20.23

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wenn Frau Ministerin Bogner-Strauß gesagt hat, dass es noch ungefähr 170 Jahre dauern wird, bis die Gleichbehandlung eingeführt ist, könnte man das Wort 170 Jahre auch durch unendlich ersetzen, denn 170 Jahre, das ist einfach jenseits unseres Entscheidungshorizonts. Und es ist tatsächlich ein weites Feld, es ist ein Feld, das Ideale vorstellt und eigentlich im Wesentlichen nicht nur durch Gesetze, sondern auch durch einen gesellschaftlichen Konsens beackert werden muss.

Einen Aspekt möchte ich hervorheben, er wurde schon von Kollegin Schimanek ange­deutet: Wir als Anwälte der Kinder, die uns ja sozusagen in dieser Anwaltschaft brau­chen, haben dafür gesorgt, dass mögliche Diskriminierung abgeschafft ist. Wir haben unter der Regierung von Sebastian Kurz in der Schulpolitik dafür gesorgt, dass das Kopftuch für Mädchen in den Volksschulen verboten ist. Sie dürfen das Kopftuch nicht tragen.

Jetzt können Sie natürlich sagen, dass ein Verbot ja eigentlich sozusagen eine Ein­schränkung darstellt. Aber in Wahrheit müssten Sie es eigentlich so betrachten, dass das Kopftuch selbst ein Verbot ist, nämlich ein Verbot, sein Haar frei zu zeigen, ein Verbot, sich selbst zu verwirklichen. In Wirklichkeit ist es eine Art Kopftuchbefreiung, die wir da eingeführt haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.) Se­hen Sie es bitte als solche!

Das Ideal der Freiheit ist in diesem Zusammenhang sehr wichtig, die Freiheit nämlich, verschieden zu sein. Wie eben angedeutet, stellen wir nun einen dementsprechenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Univ.-Prof. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausweitung des Kopftuchverbotes in Schulen bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres (sowie im öffentlichen Dienst)“, eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 11.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzulei­ten, mit welcher das bestehende Verbot des Tragens weltanschaulich oder religiös ge­prägter Bekleidung, die mit einer Verhüllung des Hauptes verbunden ist, für Schülerin­nen und Schüler bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres ausgeweitet wird und so konzipiert ist, dass dieses mit den in Spannung dazu stehenden Grundrechten im Ein­klang gebracht wird, damit Kinder und Jugendliche vor Stigmatisierung geschützt sowie Zwang und sozialer Druck auf Mädchen insbesondere zur Erfüllung eines bestimmten Rollenstereotyps verhindert wird.

Weiters wird die Bundesregierung ersucht, in dieser Vorlage im Sinne des Neutralitäts­gebotes des Staates ebensolche Bestimmungen für Bedienstete des öffentlichen Dienstes in den betroffenen dienstrechtlichen Materiengesetzen vorzuschlagen. Leh­rerinnen und Lehrer an konfessionellen Schulen und Religionslehrer/innen sollen von einem solchen Verbot ausgenommen sein.“

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Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Kollegin Yildrim, ich möchte das be­tonen: Wir haben hier einen Entschließungsantrag, mit dem wir eigentlich um eine Dis­kussion ersuchen. Wir haben ja damals das Kopftuchverbot in der Volksschule in drei Ausschusssitzungen lang und breit durchdiskutiert. Wir sind für diese Diskussion offen. Herr Kollege Noll meint ja, dass wir nur Vollzugsorgane irgendeiner fürstlichen Hoheit seien. Das ist vielleicht, wenn man hier das Ritual betrachtet, nicht so falsch gesehen (Abg. Noll: Das wollte ich hören!), aber es ist nicht so, dass es in Wirklichkeit so ist. In Wirklichkeit arbeiten wir tatsächlich auch intellektuell, Herr Kollege Noll, hoffentlich und auch tatsächlich mit Verantwortung (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ) an diesen unseren Gesetzesvorschlägen. Wir sind also nicht die Abnicker. Das ist halt in der Öffentlichkeit nicht so durchgedrungen, aber es ist tatsächlich so.

Ich möchte das wirklich betonen, dass gerade in diesem Entschließungsantrag steht: „mit den in Spannung dazu stehenden Grundrechten im Einklang gebracht wird“. Das heißt: Wir wissen um die Problematik. Das Problem ist nicht trivial. Wir werden es da­her ausführlich behandeln müssen. Und es ist durchaus möglich, dass es Argumente gibt, die diesen Antrag unter Umständen einer Polierung oder einer Änderung zuführen werden. Das ist alles denkbar und das ist auch so gut, deshalb wollen wir ja voran­schreiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Gleichbehandlung werden wir nicht errei­chen. Aber wir bemühen uns darum. Dieses Versprechen können wir Ihnen geben und mit diesem Versprechen gehen wir jetzt auch zuversichtlich in diese Wahl, da wir, die­se Partei, uns sicherlich besonders bemühen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

