15.52

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frauen Bundes­ministerinnen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute habe ich eine unglaubliche Freude. Heute ist ein wirklich großer Tag für die LGBTIQ-Community in Österreich. Wir haben über ein Jahr lang ganz hart gekämpft, und nun ist es soweit: Wir stoppen heute Konversionstherapien an Kindern und Jugendlichen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Scherak.) Wir stoppen heute Homoheilung in Österreich. Das war auch der Moment, als meine Suizidgedanken begannen. Es ist etwas, mit dem ich noch heute kämpfe. Ich geriet komplett in Panik, Selbstmordgedanken inklusive. Nach alledem blieb ich schwul, war aber dem Suizid nah. – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind Berichte von Menschen, die als Kinder oder als Jugendliche eine Konversionstherapie erlebt und überlebt haben. Konversionstherapien, reparative Therapien und ähnliche Praktiken sind eines ganz sicher nicht: Behandlungen. Sie helfen nicht, sie heilen nichts, sie schädigen. (Beifall bei der SPÖ.) Depression, Angst, Suizidgefahr: Das bewirken diese Praktiken. Sie heilen nichts, weil die sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität niemals etwas sein kann, das krank oder nicht normal ist. Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld spricht von jährlich mindestens 1 000 Personen, die Opfer dieser Praktiken werden. Sie passieren in Familien und Kleingruppen, sie passieren nicht immer durch Ärzte und Therapeuten, sondern unter den verschiedensten Deckmänteln: durch Lebensberater, Coaches und im Umfeld von Glaubensgemeinschaften.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wir heute mit diesem Antrag beschließen, ist ein Meilenstein. Wir fassen den ersten weitreichenden Beschluss für die LGBTIQ-Community seit zehn Jahren, seit der Ein­getragenen Partnerschaft im Jahr 2009. Nicht Gerichte sorgen für mehr Gleichstellung und Schutz, sondern wir, die Politik – darauf können wir stolz sein, und ich möchte mich dafür ganz herzlich bei Ihnen allen bedanken. (Beifall bei SPÖ, NEOS und JETZT sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin stolz, als offen schwuler Mann in diesem Haus zu stehen. Ich bin stolz, dass wir heute gemeinsam über Parteigrenzen hinweg an jeden jungen Menschen, an jede Mutter und an jeden Vater, an jede Familie in unserem Land das Signal senden: Genau so, wie unsere Kinder und Jugendlichen sind, so ist es richtig! (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Ich bin nicht krank, meine Community ist nicht krank – ganz im Gegenteil: Wir sind bunt, wir sind laut, wir sind stolz, wir sind selbstbestimmt, wir sind sichtbar und wir sind in der Mitte unserer Gesellschaft, aber vor allem sind wir unheilbar bunt. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich darf folgenden Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mario Lindner, Gabriela Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Antrag (558A(E)) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konversionstherapien stoppen“

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs genannte Antrag lautet:

„Die Bundesregierung, insbesondere die zuständige Bundesministerin für Arbeit, Sozi­ales, Gesundheit und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, unter Einbindung der wis­senschaftlichen Fachvereinigungen unverzüglich eine Regierungsvorlage auszuar­beiten und dem Nationalrat zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der die Ausübung von Konversions- und vergleichbaren ‚reparativen Therapieformen‘ an Minderjährigen verboten wird.“

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Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

15.56

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Povysil. – Bitte.