12.00

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Innenminister! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Hohes Haus! Das Thema Asyl wird immer kontroverser, auch immer sehr emotional diskutiert, aber ich finde, das muss nicht sein. Selbstverständlich – und das weiß, glaube ich, jeder von uns hier – brauchen wir eine Reform des Asylsystems. Wir brauchen ein neues, ein ge­ordnetes, aber vor allem ein europäisches Asylsystem, wir brauchen eine europäische Asylstrategie und eine europäische Migrationsstrategie, aber da braucht es nicht viele Emotionen, das Ganze kann natürlich vernünftig, evidenzbasiert, basierend auf Fakten und natürlich basierend auf unseren europäischen Werten erfolgen.

Natürlich braucht es ein EU-Außengrenzmanagement. Es braucht natürlich eine effekti­ve Kontrolle der EU-Außengrenzen. Das ist ja nichts Neues, und dagegen sagt auch niemand irgendetwas. Daher verstehe ich auch nicht, warum die freiheitlichen Abge­ordneten heute hier so eine Dramatik aufzeigen. Wir befinden uns aber im Wahlkampf, und ich glaube auch zu wissen, warum Sie das alles jetzt so hochschrauben: Sie ha­ben sonst keine wirklichen Themen, die Sie jetzt im Wahlkampf bringen. (Abg. Schi­manek: Ah geh, Alma, bitte!) Sie machen weder etwas im Klimaschutz, noch machen Sie etwas für den sprichwörtlichen kleinen Mann. (Abg. Kassegger: Warten Sie auf heute am Nachmittag!) Das Einzige, was Ihnen bleibt, sind schon wieder die Auslän­der, die Geflüchteten, die Migranten, die für Ihre fehlende Politik herhalten müssen.

Zurück zum Asylsystem: Es bedarf natürlich weitaus mehr als nur der Kontrolle der Außengrenzen. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir uns auf andere Sachen und nicht nur auf die Grenzen fokussieren, denn uns nur auf die Grenzen zu fokussieren bedeutet, den Kopf in den Sand zu stecken – und zu glauben, dass man nicht gesehen wird. Wir müssen uns ernsthaft um die Fluchtgründe kümmern. Das darf kein Lippen­bekenntnis sein.

Schauen wir uns an, was in den letzten zwei Jahren passiert ist! – Der EU Emergency Trust Fund for Africa hat von Österreich gerade einmal 6 Millionen Euro bekommen; Österreich bildet auf europäischer Ebene somit das Schlusslicht. Deutschland hat 30-mal mehr geliefert, nämlich 165 Millionen Euro. Vor uns platziert sind auch Tsche­chien und die Slowakei, und sogar der von Ihnen so geschätzte Herr Orbán zahlt mehr in diesen Trust Fund ein als Österreich. Auch das World Food Programme oder die UNHCR haben in den letzten zwei Jahren fast um 90 Prozent weniger als in den Jah­ren zuvor bekommen. Also reden wir nicht über die Fluchtursachen, sondern tun wir etwas! Meine Kollegin Stephanie Cox hat es ja schon gesagt: Tun ist mehr als nur re­den! (Beifall der Abg. Cox.)

Anstatt die Fluchtgründe und Fluchtursachen zu bekämpfen, befeuern wir die Flucht­gründe noch zusätzlich. Was machen wir? – Die europäischen Waffenexporte steigen an, die Zahlen gehen in die Höhe; das befeuert die Fluchtgründe. Die Handelsabkom­men oder unfaire Handelsbeziehungen führen dazu, dass Menschen in den ärmsten Ländern die Existenzgrundlage entzogen wird. Nicht zu vergessen ist natürlich die Erd­erwärmung, die auch dazu führt, dass Menschen nicht mehr nachhaltig dort leben können, wo sie zu Hause sind. Kümmern wir uns darum! Kümmern wir uns darum, dass die Herkunftsländer, die Transitländer und die Ankunftsländer die notwendige Un­terstützung bekommen!

Gerade weil wir heute hier im Hohen Haus sind, ist es mir schon wichtig, etwas auf­zuzeigen, Herr Kickl und Herr Bösch – und ich glaube, auch andere freiheitliche Abge­ordnete haben es in ihren Reden erwähnt –: Sie haben schon wieder bewusst den Begriff Festung Europa verwendet, nicht ganz unabsichtlich, sondern sehr bewusst! Ich glaube, wenigen hier ist bewusst, dass die Festung Europa eine Begrifflichkeit ist, die aus dem Nationalsozialismus stammt. Es ist ein Begriff, der zu Beginn des Zweiten Weltkrieges geprägt wurde, um die Stärke gegen die Alliierten zu signalisieren. Hitler selbst hat die Gebiete, die damals von den Nazis besetzt waren, als Festung Europa bezeichnet, die es zu schützen gilt und die gemeinsam gegen die anderen zu kämpfen hat. In jüngster Zeit wird dieser Begriff wieder verwendet, nämlich von den neuen Rechten und von den Rechtsextremen, und ich schäme mich, dass dieser Begriff hier im Hohen Haus wieder verwendet wird! (Beifall bei SPÖ und JETZT. – Präsidentin Bu­res gibt das Glockenzeichen.)

Ich glaube, wir kommen in dieser Debatte auch ohne Begrifflichkeiten des Nationalso­zialismus aus. (Beifall bei SPÖ und JETZT.)

12.06

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing.in Martha Bißmann. – Bitte.