20.28

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

Der Abgeordneten Univ.-Prof. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Ausweitung des Kopftuchverbotes in Schulen bis zur Vollendung des 14. Le­bensjahres (sowie im öffentlichen Dienst)

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 11 471/A (E) Antrag personelle Aufstockung der Gleichbehandlungsanwaltschaft

Das österreichische Bildungssystem beruht auf verfassungsrechtlichen Grundwerten. Ziel der Erziehung in österreichischen Bildungseinrichtungen ist es, Kindern die best­mögliche geistige, seelische und körperliche Entwicklung zu ermöglichen und diese zu selbständigem Urteilen zu befähigen. Es soll somit auch eine erfolgreiche soziale Ent­wicklung und Integration der Schülerinnen und Schüler in den Schulen sichergestellt werden.

Um die freie Entwicklung der Kinder bereits in einem sensiblen Alter sicherzustellen, wurde in den vergangenen eineinhalb Jahren ein Verbot des Tragens weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist für Kinder im Kindergarten (im Rahmen der Art. 15a B-VG Vereinbarung über die Ele­mentarpädagogik für die Kindergartenjahre 2018/19 bis 2021/22) und in der Volks­schule (durch die Einführung eines neuen § 43a Schulunterrichtsgesetz) auf den Weg gebracht.

In einem weiteren Schritt soll die Umsetzung eines Kopftuchverbots für Mädchen bis zum vollendeten 14.Lebensjahr (geknüpft an das Erreichen der Religionsmündigkeit) erfolgen. Der Grund dafür ist, dass das Kopftuch nicht nur ein religiöses Symbol ist, sondern vor allem auch ein politisches Symbol, das insbesondere die Unterdrückung von Frauen und Mädchen zum Ausdruck bringt. Die Schule ist die Institution, deren Bil­dungsauftrag im Lehren und Lernen, also in der Vermittlung von Wissen und Können durch Lehrerinnen und Lehrern an Schülerinnen und Schüler, aber auch in der Werte­vermittlung und in der Erziehung und Bildung zu mündigen, sich verantwortlich in die Gesellschaft einbringenden Persönlichkeiten, besteht. Daher ist es eine wesentliche Aufgabe jene Rahmenbedingungen zu schaffen, die das ermöglichen. Dazu zählt auch, dass die Schülerinnen und Schülern in der Schule frei und ungezwungen, lernen und sich entwickeln können und nicht durch Zuweisung eines bestimmten Rollenstereotyps gezwungen werden.

Im Vergleich zum Verbot für Kinder bis zum vollendeten 10. Lebensjahr ist die Auswei­tung dieses Verbots auf Schülerinnen und Schüler bis zum vollendeten 14. Lebensjahr mit einer weiteren Grundrechtsabwägung verbunden, da die Religionsfreiheit in dieser Altersstufe nicht außer Acht zu lassen ist.

Auch soll nicht nur im schulischen Kontext, sondern vor allem umfassend im Bereich des öffentlichen Dienstes eine Auseinandersetzung zum neutralen Auftreten von Ver­treterinnen und Vertretern des Staates geführt werden. So stellen etwa Lehrerinnen mit Kopftuch bei Erfüllung des staatlichen Bildungsauftrags eine gewisse weltanschauliche Haltung zur Schau, die implizit die Neutralität des Staates untergraben kann. Gleichzei­tig wird dadurch ein Gesellschaftssystem, in dem die Frau nicht dieselbe Stellung wie in einer aufgeklärten Gesellschaft hat, dargestellt. Insbesondere in Schulen, aber auch in anderen Einrichtungen des öffentlichen Dienstes wie bei Gerichten, der Staatsan­waltschaft, der Polizei und in der Verwaltung soll das Kopftuch als deutlich sichtbares, demonstratives Symbol, das Raum für politische Einflussnahme bietet, unterbunden werden.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzulei­ten, mit welcher das bestehende Verbot des Tragens weltanschaulich oder religiös ge­prägter Bekleidung, die mit einer Verhüllung des Hauptes verbunden ist, für Schüle­rinnen und Schüler bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres ausgeweitet wird und so konzipiert ist, dass dieses mit den in Spannung dazu stehenden Grundrechten im Einklang gebracht wird, damit Kinder und Jugendliche vor Stigmatisierung geschützt sowie Zwang und sozialer Druck auf Mädchen insbesondere zur Erfüllung eines be­stimmten Rollenstereotyps verhindert wird.

Weiters wird die Bundesregierung ersucht, in dieser Vorlage im Sinne des Neutra­litätsgebotes des Staates ebensolche Bestimmungen für Bedienstete des öffentlichen Dienstes in den betroffenen dienstrechtlichen Materiengesetzen vorzuschlagen. Leh­rerinnen und Lehrer an konfessionellen Schulen und Religionslehrer/innen sollen von einem solchen Verbot ausgenommen sein.“

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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Antrag ist ausreichend unterstützt und wird zur Abstimmung gebracht.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Nussbaum. – Bitte.