13.39

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Auch von meiner Seite alles Gute zum Geburtstag! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Aber vor allem auch in Richtung Wirtschaftsparlament aus Leoben und Graz: Schön, dass ihr bei uns seid! (Allgemeiner Beifall.)

Ich komme zu einem nicht so einfach zu verstehenden Sachverhalt, den wir hier dis­kutieren, zum Transparenzdatenbankgesetz.

Jetzt werden sich Zuseherinnen und Zuseher fragen: Worum geht es da? Um Fotografien, die man sich anschaut, geht es dabei nicht. Erlauben Sie mir, dass ich Sie kurz ein bisschen in die Vergangenheit führe, damit wir wissen, worüber wir disku­tieren, dann versteht man auch, warum wir da unterschiedliche Auffassungen haben!

Es ist jetzt fast ein Jahrzehnt her, da war die ÖVP noch schwarz und das Christlich-Soziale noch nicht türkis übermalt, der drittvorangegangene Parteiobmann Josef Pröll war damals Vizekanzler und Finanzminister. Schon damals hat die ÖVP ein bisschen die Frage gelockt: Wie kann man den Ressentiments von Wählerinnen und Wählern, die vielleicht eher dem plumperen Zugang der FPÖ folgen, entgegentreten, wie kann man denen Signale schicken? Josef Pröll hat dort schlaue Leute gehabt, die den Kolleginnen und Kollegen in der ÖVP vielleicht gar nicht so unbekannt sind.

Da war zum Beispiel der PR-Berater Daniel Kapp, später bekannt wegen seiner Social-Media-Seite House of Kapp, die übrigens – nur für die FPÖ-Abgeordneten unter uns – zufälligerweise mit dem Erscheinen des Ibizavideos plötzlich verschwunden ist. Das sind schlaue Leute gewesen, also Daniel Kapp allemal, und die kamen auf eine schlaue Idee, wie man mit Bürgerinnen und Bürgern kommuniziert, die Ressentiments haben, ohne die plumpe Art zu wählen – jetzt ist Herbert Kickl nicht da – und etwa „Daham statt Islam“ zu sagen oder das Ali-Video zu machen, wenn ich da an manchen Fauxpas der FPÖ erinnern darf.

Nein, man hat es eleganter gemacht. Josef Pröll hat eine Transparenzdatenbank vor­geschlagen und hat damit ein Signal an die Ressentimentbeladenen geschickt: Das sind ja alles Sozialschmarotzer, die Sozialhilfe oder etwas anderes in Anspruch nehmen! (Abg. Strasser: Transparenz, Herr Kollege! Wir reden den ganzen Vormittag schon von Transparenz!) Das war nicht ungeschickt. Wenn auch das Motiv das Gleiche war, war es geschickt gemacht: Man sendet das Signal aus, man unterstellt damit Bürgerinnen und Bürgern, dass sie sich deswegen um einen Antrag, um För­dergeld oder um einen Zuschuss anstellen, weil sie vielleicht die öffentliche Hand ein bisschen betakeln wollen.

Das macht man und kleidet es elegant, das war damals elegant. (Abg. Strasser: Das ist nur Beliebigkeit!) – Sie brauchen heute keinen Zwischenruf zu machen. Heute applaudieren Sie dem Vorschlag des Herrn Kickl, Flüchtlingen für ihre Arbeit 1,50 Euro zu zahlen. Wir haben ganz andere Zeiten, Sie kürzen die Familienbeihilfe für Mehr­kindfamilien. (Beifall bei der SPÖ.) Heute haben Sie den Anstand nicht mehr. (Ruf bei der ÖVP: Stimmt ja nicht!) Das ist ein Kompliment für Josef Pröll und seine Zeit, und Sie wären gut beraten, die ethischen Mindestanforderungen zurückzugewinnen, Herr Kollege.

Es ist noch etwas passiert: Die schlauen Herren haben damals überlegt, na, die SPÖ – da war noch Werner Faymann Bundeskanzler – wird dem nicht zustimmen, da könnten wir das Signal ausschicken: He, die SPÖ, der Schutzpatron der Sozialschmarotzer! Das wollte man, es ist aber nicht aufgegangen, denn die waren genau so schlau wie Ihre Leute. Werner Faymann und seine Leute haben gesagt: Machen wir die Trans­parenzdatenbank, aber da bleiben wir nicht bei den Ärmsten im Lande stehen, da wollen wir gerne alles hineinnehmen, auch diejenigen, die Steuerförderung in Anspruch nehmen – man darf ja nicht vergessen, damals war noch Herberstein und der Fall Waltraud Klasnic ein Begriff –, da wollen wir alle Förderungen drinnen haben. Da wurde das Gesetz geboren, und daran hängen wir heute noch, da immer wieder – jetzt schon wieder – daran nachgearbeitet wird.

