15.46

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Geschätzter Herr Justizminister! Wenn wir uns ansehen, was sich seit dem internen ÖVP-Putsch und dem Sprengen der letzten Regierung durch Sebastian Kurz in diesem Land abge­spielt hat, dann bleibt man eigentlich mit bloßem Staunen zurück.

Begonnen hat es mit einem der schmutzigsten Wahlkämpfe der Zweiten Republik, in dem die ÖVP kalkuliert und mit voller Absicht die Wahlkampfkostenbeschränkung und somit ein Gesetz dieser Republik gebrochen hat.

Und es ist weitergegangen: Erinnern wir uns an den patscherten Abhörskandal, den die FPÖ damals publik gemacht hat, bei dem Ex-Vizekanzler Strache eine alte Stand­leitung in das Plenum gefunden und geglaubt hat, das wäre der große Lauschangriff der Illuminaten – eigentlich ein interessantes Vorspiel, wenn man sich in Erinnerung ruft, was dann noch alles gekommen ist.

Im weiteren Verlauf hat es sich fortgesetzt: Es gab einen Nacht-und-Nebel-Übergriff auf den Verfassungsschutz. Es ist weitergegangen mit der De-facto-Aufkündigung der Sozialpartnerschaft und, um es fortzuführen, dem Abbau von Arbeitnehmerrechten – wir haben heute schon darüber diskutiert –, Postenschacher in staatsnahen Be­reichen – aktuelle Ermittlungen laufen –, dem Umbau der Sozialversicherungen inklu­sive der Festschreibung von türkis-blauer Entscheidungshoheit gegen die Mehrheit der Versicherten. Man könnte – oder muss eigentlich – davon sprechen, dass sich in diesem Bereich ein Ende der Selbstverwaltung abzeichnet.

Es gab dann türkise Feste, Familienfeste auf Kosten der Steuerzahler. Ja, und schließ­lich – um wieder auf den Lauschangriff zurückzukommen – erfolgte der tatsächliche Lauschangriff, nämlich auf Ibiza. Dieser war eigentlich schon lange erfolgt, denn er hat sich eigentlich vor der Wahl 2017 abgespielt, und die Falle selbst war lange gelegt und entsprechend auch vorbereitet – von Leuten, die ihr Handwerk verstanden haben, von Hintermännern, die einerseits über das nötige Kapital verfügt haben und andererseits diese geheimdienstliche Operation über Monate hinweg geplant haben, und von Hintermännern, die auch ein irrsinnig großes Interesse daran gehabt haben müssen, die FPÖ im nächsten Schritt erpressen und kontrollieren zu können.

Heute wissen wir immer noch nicht, wer es war, nur eines wissen wir ganz genau: Es waren sicher nicht linke Aktivisten oder, wie sie oft von den Rechten bezeichnet wer­den, die Gutmenschen dieses Landes – nein, denn die hätten dieses Video schon vor der Wahl nach außen gespielt, damit es nicht zu diesem Sozialabbauprogramm kommen kann, das wir dann in den letzten zwei Jahren gesehen haben.

Ich möchte aber an die letzten zwei Jahre Sebastian Kurz in dieser Regierung an­schließen. Es kommt dann zu einer E-Mail-Affäre, ganz klar, Schriftstücke würden mutmaßlich belegen, dass Sebastian Kurz und die ÖVP vom Ibizavideo nicht so überrascht gewesen sind, wie sie getan haben. Diese Schriftstücke hat bis zu diesem Zeitpunkt noch niemand gesehen, niemand, aber es ist behauptet worden, die seien gefälscht, ganz klar. Es hat sie zwar niemand gesehen, aber sie würden belegen, dass schon zuvor Einblicke stattgefunden haben und schon davor Wissen vorhanden gewesen ist, wie es zu Ibiza gekommen ist. Aber: Niemand hat sie gesehen, und sie wurden entsprechend auch für unwahr erklärt und als Fälschungen bezeichnet.

Ganz klar ist aber, es hat etwas anderes gegeben, was keine Fälschung ist, was wir alle miteinander sehen konnten, nämlich das Video, auf dem ein hoher ÖVP-Mitar­beiter des Kanzleramtes zu sehen ist, wie er unter falschem Namen, sichtlich nervös und ohne die Rechnung zu bezahlen, fünf Festplatten schreddern lässt, mehrmals, und dann noch die Brösel mitnimmt. All das haben wir mit unseren eigenen Augen sehen können.

Die ÖVP hat ein paar Tage später erklärt, das ist ein ganz normaler Vorgang, wie er anscheinend in Österreich überall üblich ist. (Abg. Steinacker: Das hat die Frau Bundeskanzlerin bestätigt, Frau Kollegin!) – Also wirklich, ist so etwas mittlerweile üblich in Österreich? Ist das der gute Ton in Österreich? Also wenn ich Drucker­fest­platten des Bundeskanzleramtes schreddern lassen möchte, dann könnte doch ein ganz normaler Vorgang im Bundeskanzleramt auch sein, bei Reisswolf anzurufen und zu sagen: Ja, Reisswolf, du, wir hätten da wieder ein paar Druckerfestplatten zum Schreddern, kommt vorbei! Dienstag passt super, ja, klar, Rechnung bitte zu Handen Sebastian Kurz! (Zwischenruf des Abg. Prinz.) – All das ist nicht passiert, in keiner Weise passiert! Nach meinem Verständnis ist das alles andere als ein ganz normaler Vorgang, was wir auf diesem Video sehen konnten.

