9.25

Abgeordneter Karl Nehammer, MSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Besucherinnen und Besucher auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! (Abg. Leichtfried – auf den Redner weisend –: Ohne Krawatte?) Wir diskutieren heute über das Parteiengesetz. Anlass dafür war das Ibizavideo. (Abg. Höbart: Die Spendenmillionen!) Was hat man im Ibizavideo gesehen? – Auf der einen Seite wie der Parteivorsitzende und der Klubobmann der FPÖ, der sich selbst als solche definierenden Heimatpartei, bereit waren, einer vermeintlichen russischen Oligarchin die Heimatinteressen zu verkaufen. Das war das eine, das im Ibizavideo sichtbar wurde, als H.-C. Strache und Johann Gudenus dort vor Ort das gesagt haben, was wir alle gesehen haben und was, glaube ich, uns alle hier im Hohen Haus gemeinsam auch nachhaltig schockiert und empört hat.

Das Zweite, was man gesehen hat, war, dass H.-C. Strache ganz offen angeboten hat, Geld an die Partei vorbei am Rechnungshof über Vereine in die FPÖ hineinzu­schleu­sen. Genau das war der Anlass, der dazu geführt hat, dass dann sehr rasch die Dis­kussion aufgekommen ist und man gesagt hat: Wir müssen das Parteiengesetz refor­mieren! – Also sind alle Parteien zusammengekommen und man hat sich Gedanken gemacht: Was kann man tun? Wie kann man Reformansätze machen?

Die Vorschläge der Volkspartei waren auf der einen Seite, die Parteienförderung zu senken – sie ist die großzügigste in ganz Europa – und damit die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu entlasten, und auf der anderen Seite, die Frauenquote in den Klubs tatsächlich so zu fördern, dass das in den nächsten Plenarsitzungen auch omni­präsent sein kann, und zwar dadurch, dass man einen Abschlag zahlen muss, wenn man diese Quote nicht erfüllt; und wir waren auch für mehr Transparenz, indem der Rechnungshof mehr Kompetenzen erhält. (Abg. Höbart: ... die Millionen vergessen!)

Wir haben ganz gut verhandelt – und plötzlich waren die Verhandlungen zu Ende. Plötzlich ist SPÖ-Bundesgeschäftsführer Drozda mit einer Presseaussendung hinaus­gegangen. Offensichtlich haben FPÖ und SPÖ die Köpfe zusammengesteckt und ha­ben beraten: Was können wir denn tun, was uns nicht zu sehr schadet, aber den anderen, wie der Volkspartei oder den NEOS, sehr wohl?

Also ist man vonseiten der FPÖ und SPÖ gleich einmal hergegangen und hat begon­nen, Spenderinnen und Spender zu kriminalisieren, zu skandalisieren (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek, Kassegger und Zanger), obwohl gerade die Spende das Zeichen der Verfügung über das Eigentum ist – und ja, die Volkspartei ist die Vertreterin der Eigentümerinnen und Eigentümer! (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr rasch haben Herbert Kickl und die Vorsitzende Rendi-Wagner, Thomas Drozda und Norbert Hofer eine neue Lösung gefunden. Und was sieht diese vor? – Man kann gar nicht in die Vereine der SPÖ schauen (Abg. Leichtfried: Aha!) oder in jene der FPÖ, denn die sind nämlich der Kontrolle durch den Rechnungshof entzogen. (Abg. Höbart: Der Lukas Mandl, der Gernot Blümel ...! – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

So, jetzt höre ich schon viel Aufmurren und Empörung aufseiten der SPÖ. Schauen wir uns das einmal im Detail an: 2012 ist das Parteiengesetz beschlossen worden, um mehr Transparenz zu erreichen. Was hat die SPÖ gemacht? – Sie hat den Pensio­nistenverband – den Pensionistenverband, eine Keimzelle der Arbeiterinnen- und Ar­beiterbewegung! (Heiterkeit der Abg. Rendi-Wagner) – einfach aus der SPÖ ausge­gliedert und hat gesagt: Der gehört gar nicht mehr zu uns! – Sie haben einen neuen Verein geschaffen, der Arge 60plus heißt; der darf Delegierte zum SPÖ-Parteitag schicken, er hat aber kaum eine Finanzgebarung. Dieser Verein darf auch vom Rech­nungshof geprüft werden – aber der Pensionistenverband darf nicht geprüft werden, der gilt als unabhängig. (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Kuntzl.)