Jetzt komme ich zu den Punkten, die für uns ein Problem sind: Es ist ein enorm daten­schutzproblematisches Gesetz, denn es werden persönliche Details – zum Beispiel, ob jemand behindert oder nicht behindert ist, ob er wenig oder viel Einkommen hat; all diese Dinge stehen da drinnen – bekanntgegeben. Es gibt gegen diese Regierungs­vorlage gravierende Einwendungen des Datenschutzrates und der Datenschutz­be­hörde. Meine Frage an Sie – und es kommen noch Redner –: Warum und wie haben Sie das bitte behoben? Oder kommt noch ein Abänderungsantrag mit der Behebung?

Frage zwei dazu: Warum ändern Sie genau einen der empfindlichsten Teile ab und ermöglichen dem Herrn Finanzminister – das bezieht sich nicht auf dich (in Richtung Bundesminister Müller), Herr Bundesminister, wir glauben, dass du das nicht miss­bräuchlich verwenden wirst –, dass die Frage, welcher steuerliche Vorteil noch da drin­nen vorkommt, an ihn delegiert wird und das nicht mehr im Gesetz steht?

Nachtigall, ich höre dich trapsen! Da denkt doch schon wieder irgendjemand, es könnte ja einen ÖVP-Finanzminister geben, und vielleicht ist dann ein unangenehmer Teil einer steuerlichen Förderung, von dem man nicht will, dass ihn die anderen Behörden oder Zugriffsberechtigten sehen oder dass er statistisch ausgewertet wird. Na ja, dann nehmen wir das einfach aus der Verordnung raus, und dieses Haus ist nicht mehr damit befasst. Ehrlich, Freunde, das ist zu beheben! Das ist auch der Grund dafür, warum ich einen Abänderungsantrag einbringe, der länger ist, daher verteilt wird, den ich mir daher erlaube, nur in seinen Grundzügen zu erläutern:

Wir wollen Änderungen im Bereich der Ziffer 4 haben. Wir wollen damit erreichen, dass der Familienbonus Plus und der Kindermehrbetrag ebenfalls in der Liste als Ziffer 16 aufgenommen werden. Wir wollen haben, dass die Datenklärungsstelle zusätzlich zur eigenen Kategorisierung eine einheitliche Kategorisierung vornimmt. Das bezieht sich ausdrücklich auf die Einwendungen, die von der Datenschutzbehörde gekommen sind. Wir wollen, dass sich der Umfang der Leseberechtigung in dieser Datenbank – hoch­sensible Daten, meine Damen und Herren – nach der Leistungskategorisierung richtet. Wir wollen auch, dass das in beiden Fällen, das heißt im § 32 Abs. 6 sowie im § 32 Abs. 5 aufgenommen wird. Und wir wollen, dass die Wortfolge „des Steuerungs­zweckes“, genau präzisiert in der Ziffer 25, durch „des Zwecks nach § 2 Abs. 1 Z 3“ ersetzt wird.

*****

Ich hoffe, dass wir mit diesen Änderungen ein bisschen die Zähne ziehen können.

Mein Appell an die Freunde von der Volkspartei: Dass ihr zwar versucht, die Res­sentiments anzusprechen, das kann man euch wahrscheinlich nicht wegnehmen, aber versucht, zum Stil und zur Form zurückzufinden, dass es nicht auf dem Niveau der Plumpheit ist – feinere Klinge, ethische Grundsätze, nicht zu applaudieren, wenn Men­schen im Mittelmeer sterben, das ist ganz wichtig, und zu versuchen, ganz elegant ein paar Signale auszusenden und das Christlich-Soziale in die Höhe zu halten. (Zwi­schen­ruf des Abg. Sieber.)

