12.22

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Mi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren, die Sie zusehen! Ja, reden wir über Bremsen – Bremsen sind ja nützliche Dinge, wenn man sie für das Richtige verwendet. Es gibt etliche Dinge, die Bremsen benötigen: aus mei­ner Sicht zum Beispiel Parteien, die den Anschein erwecken, dass Millionäre ihre Poli­tik maßgeblich beeinflussen können, Autos, die mit 140 km/h unterwegs sind, gehören definitiv gebremst, schon aus Klimaschutzgründen, Mietwucher, Pflegenotstand und, ja, die Klimakrise. Da muss man bremsen, da muss vorgesorgt werden, dass das auf­hört. Aber das, was nicht ausgebremst werden soll, geschätzte Kolleginnen und Kolle­gen, sind Investitionen in die Zukunft der Menschen. Und diese sogenannte Schulden­bremse ist nichts anderes als eine Wachstums- und Investitionsbremse, ein Marketing­schmäh, der die Tugend der Sparsamkeit vorgaukelt und nicht lebt und in Wirklichkeit beabsichtigt, die Lebensqualität zukünftiger Generationen zu verschlechtern und für die Superreichen Politik zu machen. Das ist die Intention dieser Bremse. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe in dieser Debatte immer wieder den Vergleich mit einer Familie gehört, die ein Einfamilienhaus finanziert; genau daran sehen wir aber, wie fehlgeleitet diese Intention ist. Selbstverständlich kann man Häuser nicht ohne Kredite finanzieren, sonst gäbe es in Österreich keine Einfamilienhäuser – bis auf einige wenige, bei denen man nicht fremdfinanzieren muss. Und wenn man das Ganze ein bisschen höher anlegt: Bei der Republik ist es ja genauso, unsere Schienen, unsere Krankenhäuser, unsere Straßen, unsere Spielplätze, unsere Schulen sind alle so finanziert worden. Und hätten wir diese Schuldenbremse, diese Investitionsbremse schon gehabt, dann gäbe es das alles nicht.

Geschätzte Damen und Herren! Da kommt noch etwas dazu, was ganz wichtig ist: Die Republik, der Staat, muss in Zeiten, in denen es nicht so gut geht, handeln können, er muss beispielsweise die Arbeitslosigkeit bekämpfen können. Und was wäre die Konse­quenz dieser Bremse, wenn es jetzt mit der Konjunktur wieder bergab geht? Ich frage Sie, geschätzte Damen und Herren: Was wäre die Konsequenz? – Die Konsequenz wäre, dass keine Arbeitsmarktmaßnahmen mehr finanziert werden könnten, keine Bil­dungsprogramme mehr finanziert werden könnten.

Einige von Ihnen haben die Verlängerung der Aktion 20 000 zum Glück jetzt mitbe­schlossen. Wenn wir diese Bremse gehabt hätten, wären über 50-jährige Langzeitar­beitslose in Zukunft noch länger arbeitslos. Das wäre das Resultat dieser Maßnahmen, und das ist nicht unser Zugang zu diesen Fragen, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Oder reden wir über Klimaschutz: Der Klimaschutz wird nicht durch heiße Luft hier herinnen stattfinden, die Klimakrise wird nicht durch unsere Reden gebremst, sie wird durch Maßnahmen gebremst. Schauen wir uns beispielsweise den Verkehr an: Was ist mit der Nahverkehrsmilliarde bei der Schuldenbremse? – Die wird es nicht geben. Was ist mit dem Ausbau der Strecke Graz–Linz? – Den wird es genauso wenig geben. Die­se Bremse bedeutet dann: kein Klimaschutz. Und das ist das, was Sie mit dem, was Sie hier beschließen, anscheinend vorhaben, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hanger: Sie haben keine Ahnung!)

Sie schlagen dann noch das deutsche Modell vor – das deutsche Modell. Ich weiß nicht, warum Deutschland für Sie immer ein Vorbild ist, aber selbst die Deutschen sind sich selbst keines mehr (Zwischenruf des Abg. Stefan), weil sie wieder von dieser Schuldenbremse weggehen, denn: Was hat sie verursacht? – Die Schuldenbremse gilt ja nicht nur für die Republik, sondern sie gilt auch für Gemeinden, und Gemeinden, die boomen, brauchen Investitionen, Gemeinden, die wachsen, brauchen mehr Schulen, mehr Kinderspielplätze, öffentlichen Verkehr, das Kanalnetz muss ausgebaut werden. Wer soll denn das finanzieren, wenn nicht diese Gemeinden selbst, indem sie Kredite aufnehmen?

Sie schränken mit dieser Bremse alle in ihrem Wachstum ein (Abg. Hanger: Also noch mehr Schulden, sagen Sie es laut! Noch mehr Schulden!), Sie verhindern, dass Klima­schutz betrieben wird, und Sie verhindern, dass in Zukunft die Arbeitslosigkeit bekämpft wird. Das ist das, was Sie mit Ihrer Maßnahme verursachen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen: Lassen Sie sich nicht von diesem Marketinggag blenden! (Abg. Meinl-Reisinger: Was ist es jetzt, eine ... oder ein Marketinggag?) Lassen Sie sich nicht blenden! Ich meine, ja, wenn jemand eine Bremse braucht, eine Schuldenbremse – ich schaue jetzt zur ÖVP, Sie hätten das wahrscheinlich notwendig – oder eine Spesen­bremse – da schaue ich zur FPÖ –, aber dieses Land braucht Investitionen in die Zu­kunft und keine Bremser, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

12.26

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Peter Haubner. – Bitte.