21.09

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (JETZT): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Manchmal stelle ich mir echt die Frage, ob ich hier im Hohen Haus wirklich im Jahr 2019 bin. (Beifall bei JETZT sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.) Zu später Stunde habe ich aber natürlich etwas vorbereitet, damit wir im Jahr 2019 ankommen. (Die Rednerin hält ein Plakat in die Höhe, auf dem in der Mitte die grafische Abbildung einer Klitoris und rundherum die Aufschriften „Designer­kleiderbügel?“, „Orchidee?“, „Schwangere Taube?“, „Mumu?“, „Hoden?“, „Hintern?“, „Drache?“ zu sehen sind, und geht damit durch die Reihen der Abgeordneten.) So, wir machen ein kleines Ratespiel. (Abg. Belakowitsch: Nein, das machen wir nicht, das ist das Parlament!) Herr Präsident, Herr Minister, Sie können gern mitmachen. (Heiterkeit bei JETZT sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.) Was sieht man hier? (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Beifall bei JETZT.) – Ich komme noch zur ÖVP, keine Sorge. (Abg. Belakowitsch: Sie verlassen das Rednerpult! Sie haben das Red­nerpult verlassen! Abg. Schimanek: Was soll das? Abg. Belakowitsch: Wenn sie das Rednerpult verlässt, ist die Rede beendet, tut mir leid! Herr Präsident, die Rede ist beendet!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete, die Rede ist vom Rednerpult aus und nicht zwischen den Gängen zu halten. Ich würde Sie darum bitten, das einzuhalten.

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (fortsetzend): Herr Präsident, ich habe nicht ge­sprochen, ich habe nur gezeigt. Jetzt spreche ich wieder. (Beifall bei den NEOS. Ruf: Klitoris!)

Vom Rednerpult aus: Was ist das? Sie haben es gesehen. Wir machen ein Ratespiel. Hat jemand Vorschläge? – Sonst hätte ich ein paar Vorschläge von meiner Seite. (Abg. Hauser: Wir sind ja nicht in einer Prüfung, bitte, und wenn einer prüft, dann ich, weil ich bin der Lehrer!) Hat jemand Vorschläge? (Ruf: ... von einem Frauenbauch! – Heiterkeit bei SPÖ und JETZT.) Was haben Sie hier gesehen? Hoden? – Nein. Drache? – Nein. Designerkleiderbügel? – Auch nicht. (Abg. Schimanek: Das geht auf keine Kuhhaut, was Sie hier aufführen!) Gut, gibt es noch Vorschläge?

Wenn es keine Vorschläge mehr gibt, kläre ich Sie gerne auf: Es handelt sich hier um eine Klitoris. Eine Klitoris ist ein weibliches Sexualorgan. Dieses weibliche Sexualorgan hat 8 000 Nervenenden, nicht nur ein kleines Knöpfchen am oberen Ende der Vulva. (Die Rednerin hält das Plakat neuerlich in die Höhe. Heiterkeit bei der SPÖ.) So, das ist eine Klitoris – die ganze. Es geht nicht nur um den Knopf. Sie hat zwei Schenkel, eine Länge von 8 bis 12 Zentimetern (anhaltende allgemeine Heiterkeit), Drüsen, Schwellkörper und Nervenstränge – aus all dem besteht dieses Sexualorgan. (Die Rednerin stellt das Plakat auf den Boden hinter das Rednerpult. Abg. Mölzer: Wir sind nicht im 19. Jahrhundert ... das wäre in den Siebzigerjahren gut gewesen!)

Ich finde es großartig, dass Sie jetzt gerade alle so mitmachen! Genitale Schwellkörper sind bei Frauen und Männern gleich groß – das ist die Überraschung –, aber bei den Frauen liegen sie innen. Viele wissen das nicht.

Es würde mich an dieser Stelle echt interessieren: Unterrichten Sie so etwas zu Hause? Stellen Sie sich vor Ihre Tochter hin und beschreiben, wie eine Klitoris von innen aussieht (Abg. Mölzer: Ist das Biologieunterricht? Zwischenruf des Abg. Stefan), nicht nur, wie eine Klitoris funktioniert, sondern dass die Klitoris nicht nur die Klitoriseichel ist, die man sieht, sondern auch innen liegt? Das würde mich echt interessieren. Vorhin hat die Kollegin gesagt, man soll den Kindern das zu Hause erklären. Ich frage mich, wie viele Frauen und Männer, Kolleginnen und Kollegen das ihren Töchtern in dieser Art und Weise bereits erklärt haben, denn das nennt man Sexualkunde. (Abg. Belakowitsch: Gar nicht, meine Tochter ist acht!) Da spricht man nicht nur von einem weiblichen Geschlechtsorgan – und ja, die Klitoris bereitet mir und anderen Frauen Freude! Und wissen Sie was? – Dafür kommt man nicht in die Hölle! (Heiterkeit und Beifall bei JETZT, SPÖ und NEOS.) Und: Nein, es steigert auch nicht meine Ichbezogenheit, darüber kann man im Jahr 2019 auch offen sprechen.

