0.23

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frauen Bundesministerinnen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der SPÖ ist das Thema Pflege immer ein sehr wichtiges Anliegen, ein Herzensanliegen, und alle Maßnahmen und Verbesserungen im Bereich der Pflege tragen eindeutig eine rote Handschrift.

Warum? – Ich erwähne einige Meilensteine zur Erinnerung: Mit 1. Juli 1993 ist das Pflegegeld eingeführt worden. 2009 haben wir die Übernahme von Beiträgen zur Kran­kenversicherung und im Bereich von Pensionszeiten für pflegende Angehörige be­schlossen. 2011 haben wir den Pflegefonds eingeführt. 2018 haben wir den Pflege­regress bei der Pflege in Pflegeheimen abgeschafft. Das alles waren Maßnahmen un­ter einer SPÖ-geführten Bundesregierung und unter einem SPÖ-Sozialminister.

Umso wichtiger war es für uns, diese Zeit des freien Spiels der Kräfte im Parlament zu nutzen und diesen Antrag einzubringen, weil wir davon überzeugt waren, dass es ohne Kurz und Strache möglich sein wird, eine Mehrheit dafür zu finden, endlich auch einen Rechtsanspruch auf Pflegekarenz und Pflegeteilzeit zustande zu bringen. Ich bedanke mich bei allen politischen Vertretern für die sehr sachlichen und konstruktiven Gesprä­che, und es wird heute ein einstimmiger Beschluss gefasst werden.

Ich darf dazu einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Muchitsch, Gödl, Belako­witsch und Holzinger-Vogtenhuber einbringen und ihn vom Inhalt her ergänzend zu den Ausführungen des Abgeordneten Gödl noch einmal ganz kurz erläutern. Der Rechtsanspruch auf Pflegekarenz und Pflegeteilzeit bis zu vier Wochen soll mit 1.1.2020 für pflegende Angehörige in Betrieben ab fünf Beschäftigten eingeführt werden, die ersten zwei Wochen im Anlassfall ohne Zustimmung des Arbeitgebers. Gibt es in den ersten zwei Wochen kein Zustandekommen einer Vereinbarung, wird der Rechts­anspruch auf zwei weitere Wochen ausgedehnt. Diese Pflegekarenz und Pflegeteilzeit kann natürlich auch durch Vereinbarung über die vier Wochen hinaus ausgeweitet werden. Das Entgelt ist ein Pflegekarenzgeld in der Höhe des Arbeitslosengeldes, das beim Sozialministerium zu beantragen ist. Der Nachweis über die Pflegenotwendigkeit ist beizubringen.

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Das ist ein wichtiger Schritt, ein Meilenstein im Bereich der Pflege. Sie wissen, wir als SPÖ haben da, was die Finanzierung betrifft, mit einem Pflegegarantiefonds ganz klare Konzepte vorgelegt, mit Pflegeservicestellen für Auskünfte zur Betreuung vom Anlass­fall beginnend bis zum Abschluss der Pflege. Das sind sehr wichtige Maßnahmen, und es ist heute ein guter Tag für alle pflegenden Angehörigen in Österreich. – Vielen Dank für Ihre Unterstützung. (Beifall bei der SPÖ.)

0.26

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch, Gödl, Dr. Dagmar Belakowitsch, Holzinger-Vogtenhuber

Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 577/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Artikel 1 Z 1 lautet:

„1. Im § 14c wird folgender Abs. 4a eingefügt:

„(4a) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 hat der/die Arbeitnehmer/in einen Anspruch auf Pflegekarenz von bis zu zwei Wochen, wenn er/sie zum Zeitpunkt des Antritts der Pflegekarenz in einem Betrieb (§ 34 Arbeitsverfassungsgesetz – ArbVG, BGBI. Nr. 22/1974) mit mehr als fünf Arbeitnehmer/innen beschäftigt ist. Für die Ermitt­lung der Arbeitnehmer/innenzahl ist § 15h Abs. 3 MSchG sinngemäß anzuwenden. So­bald dem/der Arbeitnehmer/in der Zeitpunkt des Beginns der beabsichtigten Pflegeka­renz bekannt ist, hat er/sie dies dem/der Arbeitgeber/in mitzuteilen. Auf Verlangen sind dem/der Arbeitgeber/in binnen einer Woche die Pflegebedürftigkeit der zu pflegenden Person nach Abs. 1 zu bescheinigen und das Angehörigenverhältnis glaubhaft zu ma­chen. Kommt während dieser Pflegekarenz keine Vereinbarung zwischen dem/der Ar­beitnehmer/in und dem/der Arbeitgeber/in über eine Pflegekarenz nach Abs. 1 zu­stande, so hat der/die Arbeitnehmer/in Anspruch auf Pflegekarenz für bis zu weitere zwei Wochen. Die auf Grund des Rechtsanspruchs verbrachten Zeiten der Pflegeka­renz sind auf die gesetzlich mögliche Dauer der vereinbarten Pflegekarenz anzurech­nen. Im Übrigen sind die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 sinngemäß anzuwenden.““

2. Artikel 1 Z 2 lautet:

„2. Im § 14d wird folgender Abs. 4a eingefügt:

