9.38

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Werter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Was haben wir aus dem Ibizavideo gelernt? – Wir haben aus dem Video gelernt, dass es in Österreich ganz offensichtlich Usus ist, dass Parteien sich über Vereinskonstruktionen finanzieren – ganz offen wird darüber gesprochen –, am Rechnungshof vorbei, dass also neben dem, was man in den Rechenschaftsberichten der Parteien dem Rech­nungshof meldet – manche verwechseln das meiner Meinung nach, ich sage das in Richtung ÖVP, mit Offenlegung; also in meiner Welt bedeutet Offenlegung: gegenüber den Österreicherinnen und Österreichern und nicht zwei Jahre danach gegenüber dem Rechnungshof; das möchte ich auch einmal klarstellen (Beifall bei den NEOS) –, am Rechnungshof vorbei Vereine üppigst finanziert werden, und das kommt dann den Parteien zugute.

Wir haben auch zwei Politiker gesehen, die ganz offensichtlich zur Korruption bereit sind, die dann für solche Parteispenden quasi als Gegengeschäfte Aufträge in den Raum stellen.

Wir NEOS haben damals klar gesagt: Das muss eine Zäsur in der Zweiten Republik sein.

Die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass sie von Politikerinnen und Politikern vertreten werden, die ausschließlich im Interesse der Menschen arbeiten und bereit sind, erstens ihre eigene Macht zu beschränken, und sich zweitens der Kontrolle zu unterwerfen. Eine liberale Demokratie lebt von Mechanismen der Beschränkung von Macht und Kontrolle. Das ist das, was notwendig ist, um diesen Vertrauensverlust in der Politik wiedergutzumachen.

Jetzt möchte ich zunächst einmal ein paar positive Aspekte aus dem Vorschlag von SPÖ und FPÖ herausgreifen, denn ich stehe ja nicht an, hier alles zu kritisieren, was Sie dazu heute auf den Tisch legen. Positiv ist, dass Sie sagen, zukünftig sollen auch Personenkomitees in die Wahlkampfkostenobergrenzen miteingerechnet werden. Das halte ich für sehr richtig.

Dann schreiben Sie hinein, dass endlich einmal Landes- und Teilorganisationen fest im Rechenschaftsbericht zu verankern sind, also auch gegenüber dem Rechnungshof offengelegt werden sollen.

Die Spenden sollen unverzüglich gemeldet werden, wenn sie eine Schwelle von 2 500 Euro überschreiten. Das kann man schon machen, wie gesagt, wir machen das sowieso, und zwar 365 Tage im Jahr. Sie belasten halt die Bürokratie des Rechnungs­hofes, wir machen das auf unserer Website. Das ist dann unsere Verantwortung, aber ich habe überhaupt nichts dagegen.

Und auch sehr positiv daran ist – das möchte ich auch sagen –: Ich bin durchaus für diesen Bonus, für einen gewissen oder einen hohen Frauenanteil in den Klubs.

Das war es aber dann auch schon, denn genau das Problem, das wir im Ibizavideo gesehen haben, die Finanzierung der Parteien über Vereine am Rechnungshof vorbei, bleibt weiter bestehen. Ich will sagen, um mit den Worten der heutigen Ausgabe der „Kleinen Zeitung“ zu sprechen, Sie machen nichts anderes, als Ibiza zu legalisieren. Na, da kann ich nur gratulieren. (Beifall bei NEOS und ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Rendi-Wagner und Heinisch-Hosek.)

Ich glaube, das Hickhack vorhin hat es gezeigt (Abg. Heinisch-Hosek: ... unglaub­lich!), und das sehen die Menschen da draußen: Das ist ja keine hypothetische Rederei von Herrn Strache und von Herrn Gudenus im Video, das haben Sie alle gemacht; das hat die ÖVP so gemacht, das hat die FPÖ so gemacht – die Vereine des Herrn Tschank werden untersucht – und das hat die SPÖ so gemacht. (Ruf bei der SPÖ: Haselsteiner!) Das ist ja gelebte Praxis. Über viele, viele Jahrzehnte herrschte eine Kultur der Intransparenz, eine Kultur, wo man sich nicht kontrollieren lässt und wo man das vielleicht sogar einfach auch beim anderen billigend in Kauf genommen hat, weil man sich gesagt hat: Na, das machen ja eh alle so, der andere macht das ja auch so. (Abg. Heinisch-Hosek: Heute macht ihr’s ned!)

Die ÖVP hat meines Erachtens die ganze Debatte dann auch noch durch ihre Spen­denaffäre angestoßen. Sie haben eben nicht alle Spenden offengelegt. Sie haben einen kleinen Ausschnitt an Spenden zwischen dem sogenannten Stichtag und dem Wahltag – auf Ihre Website gestellt und damit den Eindruck erweckt, dass das alles gewesen wäre, dass Sie vollkommen transparent sind. Und heute kommen wir drauf, dass das einfach nicht stimmt, dass Sie weitaus mehr Spenden bekommen haben. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Ich frage mich: Warum agieren Sie so? (Abg. Sieber: Weil es das Gesetz so vorsieht!) Warum stellen Sie nicht 365 Tage im Jahr Ihre Spenden online? Transparenz ist das beste Desinfektionsmittel, wenn es darum geht, Einflussnahme und auch Korruption zu bekämpfen. (Beifall bei den NEOS. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Sieber.)

