17.13

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehr­ter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und - - (Abg. Leichtfried: Präsidentin!) Frau Präsident! Habe ich mich versprochen? Also Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Vize­kanzler! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir ha­ben hier das Gewaltschutzgesetz, das sehr viele Punkte umfasst. Ich möchte kurz noch ein paar aufzählen, damit Sie auch sehen, dass das ein sehr weitreichendes Pro­jekt ist, das da umgesetzt wird. (Abg. Erasim: Haben Sie gerade zugehört?)

Es beginnt zum Beispiel mit der Verlängerung der Verjährungsfristen im Zivilrecht bei Sexualstraftaten, weil wir bisher die unbefriedigende Situation hatten, dass zwar ein Täter nach dem Strafrecht noch länger bestraft werden konnte, das Opfer aber dann nicht mehr die Möglichkeit hatte, zivilrechtlich vorzugehen, das heißt also, Schadener­satzansprüche geltend zu machen. Das war vielleicht ein Fehler, ein Versehen, jeden­falls wird das mit diesem Gesetz nachgeholt, dass auch da die Verjährungsfristen erst später, mit Eintritt der Volljährigkeit, beginnen, weil gerade minderjährige Opfer das oft verdrängen oder es sich nicht zu sagen trauen oder nicht gehört werden oder wie auch immer – also eine Maßnahme, die, denke ich, auch auf allgemeine Zustimmung trifft.

Wir haben eine Reihe von anderen Maßnahmen wie etwa ein lebenslanges Tätigkeits­verbot für Straftäter, die Sexualstraftaten begangen haben. Diese haben ein Verbot, mit Kindern und wehrlosen Personen beruflich oder auch im Rahmen von Vereinen und so weiter tätig zu sein. Das soll natürlich kein Berufsverbot für diese Menschen sein, das ist nicht der Sinn der Sache, sie sollen aber konkret nicht mehr mit Kindern und wehrlosen Menschen zu tun haben können. Das haben wir lange gefordert, und ich bin sehr froh, dass wir das umsetzen können. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Mahrer.)

Wir haben zu dem Thema der Anzeigepflicht schon vieles gelesen und gehört, und wir haben es uns nicht leicht gemacht, hierüber eine Regelung zu treffen. Wir haben uns sehr bemüht, weil wir wissen, dass es ein heikles Thema ist, wenn ein Psychologe, ein Psychotherapeut eine Meldeverpflichtung hat. (Zwischenruf der Abg. Duzdar.) Daher ha­ben wir das ganz konkret und massiv eingeschränkt, und zwar darauf, dass eine voll­jährige Person selbst entscheiden kann, ob es gemeldet werden soll. Sie kann das - - (Abg. Heinisch-Hosek: Aber wird sie aufmerksam gemacht? Wie passiert das?)

Erstens einmal will der Psychologe wohl selbst nicht unbedingt melden, zumindest ha­ben alle Zuschriften gezeigt (Abg. Heinisch-Hosek: Aber Sie haben auch Zahnärzte dabei! Alle! ... medizinische Gesundheitsberufe, Hebammen!), dass der Psychologe grundsätzlich das Vertrauensverhältnis mit seinen Patienten hat, und daher wird er in erster Linie nicht unbedingt melden wollen. (Abg. Heinisch-Hosek: Die Anzeigepflicht bleibt ja bestehen!) Wenn aber die Person darauf besteht, dass sie nicht gemeldet werden will, dann wird nicht gemeldet, außer es droht eine unmittelbare Gefahr. (Abg. Heinisch-Hosek: Eine geprügelte Frau wird das alles in petto haben!) Das ist genau der Punkt, warum ich sehr froh bin, dass wir das machen, weil wir bis jetzt diese Schweigespirale hatten.

Wir hatten bis jetzt das Problem – wir alle kennen diese Themen wie Brunnenmarkt und so weiter (Zwischenruf der Abg. Duzdar) –, dass es nicht gemeldet wurde, und wir kennen auch diese Geschichten, nicht? Das sind keine Geschichten, sondern wir haben - - (Abg. Heinisch-Hosek: Weil auf die Opfer Rücksicht genommen wurde!) – Ja, auf die Opfer wurde Rücksicht genommen, sagt die Frau Kollegin. (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!) Das Problem ist, dass viele dieser Opfer oder die Freunde dieser Opfer im Nachhinein gekommen sind und gesagt haben: Schade, dass damals nie­mand gesprochen hat! Schade, dass das niemand gemeldet hat! (Abg. Heinisch-Ho­sek: Sie haben es nicht verstanden!)