„(4a) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 hat der/die Arbeitnehmer/in einen Anspruch auf Pflegeteilzeit von bis zu zwei Wochen, wenn er/sie zum Zeitpunkt des Antritts der Pflegekarenz in einem Betrieb (§ 34 Arbeitsverfassungsgesetz – ArbVG, BGBI. Nr. 22/1974) mit mehr als fünf Arbeitnehmer/innen beschäftigt ist. Für die Ermitt­lung der Arbeitnehmer/innenzahl ist § 15h Abs. 3 MSchG sinngemäß anzuwenden. So­bald dem/der Arbeitnehmer/in der Zeitpunkt des Beginns der beabsichtigten Pflegeteil­zeit bekannt ist, hat er/sie dies dem/der Arbeitgeber/in mitzuteilen. Auf Verlangen sind dem/der Arbeitgeber/in binnen einer Woche die Pflegebedürftigkeit der zu pflegenden Person nach Abs. 1 zu bescheinigen und das Angehörigenverhältnis glaubhaft zu ma­chen. Kommt während dieser Pflegeteilzeit keine Vereinbarung zwischen dem/der Ar­beitnehmer/in und dem/der Arbeitgeber/in über eine Pflegeteilzeit nach Abs. 1 zu­stande, so hat der/die Arbeitnehmer/in Anspruch auf Pflegeteilzeit für bis zu weitere zwei Wochen. Die auf Grund des Rechtsanspruchs verbrachten Zeiten der Pflegeteil­zeit sind auf die gesetzlich mögliche Dauer der vereinbarten Pflegeteilzeit anzurech­nen. Im Übrigen sind die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 sinngemäß anzuwenden.““

3. Artikel 1 Z 3 lautet:

„3. Dem § 19 Abs. 1 wird folgende Z 42 angefügt:

„42. § 14c Abs. 4a und § 14d Abs. 4a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. XXX/2019, treten mit 1. Jänner 2020 in Kraft und gelten für nach dem Inkrafttreten angetretene Pflegekarenzen und Zeiten einer Pflegeteilzeit.““

4. Artikel 2 Z 1 lautet:

„1. (Grundsatzbestimmung) Im § 39w wird nach Abs. 4 folgender Abs. 4a eingefügt:

„(4a) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 hat der Dienstnehmer einen An­spruch auf Pflegekarenz von bis zu zwei Wochen, wenn er zum Zeitpunkt des Antritts der Pflegekarenz in einem Betrieb (§ 139) mit mehr als fünf Dienstnehmern beschäftigt ist. Für die Ermittlung der Dienstnehmerzahl ist § 105f Abs. 3 sinngemäß anzuwenden. Sobald dem Dienstnehmer der Zeitpunkt des Beginns der beabsichtigten Pflegekarenz bekannt ist, hat er dies dem Dienstgeber mitzuteilen. Auf Verlangen sind dem Dienst­geber binnen einer Woche die Pflegebedürftigkeit der zu pflegenden Person nach Abs. 1 zu bescheinigen und das Angehörigenverhältnis glaubhaft zu machen. Kommt während dieser Pflegekarenz keine Vereinbarung zwischen dem Dienstnehmer und dem Dienstgeber über eine Pflegekarenz nach Abs. 1 zustande, so hat der Dienst­nehmer Anspruch auf Pflegekarenz für bis zu weitere zwei Wochen. Die auf Grund des Rechtsanspruchs verbrachten Zeiten der Pflegekarenz sind auf die gesetzlich mögliche Dauer der vereinbarten Pflegekarenz anzurechnen. Im Übrigen sind die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 sinngemäß anzuwenden.““

5. Artikel 2 Z 2 lautet:

„2. (Grundsatzbestimmung) Im § 39x wird nach Abs. 4 folgender Abs. 4a eingefügt:

„(4a) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 hat der Dienstnehmer einen An­spruch auf Pflegeteilzeit von bis zu zwei Wochen, wenn der Dienstnehmer zum Zeit­punkt des Antritts der Pflegeteilzeit in einem Betrieb (§ 139) mit mehr als fünf Dienst­nehmern beschäftigt ist. Für die Ermittlung der Dienstnehmerzahl ist § 105f Abs. 3 sinngemäß anzuwenden. Sobald dem Dienstnehmer der Zeitpunkt des Beginns der be­absichtigten Pflegeteilzeit bekannt ist, hat er dies dem Dienstgeber mitzuteilen. Auf Verlangen sind dem Dienstgeber binnen einer Woche die Pflegebedürftigkeit der zu pflegenden Person nach Abs. 1 zu bescheinigen und das Angehörigenverhältnis glaub­haft zu machen. Kommt während dieser Pflegeteilzeit keine Vereinbarung zwischen dem Dienstnehmer und dem Dienstgeber über eine Pflegeteilzeit nach Abs. 1 zu­stande, so hat der Dienstnehmer Anspruch auf Pflegeteilzeit für bis zu weitere zwei Wochen. Die auf Grund des Rechtsanspruchs verbrachten Zeiten der Pflegeteilzeit sind auf die gesetzlich mögliche Dauer der vereinbarten Pflegeteilzeit anzurechnen. Im Übrigen sind die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 sinngemäß anzuwenden.““

6. Artikel 2 Z 3 lautet:

„3. (unmittelbar anwendbares Bundesrecht und Grundsatzbestimmung) Dem § 285 werden folgende Abs. 80 und 81 angefügt:

„(80) (unmittelbar anwendbares Bundesrecht) Die Ausführungsgesetze der Länder zu den §§ 39w Abs. 4a und 39x Abs. 4a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. XXX/2019 sind binnen sechs Monaten nach dem der Kundmachung folgenden Tag zu erlassen.