Und genau wegen dem, was ich hier erlebe – dieses Gelächter, die peinliche Stille –, brauchen wir Expertinnen und Experten in den Schulen (Beifall bei JETZT, SPÖ und NEOS), denn die sind genau auf solche Momente der Peinlichkeit vorbereitet, auf solche Momente, in denen sich Kinder und Jugendliche vielleicht mit Situationen und mit Dingen auseinandersetzen, die ihnen nicht angenehm sind. (Zwischenruf des Abg. Gödl.) Wir reden hier über pubertierende Kinder, wir reden hier über Kinder, die aus Elternhäusern kommen, in denen genau das Tabuthemen sind. Genau deswegen gehören Expertinnen und Experten in die Schulen, und es gibt genug Vereine.

Ich finde es echt krass, ich finde es arg, dass Sie dem ehemaligen Bildungsminister Faßmann so hinterhertreten (Abg. Belakowitsch: Ich finde Sie krass!), denn was hat er gemacht? – Er hat gesagt, es gibt viele Vereine in den Schulen. Es gibt gute, es gibt schlechte. Was hat er gesagt? – Okay, dann schauen wir uns diese Vereine einmal an, schauen uns an, welche Vereine wir überhaupt in den Schulen haben und was sie machen, erstellen wir ein Akkreditierungsverfahren und schauen darauf, dass wir in den Schulen Qualität haben, dass Sexualpädagogen Sexualkunde unterrichten, die standesgemäß ist! (Abg. Mölzer: Schrecklich!)

Und was machen Sie? – Sie wollen alle Vereine raushauen und das den Lehrerinnen und Lehrern übergeben!? Unsere Lehrerinnen und Lehrer haben schon so viel zu tun, jetzt sollen sie auch noch SexualpädagogikexpertInnen sein? Sie sollen Digitalisie­rungs­expertInnen sein, sie sollen PädagogInnen sein, sie sollen SozialarbeiterInnen sein, und jetzt sollen sie auch noch Sexualkunde einfach so nebenbei erwähnen! (Abg. Mölzer: Ich hoffe schon, dass sie Pädagogen sind, oder? Abg. Belakowitsch: Nicht nur sein sollen!)

Was wir, glaube ich, brauchen, ist Raum für genau diese Diskussionen, für genau diese peinlichen Momente, die wir hatten, für genau das Gelächter, das wir hier gehört haben – genau dafür brauchen wir Raum mit den Experten und Expertinnen. (Abg. Belakowitsch: Na, das kann man sich nicht anhören, den Quatsch! – Zwischenruf des Abg. Mölzer.– Herr Kollege, Sie können mir gerne zuhören, damit Sie wissen, was ExpertInnen dazu sagen, nämlich Folgendes: LehrerInnen meiden sehr oft Sexual­kunde und haben einen zu biologischen Blickwinkel. So können Jugendliche nicht geeignet in ihrer psychosexuellen Entwicklung unterstützt werden, denn gerade das Sprechen über emotionale und soziale Probleme, Scham, Angst, Geschlechtsiden­titä­ten und Begehren ist ein wesentlicher Teil davon. – Das sagt Barbara Rothmüller, sie ist Bildungssoziologin und Lehrbeauftragte an der Universität Wien.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz, bitte.

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (fortsetzend): Habe ich gar keine Zeit mehr, oder haben wir noch 5 Minuten? Ich glaube, wir haben noch Zeit übrig, wenn ich richtig informiert bin. – Ja, ich habe noch Zeit.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Sie haben keine Zeit mehr! Die Zeit ist abgelaufen! (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ.)

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (fortsetzend): Gut, dann werde ich jetzt noch die Forderungen platzieren. Letzter Satz: Wir brauchen verbindliche Qualitätskriterien, wir brauchen eine staatliche Finanzierung, wir brauchen eine breite Auseinandersetzung mit Sexualpädagogik in Bildungseinrichtungen und Schulen, die sich autonom für externe ExpertInnen entscheiden können. Wir müssen im Jahr 2019 ankommen und wir müssen darüber reden! (Beifall bei JETZT, SPÖ und NEOS. Abg. Belakowitsch: Worüber müssen wir jetzt reden?)

21.16

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lindner. – Bitte. (Abg. Krainer – zu der das Rednerpult verlassenden Abg. Cox –: Das war jetzt sehr eindrucksvoll!)