: Wo ist der Herr Kurz heute?) Ich sage es Ihnen aber noch einmal: Auf europäischer Ebene fallen schon in den nächsten Tagen ganz wichtige Entscheidungen, und erst recht in den nächsten Wochen und Monaten (Abg. Leichtfried: Ist er leicht in Brüssel, der Herr Kurz, oder sonst wo im Ausland?), und Sie haben hier gemeinsam die öster­reichische Position massiv geschwächt, das muss ich Ihnen schon sagen (Zwischenruf der Abg. Steger), wenngleich der neue Außen- und Europaminister Alexander Schal­lenberg Brüssel in- und auswendig kennt; und auch Brüssel kennt Alexander Schallen­berg.

Ich weiß, wovon ich rede, ich durfte mit ihm, als ich Staatssekretär im Außenministe­rium war, auf europäischer Ebene zusammenarbeiten, aber auch vorher schon, als ich im Finanzministerium war. Er ist einer jener österreichischen Diplomaten, die dieses Land auszeichnen, die weit mehr tun, als ihre Pflicht ist, wenn notwendig, an sieben Tagen in der Woche, und das zu jeder Tages- und Nachtzeit. So kennen ihn auch un­sere europäischen Partner, und das ist gut in dieser Situation, denn, wie gesagt, insge­samt ist diese Regierung eine, die geschwächt in diese Verhandlungen geht.

Es geht um das EU-Budget! Da geht es über die nächste Legislaturperiode hinaus, auch wenn wir im Herbst wählen gehen. Österreichische Interessen bestmöglich zu vertreten. Das ist für die Übergangsregierung schwieriger. (Abg. Rosenkranz: Wir ha­ben von der Sparsamkeit schon gehört! Das wirkt sich auf das EU-Budget sicher gut aus!) – Herr zukünftiger Volksanwalt Rosenkranz! Ja, er kennt sich gut aus, aber es geht darum, wie stark jemand legitimiert ist. (Abg. Rosenkranz: Wir legitimieren ihn zu 100 Prozent! Bei Ihnen weiß ich es nicht!) Wir sind am Wahlsonntag enorm gestärkt worden und wären gestärkt in diese Verhandlungen gegangen, eben aufgrund dieses Ergebnisses. Es gibt keine zweite proeuropäische Partei, meine Damen und Herren, die so zulegen konnte wie die Österreichische Volkspartei mit Sebastian Kurz an der Spitze. Das hat Ihnen so wehgetan, daher musste Kurz weg, das war Ihr Programm! (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Wo ist er jetzt? – Abg. Hauser: Ein erfolgrei­cher Innenminister war euch im Weg!)

Ich sage Ihnen aber eines: Es tut Ihnen nicht gut, wenn Sie Parteiinteressen so scham­los vor Staatsinteressen stellen. (Abg. Hafenecker: Das schlägt doch dem Fass den Boden aus!) Das Einzige, was gut ist: Am 29. September – ich glaube, so haben Sie es festgelegt – treffen die Österreicherinnen und Österreicher die Entscheidung, wer in Zukunft demokratisch legitimiert in diesem Land die Erstverantwortung hat, und ich bin mir sicher, die Österreicherinnen und Österreicher werden eine gute Entscheidung für unser Land treffen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Hafenecker: Wir wollen keine Alleinre­gierung!)

11.53

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Angela Lueger zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.