10.07

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Vielleicht erinnern sich manche noch an einen fast legendären Ausspruch des ehemaligen Finanzministers Rudolf Edlinger. Rudolf Edlinger hat ge­sagt: Eher lasse ich meinen Hund auf die Knackwurst aufpassen als die ÖVP aufs Budget. – Man könnte nun diesen Ausspruch auf die jetzige Situation übertragen: Eher lasse ich meinen Hund auf die Knackwurst aufpassen, als den Parteien zu vertrauen, dass sie die Regelungen über die Parteienfinanzierung einhalten. (Beifall bei den NEOS.)

Warum? – So wie die Versuchung für den Hund groß ist, die Knackwurst zu fressen, so groß ist auch die Versuchung für die Parteien, zu tricksen, zu täuschen, zu tarnen. Vielleicht rechtfertigt der Hund das vor sich, indem er sagt: Wenn ich die Knackwurst gefressen habe, kann sie jedenfalls niemand anderer nehmen! Und die Partei, die durch Tarnen und Täuschen hier an die Macht kommt, denkt sich vielleicht: Wenn ich es getan habe, kann es nicht jemand anderer auf diesem Weg, an die Macht zu kommen, machen.

Nirgendwo sonst ist es so notwendig, zu kontrollieren. Regeln allein helfen gar nichts, weil die Versuchung viel zu groß ist, diese Regeln zu umgehen. Vertrauen ist also gut, Kontrolle ist da nicht nur besser, Kontrolle ist überlebensnotwendig. Und wir haben eine Institution, die dafür prädestiniert ist – das ist ein Organ des Parlaments. Das Parlament hat als Kontrollorgan für die Vollziehung den Rechnungshof.

Ehrlich gesagt, hat es mich erschüttert, als ich diese Aussage gehört habe: Beim Rech­nungshof, da sind ja weisungsgebundene Beamte! – Oder gerade vorher haben wir auch gesprochen: Man wird ja noch diskutieren können! – Ja, aber das ist keine Diskussion. Wie will man es denn haben? Soll der Rechnungshof unabhängige Richter haben? Die sind unabhängig.

Wichtig ist doch, dass der Rechnungshof als Institution unabhängig ist, und ich glaube nicht, dass jemand Frau Präsidentin Kraker sagen kann: Ich hätte gern, dass Sie so prüfen!, oder: Ich hätte gern, dass das herauskommt!

Wenn das so wäre, dann müsste das Parlament tätig werden, weil das Parlament ja darauf vertrauen können muss, dass der Rechnungshof seine Aufgaben erfüllt, und er tut das. Schauen Sie die Berichte des Rechnungshofes an! Es stimmt nicht! (Beifall bei NEOS und ÖVP.) Man wird nicht allem immer zustimmen, aber der Rechnungshof bemüht sich, der Sache auf den Grund zu gehen. Der Rechnungshof hat konstruktive Vorschläge gemacht, wie man da mehr Transparenz – oder überhaupt Transparenz, muss man sagen – hineinbringen kann. Volle Prüfungsbefugnisse für den Rechnungs­hof, der muss natürlich in die Bücher schauen können.

Es ist ein Unterschied, ob ich einen Wirtschaftsprüfer bestelle, der von mir honoriert wird, der meine Bücher prüfen soll - - (Abg. Hofer: Stimmt nicht! Das ist nicht wahr! – Abg. Stefan: Der wird vom Rechnungshof bestellt!) – Ja, aber die werden ja vorge­schlagen. Das ist aber ein Riesenunterschied, ob Sie jemanden mit einem wirtschaft­lichen Interesse haben oder jemanden, der, wie die Beamten des Rechnungshofes, seinem Diensteid verpflichtet ist. (Abg. Stefan: Meinen Sie, dass der nicht ordentlich prüft? Sie sagen, der Wirtschaftsprüfer macht ein Gefälligkeitsgutachten?) Das will ich nicht unterstellen, aber die Prüfung durch den Rechnungshof ist allemal besser. Wäre das System - - (Abg. Stefan: Das ist ja ein Skandal! Das ist ja unglaublich! Der macht ja kein Gefälligkeitsgutachten!) – Herr Mag. Stefan, wäre das System jetzt schon perfekt, dann bräuchten wir die ganze Diskussion nicht. (Beifall bei den NEOS.) Es ist nicht perfekt. (Abg. Stefan: Sie sagen, der macht ein Gefälligkeitsgutachten!) Wir brauchen eine Kontrolle durch den Rechnungshof, und da muss die Befugnis enthalten sein, auch in die Bücher zu schauen. (Abg. Stefan: Schön, dass Sie den Rechnungs­hof verteidigen, aber das ist ja ...!)

Außerdem muss es eine Sanktion geben, wenn gegen die Bestimmungen verstoßen wird, und es muss eine zeitnahe Veröffentlichung der Wahlkampfkosten geben; all das gibt es jetzt nicht. Und, was ganz wichtig ist: Es muss einen Straftatbestand der illegalen Parteienfinanzierung geben, denn nur dann, wenn es das gibt, kann die Staatsanwaltschaft auch Konten öffnen. Weder der Rechnungshof noch sonst jemand hat das Recht, Konten zu öffnen, und wenn diese Möglichkeit nicht besteht, dann besteht noch immer die Chance, etwas zuzudecken und nicht offenzulegen.

Wir haben daher ein System, das intransparent ist, und natürlich würde niemand die Parteien daran hindern, alle Spenden sofort, wenn sie sie bekommen, auf der Website zu veröffentlichen. Sie tun das nicht. Wir haben das im Bundesprä­sidentschafts­wahl­kampf vom ersten Tag an gemacht: 10 Euro oder einmal 100 000 Euro, alles wurde sofort auf der Website am selben Tag oder am nächsten Tag veröffentlicht. Das wäre alles möglich. Warum tun Sie es nicht? Das könnten Sie tun.

Natürlich wird es notwendig sein, auch zu prüfen, ob diese Offenlegung auch voll­ständig ist. Und bevor es da nicht Regeln gibt, Sanktionen gibt, auch eine Institution gibt, die diese Sanktionen verhängen kann – und da kommt der Rechnungshof infrage, der auch eine solche Befugnis für sich reklamiert –, wird sich da nichts ändern. Denn es ist wie beim Hund mit der Knackwurst: Die Versuchung ist wahnsinnig groß, diese Regeln zu umgehen. Daher: Wenn nicht nach Ibiza, wann dann ist man endlich bereit, hier für Transparenz zu sorgen? (Beifall bei den NEOS.)

10.13

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Drozda ist zu Wort gemel­det. – Bitte.