Ich verspreche euch, ich mag euch nachher mehr. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.47

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter Genossinnen und Genossen

zur Regierungsvorlage (626 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Transparenz­datenbankgesetz 2012 geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

die Regierungsvorlage (626 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Trans­parenz­datenbankgesetz 2012 geändert wird, wird wie folgt geändert:

1. Z 4 lautet:

„in § 7 Abs. 1 wird in Z 14 das „und“ durch einen Beistrich ersetzt, der Punkt in Z 15 durch ein „und“ ersetzt und nach Z 15 folgende Z 16 angefügt:

„16. der Familienbonus Plus und der Kindermehrbetrag gem. § 33 Abs. 3a und Abs. 7 EStG.““

2. In Z 12 lautet § 22 Abs. 2

„(2) Die Datenklärungsstelle hat zusätzlich zur eigenen Kategorisierung gemäß Abs. 1 eine einheitliche Kategorisierung aller Leistungsangebote auf der Grundlage der An­lage zu § 3 Abs. 1 der E-Government-Bereichsabgrenzungsverordnung, BGBl. II Nr. 289/2004, durchzuführen. Dabei soll der Gliederungsebene „Tätigkeitsbereich“ die Un­ter­ebene „Teilbereich“ hinzugefügt werden. Die Kategorisierung hat anhand der Rechtsgrundlage für die Erbringung der Leistung zu erfolgen. Die Kategorisierung hat so zu erfolgen, dass jeder abfrageberechtigten Stelle die erforderlichen Daten unter Wahrung der datenschutzrechtlichen Erfordernisse im Transparenzportal angezeigt wer­den können. Alle anderen von der leistungsdefinierenden Stelle übermittelten An­gaben hat die Datenklärungsstelle zu prüfen.“

3. In Z 24 wird in § 32 Abs. 5 folgender letzter Satz angefügt:

            „Der Umfang der Leseberechtigung richtet sich nach der Leistungskate­go­risierung.“

4. In Z 24 wird in § 32 Abs. 6 folgender letzter Satz angefügt:

            „Der Umfang der Leseberechtigung richtet sich nach der Leistungskatego­risierung.“

5. Z 25 lautet:

„25. Im § 34 erhält die bisherige Bestimmung die Absatzbezeichnung „(1)“. Die Wortfolge „des Steuerungszweckes“ wird durch die Wortfolge „des Zwecks nach § 2 Abs. 1 Z 3“ ersetzt.“

Begründung

Zu Z 1:

In der Regierungsvorlage wird eine VO-Ermächtigung des Finanzministers vorge­se­hen, die ertragssteuerlichen Ersparnisse durch Verordnung festzulegen. Diese soll aber weiterhin gesetzlich geregelt bleiben. Daher sollen auch der von der ehemaligen Bundesregierung beschlossene Familienbonus in die Liste aufgenommen werden.

Zu Z 2:

Mit der Regierungsvorlage wurde der Datenschutz in der Transparenzdatenbank aufgeweicht. Nach der derzeit gültigen Rechtslage wird der Ansatz „Datenschutz durch Technik“ („data protection by design“) verfolgt. Dieser entspricht auch, lt. Stellung­nahme der Datenschutzbehörde dem Prinzip der datenschutzfreundlichen Technik (auf Art. 25 DSGVO wurde verwiesen). Die Datenschutzbehörde hat die Ansicht vertreten, „dass der Umfang der Datenverarbeitung in einem angemessenen Verhältnis zum damit verfolgten Zweck (Verarbeitungsgrund) stehen muss. Diesem Grundsatz wurde durch die bisherige Formulierung des § 22 Abs. 2 Rechnung getragen.“ Aus diesem Grund soll die aktuelle Rechtslage beibehalten werden.

Zu Z 3 und Z 4:

Der Datenschutzrat hat in seiner Stellungnahme kritisiert, dass mit dem Entfall dieser Wortfolge im Vergleich zur geltenden Rechtslage eine wesentliche Schranke zur Ge­währleistung des Schutzes personenbezogener Daten beseitigt wird, derzeit würde nämlich sichergestellt werden, dass die abfrageberechtigten Stellen nur jene Daten abfragen können, die zur Erfüllung ihrer konkreten Aufgabe erforderlich sind. Diese für den Datenschutz wesentliche Bestimmung soll daher nicht entfallen.

Zu Z 5:

In der Gesetzesvorlage wurde die Auswertungsmöglich massiv ausgeweitet, aus den Erläuterungen ist nicht ersichtlich aus welchen sachlichen Gründen eine Auswertungs­möglichkeit zur Erfüllung des „Informationszweckes“, des „Nachweisezweckes“, des „Überprüfungszweckes“ oder des neu hinzugekommenen „Wirtschaftlichkeitszweckes“ sachlich erforderlich ist, weshalb die Regelung zu den Auswertungen wiederum auf den „Steuerungszweck“ nach § 2 Abs. 1 Z 3 verweisen sollen.

*****

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben in seinen Grundzügen erläuterte An­trag wurde verteilt, ist ordnungsgemäß unterzeichnet und steht mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ofenauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.