20.56

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Kollegin Kucharowits, Sie haben natürlich vollkommen recht: Sexu­alität ist tatsächlich – ja selbstverständlich, ich stimme Ihnen ja zu! – ein wirklich ent­scheidendes und wichtiges Thema, das in den Schulen behandelt werden muss.

Ich darf darauf verweisen: Frau Heinisch-Hosek – und ich bin dankbar, dass sie jetzt anwesend ist – hat als Bundesministerin im Jahr 2015 einen Grundsatzerlass über Sexualpädagogik herausgebracht. (Abg. Heinisch-Hosek: Erarbeitet!) Es war das ein Papier mit acht Seiten, ich habe es ziemlich genau studiert. Ich will nicht sagen, dass ich alles unterschreiben würde, was drinnen steht, das ist aber nicht der wesentliche Punkt. Der wesentliche Punkt darin ist, dass Sie drei wesentliche Dinge darin fest­gehalten haben.

Der erste wesentliche Punkt ist, dass Sexualkunde weit über die einzelnen Fächer hinausgehend, fächerübergreifend unterrichtet werden muss – verschiedene Fächer übergreifend. Zweitens: Sie muss über die gesamte Unterrichtszeit unterrichtet werden, von der Volksschule bis zum Ende der Ausbildung. Und drittens ist die Verantwortung in diesem Erlass interessanterweise den Lehrerinnen und Lehrern übertragen wor­den – und das ist sehr vernünftig! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Belakowitsch und Mölzer.)

Warum ist es sehr vernünftig? – Weil das nämlich diejenigen sind, die dann auch wirklich die Verantwortung einerseits vor der Gesellschaft tragen – weil sie auch kon­trolliert werden von den Direktionen, von der Bildungsaufsicht – und andererseits den Eltern gegenüber haben.

Ich bitte Sie zu bedenken, dass bei den Vereinen gerade diese drei Punkte nicht erfüllt sind: Die kommen kurzfristig. (Abg. Heinisch-Hosek: Aber nie ohne Zustimmung der Lehrer oder Eltern!) Die Vereine behaupten, die Kinder können bei ihnen frei sprechen. Ich muss Ihnen gestehen, es ist die Sexualität natürlich – auch wenn Frau Kollegin Kucharowits gesagt hat, das sei kein heikles Thema – ein Thema, das heikel oder, sagen wir lieber, subtil in der Hinsicht ist, dass es einen öffentlichen und einen privaten Bereich betrifft. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Belakowitsch und Mölzer.)

Und das Private ist, bitte schön, nicht vor irgendwelchen externen Experten oder auch nicht vor Lehrern zu diskutieren, sondern das ist eine Sache des Vertrauens der einzelnen Kinder, und wem sie vertrauen, ist bitte ihnen überlassen! Da können Sie nicht sagen: Du gehst zu diesem Experten hin, dort hast du Vertrauen zu haben, und sonst zu niemandem! – Also bitte schön, so einfach ist es mit diesen sogenannten Expertinnen und Experten nicht. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Belakowitsch und Mölzer. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Und bedenken Sie noch Folgendes: Immer wenn Frau Kollegin Hammerschmid von Expertinnen und Experten spricht, habe ich mir vorgenommen, ich ersetze das Wort durch „Ideologen“. Und es hat immer gestimmt. Es hat immer gestimmt! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Krainer: Es mag sein, dass es im ÖVP-Klub nur Ideologen gibt!)

Das ist wirklich ein heikler Punkt: Wo finden Sie die Kriterien Ihrer Expertisen? Die müssen Sie nämlich auch noch herausfinden. Das ist nicht so einfach. Sie glauben, da können Sie so locker darüber hinwegschauen. Das ist nicht leicht. Für mich sind da die Lehrerinnen und Lehrer die Ansprechpartner, weil nämlich bei ihnen die Kontrollfunk­tion funktioniert.

Jetzt noch ein weiterer Punkt: Wenn ich also wirklich wissenschaftlich vorgehe, wenn ich sage, ich mache jetzt Expertise – Sie können mir glauben, ein bisschen verstehe ich davon –, dann ist die Methodik jedenfalls unbestritten.

Bezüglich der Methode sehe ich drei Punkte: Das Erste ist die Skepsis, die man haben muss, die pyrrhonische Skepsis: Ist das wirklich so gut? Und da gibt es tatsächlich einige Fragen, die aufgeworfen werden, ob das wirklich das Beste ist. Viel besser ist es, wenn man weiß, dass die Lehrerinnen und Lehrer das machen, die sind dafür beauftragt. Der Grundsatzerlass zur Sexualpädagogik ist breit genug, dass er das ganze Feld umschreibt. Das hat Frau Kollegin Heinisch-Hosek damals wirklich weit gefasst.

Das Zweite ist dann die aristotelische Katharsis, dass ich mir nämlich sage: Ich reinige es von dem, was überflüssig ist.

Zum dritten Punkt: Leider ist Kollege Noll nicht da. (Abg. Noll: Ich bin schon da!) – Ah, er ist da! Der dritte Punkt ist das Ockhamsche Messer: Entia non sunt multiplicanda praeter necessitatem. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) – Wenn ich in der Schule wirklich alles haben kann, was ich von der Sexualpädagogik erwarte – im öffentlichen Bereich, nicht im privaten, das Intime ist für sich allein –, dann nehme ich es und brauche es nicht zu verdoppeln. – Es ist wirklich gut so.

Wir haben dieses Vertrauen in die Lehrpersonen  das müssen wir natürlich haben –, und diese Lehrpersonen haben diese Verpflichtung, das durchzuführen. Das ist ganz selbstverständlich. Wir wollen das haben. Es ist nicht so, dass die Sexualpädagogik eliminiert werden soll. Sie soll nur von jenen durchgeführt werden, die auch wirklich dafür ausgebildet werden (Abg. Heinisch-Hosek: Ja, und die Lehrer ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Cox.) und die auch dafür von den Bildungsinstitutionen kontrolliert werden, und das sind die Lehrer! (Beifall bei der ÖVP. Abg. Wöginger: Eigentlich logisch!)

So betrachtet werden wir nur einen einzigen Begriff brauchen und nicht zwei. Wir werden den zweiten mit dem Ockhamschen Messer einfach wegschneiden. (Zwischen­ruf der Abg. Cox.) Wir haben damit eine klare Lösung getroffen. Und es ist den Vereinen – und es gibt natürlich gute Vereine, keine Frage – freigestellt, dass sie das außerhalb des Regelunterrichtes durchführen, sie haben dazu alle Möglichkeiten. Sie haben alle Möglichkeiten, auch die Lehrpersonen mit ihrer Expertise zu beraten. Es sind alle Möglichkeiten gegeben. Es gibt nur eine klare Trennung, das ist der Vorteil. (Abg. Heinisch-Hosek: Aber die Schulhoheit ...!) Wir haben sie nicht hinausgeworfen, wir legen nur eine klare Trennung vor: Da ist Schule und da ist nicht Schule – und das ist viel vernünftiger. (Abg. Heinisch-Hosek: Nein!) Das ist gut so, und darum werden wir das auch beschließen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

21.02

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hager-Hämmerle. – Bitte.