Wir denken da an die Internate, wenn dann viel später diese Vorwürfe kommen: Nie­mand hat sich getraut, etwas zu melden, niemand hat etwas gesagt und deswegen ist das jahrelang weitergegangen! (Zwischenruf der Abg. Duzdar.) – Diese Schweigespi­rale durchbrechen wir jetzt, und zwar ganz konkret dann, wenn eine unmittelbare Ge­fahr für diese Person oder andere besteht – nur, wenn eine unmittelbare Gefahr be­steht.

Denken Sie zum Beispiel daran, dass eine Frau zum Psychologen kommt und sagt: Ja, ich bin von meinem – ich weiß nicht – Stiefvater jahrelang missbraucht worden, bin aber jetzt ausgezogen. Meine kleine Schwester lebt aber noch zu Hause. – So: Dann soll der jetzt nicht melden?! Dann soll er nicht melden, wenn die absolut dringende Gefahr besteht, dass morgen dasselbe mit dem Mädchen, mit der kleinen Schwester passiert?! Das durchbrechen wir jetzt. Genau das ist der Ansatz, weshalb es da eine Meldepflicht geben muss. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Heinisch-Hosek: Nein, nein! Das durchbrechen Sie genau nicht!)

Ich gehe nun auch noch auf den Punkt, auf den der Herr Vizekanzler besonders hinge­wiesen hat, auf diese Änderung im Jugendgerichtsgesetz, ein. Er hat einen Fall mit ei­nem jungen Mann, der eine Körperverletzung durchführt, herangezogen, der vielleicht besonders deutlich erscheint. (Zwischenruf der Abg. Erasim.) Tatsache ist: Wir haben in diesem Gesetzentwurf die Tätergruppe der 18- bis 21-Jährigen bei manchen Delik­ten – ich werde sie auch noch kurz durchgehen – mit den Erwachsenen gleichgestellt. Warum haben wir das gemacht? – Weil wir festgestellt haben, dass gerade in dieser Altersgruppe gewisse Taten besonders häufig vorkommen und es daher sehr unbe­friedigend wäre, wenn es da so geringe Strafen gäbe. (Anhaltende Zwischenrufe der Abg. Duzdar.)

Ich sage Ihnen, welche Straftaten das sind: Die Straftat muss mit mindestens fünf Jah­ren Freiheitsstrafe bedroht sein, es geht um strafbare Handlungen gegen Leib und Le­ben, strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, straf­bare Handlungen nach dem 25. Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetz­buchs – das sind Völkermord, Kriegsverbrechen et cetera –, strafbare Handlungen als Mitglied einer kriminellen Vereinigung oder Anführen einer und die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung.

Das heißt, das sind ganz massive Straftaten, und diese begehen ganz häufig Men­schen, die genau in diesem Alter sind. War ein 20-Jähriger bis jetzt an einem Völker­mord oder an einem Kriegsverbrechen beteiligt oder hat er mehrere Morde begangen oder sich an einer terroristischen Vereinigung beteiligt, konnte er mit maximal 15 Jah­ren bestraft werden. Das ist der Punkt. Nicht der, der dem Nachbarn einen Kinnhaken versetzt, ist das Thema, sondern die jungen Erwachsenen, die diese massiven Delikte begehen. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie ändern aber alles!)

Diese werden nun den Erwachsenen gleichgestellt, wobei wir immer noch sagen: Es gibt keine lebenslange Haft, sondern maximal 20 Jahre! – Darum geht es. Bei diesen ganz speziellen und besonders dramatischen Delikten werden diese jungen Erwach­senen den Erwachsenen gleichgestellt, und das ist völlig nachvollziehbar und richtig. Ich glaube nicht, dass Sie der Meinung sind, dass ein Terrorist, der 20 Jahre alt ist und mehrere Menschen umbringt, mit maximal 15 Jahren Haft bestraft werden soll und keine Mindeststrafe haben darf. Das ist meines Erachtens, unseres Erachtens nicht richtig. (Zwischenruf der Abg. Duzdar.) Da sind wir möglicherweise anderer Meinung, aber das ist unser Strafrechtskonzept und deswegen haben wir das so umgesetzt. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Mahrer. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Es ist leider nicht genug Zeit, um hier noch alle Maßnahmen, die wir diesbezüglich set­zen, darzulegen. (Zwischenruf der Abg. Duzdar.) Es ist schon vieles – auch vom Herrn Vizekanzler und durchaus Lobendes – gesagt worden und es werden auch noch Kol­legen von mir zur Sprache kommen. Ich hoffe jedenfalls, dass Sie mit uns bei diesem Bündel von sinnvollen, guten Maßnahmen, die dazu führen sollen, dass der Gewalt­schutz in Österreich verbessert wird, mitstimmen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

17.20

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Alfred Noll. – Bitte.