(81) (Grundsatzbestimmung) Die Ausführungsgesetzgebung hat vorzusehen, dass die Ausführungsbestimmungen zu den §§ 39w Abs. 4a und 39x Abs. 4a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. XXX/2019 für nach dem Inkrafttreten des Ausfüh­rungsgesetzes angetretene Pflegekarenzen und Zeiten einer Pflegeteilzeit gilt.““

Begründung

Mit den Änderungen wird für Arbeitnehmer/innen bei Vorliegen der übrigen Voraus­setzungen nach den §§ 14c Abs. 1 und 14d Abs. 1 AVRAG ein Rechtsanspruch auf Pflegekarenz und/oder Pflegeteilzeit in Betrieben mit mehr als fünf Arbeitnehmer/innen bis zur Dauer von zwei Wochen geschaffen. Unbeschadet des Rechtsanspruchs auf Pflegekarenz und/oder Pflegeteilzeit besteht in Betrieben mit mehr als fünf Arbeitneh­mer/innen auch weiterhin die Möglichkeit der Vereinbarung einer derartigen Maßnah­me. Damit Betriebe die Gelegenheit haben, sich so früh wie möglich auf die Folgen der Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit einzustellen, hat der/die Arbeitnehmer/in dem/der Ar­beitgeber/in den beabsichtigten Zeitpunkt des Antritts der Pflegekarenz bzw. Pflegeteil­zeit so früh wie möglich bekannt zu geben. Wie beim Anspruch auf Familienhospizka­renz (§ 14a Abs. 2 AVRAG) ist auch beim Anspruch auf Pflegekarenz bzw. Pflegeteil­zeit der Grund für die Freistellung und das Angehörigenverhältnis dem/der Arbeitge­ber/in auf sein/ihr Verlangen schriftlich binnen einer Woche zu bescheinigen bzw. glaub­haft zu machen.

Die Inanspruchnahme der Pflegekarenz und/oder Pflegeteilzeit im Ausmaß von bis zu zwei Wochen steht – im Fall eines längeren Pflege- oder Betreuungsbedarfs – einer Vereinbarung der Pflegekarenz und/oder Pflegeteilzeit nach den §§ 14c Abs. 1 und 14d Abs. 1 AVRAG für den/die selbe/n zu betreuende/n nahe/n Angehörige/n nicht entgegen. Soll die Pflegekarenz und/oder Pflegeteilzeit länger als zwei Wochen dau­ern, so ist grundsätzlich eine Vereinbarung der Pflegekarenz und/oder Pflegeteilzeit nach den §§ 14c Abs. 1 und 14d Abs. 1 AVRAG mit dem/der Arbeitgeber/in notwendig, wobei die in Form des Rechtsanspruchs konsumierten Zeiten einer Pflegekarenz und/oder Pflegeteilzeit auf die Dauer der vereinbarten Pflegekarenz und/oder Pflege­teilzeit anzurechnen sind. Kommt binnen des Zeitraums der Inanspruchnahme einer Pflegekarenz und/oder Pflegkarenz eine entsprechende Vereinbarung über eine Pfle­gekarenz und/oder Pflegeteilzeit nicht zustande, hat der/die Arbeitnehmer/in bei Vorlie­gen der übrigen Voraussetzungen nach den §§ 14c Abs. 1 und 14d Abs. 1 AVRAG ei­nen Rechtsanspruch auf Pflegekarenz und/oder Pflegeteilzeit bis zur Dauer von wei­teren zwei Wochen. Auch in dieser Zeit kann noch eine Verlängerung der Karenz bzw. Teilzeit vereinbart werden. Für die Dauer der auf Rechtsanspruch beruhenden Pflege­karenz bzw. Pflegeteilzeit gebührt Pflegekarenzgeld so, als wäre diese Karenz bzw. Teilzeit vereinbart worden; der Anspruch auf Pflegekarenz bzw. -teilzeit ist Teil des möglichen Gesamtrahmens und wird auf diesen angerechnet.

Diese Änderungen werden im LAG gleichlautend in den §§ 39w Abs. 1 und 39x Abs. 1 LAG umgesetzt. Weiters erfolgen legistische Anpassungen und eine Anpassung des In-Kraft-Tretens. Auch in dieser Zeit kann noch eine Verlängerung der Karenz bzw. Teilzeit vereinbart werden.

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Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläu­tert, wurde an alle Abgeordneten verteilt und steht daher mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Dr.in Belakowitsch, Sie gelangen zu Wort. Bitte.