Unterwerfen Sie sich jetzt hier der Kontrolle des Rechnungshofes? Nein, das ist nicht vorgesehen. (Abg. Heinisch-Hosek: Ja sicher, das ist schon so! – Weitere Zwischen­rufe bei der SPÖ.) Es ist nicht vorgesehen, im Gegenteil! Frau Vorsitzende Rendi-Wagner, ich muss sagen, ich bin wirklich empört darüber, dass es ausgerechnet die Sozialdemokratie ist (Abg. Heinisch-Hosek: Sie sind empört?! – Zwischenruf der Abg. Rendi-Wagner weitere Zwischenrufe bei der SPÖ – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen), die jetzt in bester FPÖ-Manier beginnt, die Institutionen zu beschä­digen (Abg. Rendi-Wagner: ...! Hören Sie genau zu! – Abg. Leichtfried: ... liberaler Geist! Abg. Rendi-Wagner: Hören Sie genau zu!), kleinzureden. Gestern im „Report“ zu sagen: Na ja, das sind ja weisungsgebundene Beamte - - (Abg. Rendi-Wagner: Das sind sie!) – Also hören Sie auf, das ist eine wesentliche Säule der liberalen Demo­kratie! (Abg. Leichtfried: Sprechverbote sind liberal ...!) Zerstören Sie nicht unsere Institutionen! (Beifall bei NEOS und ÖVP. Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Und dass sich die FPÖ, dass sich Herr Kickl gestern in einer Pressekonferenz darüber beschwert, dass der Rechnungshof (Abg. Leichtfried: Wenn eine Liberale Sprech­verbot erteilt, wissen wir, wo wir sind!) mit Präsidentin Kraker jetzt ein Organ der ÖVP sei, dazu muss ich schon sagen, da ändert man aber schnell seine Meinung, denn als – damals noch Ihr – Josef Moser Rechnungshofpräsident gewesen ist, haben Sie den Rechnungshof sehr oft lobend hervorgehoben. Der Standort bestimmt also offen­sichtlich den Standpunkt. Wir sollten uns alle zusammenreißen und daran arbeiten, dass wir einen guten Rechnungshof haben, von dem wir uns auch kontrollieren lassen. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Leichtfried und Loacker.)

Ich würde gerne noch kurz etwas zu den Spendenobergrenzen sagen. Man kann über alles reden. Mit uns hat man nicht geredet, aber wir sind immer bereit gewesen, darü­ber zu sprechen. Aber wissen Sie, werte SPÖ und FPÖ: Man merkt die Absicht und man ist verstimmt. Man kann das schon machen, den Wettbewerb so einzuschränken, aber das ist meiner Meinung nach ein Armutszeugnis der Politik, wenn man – weil man eigentlich nichts mehr zu bieten hat, was die Zukunft dieses Landes angeht und einem die Wählerinnen und Wähler verloren gehen (Zwischenruf des Abg. Mölzer) – sagt: Dann sollen es aber die Konkurrenten möglichst, möglichst schwer haben, und nie wieder soll eine neue Bewegung – wenn Bürgerinnen und Bürger aufstehen – die Chance haben, ins Parlament zu kommen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Die Ausschaltung des Wettbewerbs: Dazu gratuliere ich! (Zwischenruf der Abg. Duzdar. – Weitere anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist eine Einschränkung der Freiheit und ein Bekenntnis zu nichts Geringerem als der Verstaatlichung der Parteien und der Verstaatlichung der Politik in diesem Land.

Ich gebe Ihnen etwas mit: In Deutschland beispielsweise ist es so, dass Parteien eine gewisse Spendensumme sammeln müssen, um zu sehen, dass sie die Menschen, die Bürgerinnen und Bürger auch motivieren können, etwas für diese Politik beizutragen, um dann tatsächlich auch die öffentlichen Förderungen abzurufen. (Anhaltende Zwi­schen­rufe bei SPÖ und FPÖ.) Österreich geht den Weg der üppigsten Parteien­för­derung aus Steuergeld und sagt: Das ist gut so, die Steuerzahlerinnen und die Steuer­zahler, die sackeln wir aus! (Abg. Steger: Das garantiert die Unabhängigkeit! Prä­sident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Wir verstaatlichen, aber die Freiheit des Einzelnen, an Parteien zu spenden, völlig transparent, wie wir das immer gemacht haben, wird eingeschränkt.

Wir werden heute noch umfangreiche Änderungsanträge einbringen, weil uns das nicht weit genug geht. Ich bin der Meinung, dass es schärfere Sanktionen geben muss. Ich bin der Meinung, dass es unbedingt notwendig ist, dass wir uns alle der Kontrolle des Rechnungshofes unterwerfen, dass wir ihm die Erlaubnis erteilen, in unsere Bücher zu schauen.

Sie sind sehr schnell dabei, wenn es um den gläsernen Bürger geht. Sie sagen immer: Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten! Also nehmen Sie sich doch ein Herz (Beifall bei den NEOS), lassen Sie sich in die Bücher schauen und machen Sie es so wie NEOS: Wir machen 365 Tage im Jahr unsere Einnahmen wie Ausgaben transparent. Das ist eine Politik, die die Menschen wollen. Das ist eine Politik für die Menschen und keine nach Parteitaktik und dem Interesse Ihrer eigenen Funktionäre. Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

9.47

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich würde die Abgeordneten bitten, bei diesem sehr kontroversiellen Thema nicht ständig zu unterbrechen.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stefan. – Bitte.