Das ist die Vorstellung der SPÖ von einem unabhängigen Verein – ich zitiere aus den Statuten des Pensionistenverbandes –:

„Der Verein bekennt sich zu den Grundsätzen der Sozialdemokratischen Partei Öster­reichs. Seine Funktionärinnen und Funktionäre sollen Mitglieder der Sozialdemokra­tischen Partei Österreichs sein.“

Das ist Unabhängigkeit im Verständnis der SPÖ! (Beifall bei der ÖVP.)

Aber das wirklich Dreiste ist, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ: Sie machen sich nicht einmal die Mühe, großartig Unterschiede darzustellen, denn der Verein Arge 60plus und der Pensionistenverband residieren an derselben Adresse, und im Vorstand sitzen fast die gleichen Leute. Das wird dann als unabhängig definiert, und das Beste ist: Man kann eben als Rechnungshof den Pensionistenverband nicht kontrollieren.

Wozu machen Sie das? – Um Wahlkampfkosten zu verschleiern! So kommt die Dar­stellung der Wahlkampfkosten der SPÖ in einer Höhe von 7,5 Millionen Euro zustande! (Beifall bei der ÖVP.)

Und der unabhängige Pensionistenverband bringt am Cover seiner Zeitung (ein Exemplar einer Ausgabe in die Höhe haltend) Christian Kern, zufällig Spitzenkandidat der SPÖ. Die Ausgaben dieser Zeitung werden im Rechenschaftsbericht der SPÖ für Wahlkampfkostenausgaben wohl nicht aufscheinen. Sehr interessant! (Beifall bei der ÖVP.)

Da treffen sich dann die Interessen von SPÖ und FPÖ, und wir haben den dritten Streich der Allianz und der neuen Koalition zwischen FPÖ und SPÖ: zuerst das Niederstimmen des Bundeskanzlers hier im Parlament, dann das Festlegen des späten Wahltermins entgegen dem Wunsch des Bundespräsidenten und der Bundeskanzlerin und jetzt eine Neudefinition des Parteiengesetzes, die nur der SPÖ, nur der FPÖ nützt, aber der Transparenz und damit auch den Wählerinnen und Wählern schadet. (Beifall bei der ÖVP.)

Wo treffen sich aber jetzt die Interessen von SPÖ und FPÖ, wo die der FPÖ? Die FPÖ, im Ibizavideo dargestellt: H.-C. Strache erklärt der vermeintlichen russischen Oli­garchin, wie sie das Geld in die Freiheitliche Partei hineinschiffen kann, und nennt Vereine. Ich frage jetzt Norbert Hofer, weil er hier sitzt – Herbert Kickl hat sich ja leider entschuldigt –: Wieso existieren die Vereine noch immer: Austria in Motion  übrigens Vereinszweck: „Reform der politischen Kultur in Österreich“ – oder Patria Austria – Verein zur Förderung des österreichischen Kultur- und Brauchtums – das sind alles Vereine, in die der Rechnungshof nicht Einschau halten kann (Zwischenruf des Abg. Krainer) – oder, noch besser, das Institut für Sicherheitspolitik der FPÖ, das 200 000 Euro vom Verteidigungsministerium erst unlängst erhalten hat, als noch ein freiheitlicher Verteidigungsminister in Verantwortung war? Das ist alles nicht durch den Rechnungshof zu prüfen, und das ist intransparent. (Beifall bei der ÖVP.)

Was eint aber jetzt diese neue Allianz von SPÖ und FPÖ? Sie wird auch heute wieder in den Reden sichtbar sein, und wir werden sie erleben. – Es gibt einen sehr destruk­tiven, zerstörerischen strategischen Grundsatz, und der lautet: Der Feind meines Fein­des ist mein Freund. Da findet ihr euch in einer Einigkeit gegen Sebastian Kurz, gegen die Volkspartei (Zwischenruf der Abg. Kuntzl), aber ich sage euch gleich: Wenn ihr in die Geschichte schaut, dann werdet ihr sehen, diese Konstellationen und diese Bündnisse waren sehr brüchig und diese zerstörerische Energie drückt sich dann vor allem in der Zukunft aus.

Wir sprechen uns dagegen aus, aber wir werden diese Allianz der Zerstörung weiter hier im Hohen Haus erleben (Abg. Heinisch-Hosek: Schreien Sie nicht so!), aber, sehr geehrte Damen und Herren hier auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen: Das Positive ist, am 29. September (Abg. Wurm: Ist Zahltag!) haben Sie die Chance, eine Wahl zu treffen, eine Wahl zwischen destruktiver Politik und Zerstörung oder der Zukunft, der Volkspartei und Sebastian Kurz. – Danke sehr. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP.)

9.32

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Wittmann ist zu Wort gemel­det. – Bitte.