Ja, und wir sind noch immer nicht fertig. Es hat sich noch einiges in den letzten zwei Jahren zugetragen: Es brachen die Spendenskandale plötzlich wie eine Flut über die Österreichische, über die neue Volkspartei herein. Kurz hat im Wahlkampf 2017 im Fernsehen erklärt – wir haben das auf Video und Sie können es sehr gerne nachsehen –, dass er doch offensichtlich etwas zu verbergen hätte, würde er Spenden nicht trans­parent machen. Ja, und heute? – Heute wissen wir, dass Großspender Millionen­beträge, am Rechnungshof vorbei, gestückelt haben.

Und das geht noch weiter: Kurz verkündet auch, dass es überwiegend Klein- und Kleinstspender seien, die die ÖVP, die neue Volkspartei finanzieren und unterstützen würden. Ja, und heute wissen wir, dass die Spenden zu 98 Prozent von Milliardären und Millionären gekommen sind.

Also, um das vielleicht zusammenzufassen: Draußen auf dem Land würde man sagen, da wird vonseiten der ÖVP-Führungsebene einfach gelogen. Wir in diesem Haus können nur sagen, dass hier ganz deutlich die Unwahrheit ans Licht gekommen ist.

Und was veranlasst uns jetzt dazu – da möchte ich bei Ihnen anschließen, Herr Justizminister –, was veranlasst uns jetzt dazu, zu glauben, dass sich dieser zwei­jährige Wirkungskreis schließt und die Daten, die einen erneuten geplanten Bruch eines Gesetzes, nämlich jenes, in dem die Wahlkampfkostenbeschränkung festge­schrie­ben ist, durch die ÖVP beweisen würden, jetzt gefälscht seien?

Auf die Buchhaltung und darauf, ob die Buchhaltungsdaten, wie bereits mehrmals verkündet worden ist, entnommen worden sind, verändert worden sind und wieder eingepflanzt worden sind, sind Sie in Ihren Ausführungen in keiner Weise einge­gangen. Dazu wird vonseiten der Staatsanwaltschaft nicht ermittelt. Das heißt, zu sämtlichen Behauptungen, die hier im Raum stehen, es seien gefälschte Daten und nicht die Originalbuchungsbelege der Österreichischen Volkspartei, haben Sie sich in der Beantwortung der Dringlichen Anfrage nicht geäußert. Das heißt, es könnte ge­nauso gut sein, dass die Volkspartei genau das macht, was sie schon im Wahl­kampf 2017 gemacht hat, nämlich den geplanten und vorsätzlichen Bruch österreichi­scher Gesetze, das heißt, die Wahlkampfkostenobergrenze zu überschreiten.

In der Anfragebeantwortung ist auch kein Wort zu folgender Frage gekommen: Können Sie ausschließen, dass es vielleicht nicht ein Hackerangriff war, sondern es sich um einen Maulwurf oder einen False-Flag-Angriff gehandelt hat, um eine Vortäuschung? (Abg. Haubner: Da haben Sie nicht aufgepasst!) Kann man ausschließen, dass es sich nicht nur um einen Datenabfluss, um ein Datenleak, wie Sie gesagt haben, gehandelt hat, sondern um einen Maulwurf oder einen False-Flag-Angriff? Ich bitte Sie, das noch einmal ganz konkret zu beantworten, denn nach meinem Dafürhalten hat die Beant­wortung dieser Dringlichen Anfrage sehr viele Fragen offen gelassen. (Abg. Wöginger: Die war brillant!)

Es ist vieles noch nicht geklärt, eines ist aber sonnenklar: Millionäre sind keine Mildtäter, die gehen nicht her und sagen: Jö, schau, der Sebastian und der Gernot schauen so schlecht aus, ich spende jetzt ein paar Millionen! (Abg. Wöginger: Da hat jetzt schon der erste Teil des Satzes nicht gestimmt! Die schauen nicht schlecht aus!) Nein, Millionäre, die investieren, wollen für ihr Investment auch etwas sehen. Zuerst wollen sie ihr Investment in Form von Gesetzen und dann in Form von Euros umge­setzt sehen – und genau das ist es, was in dieser Republik passiert.

Ich will dazu beitragen, dass sich etwas ändert, und würde mir wirklich wünschen, dass die Menschen in diesem Lande mit dieser gekauften Politik Schluss machen, ein für alle Mal! – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

15.56

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Karl Nehammer. – Bitte. (Abg. Wöginger – in Richtung JETZT –: Das Röhrl hat’s heute wieder g’scheit zerrissen da hinten!)