10.24

Bundesministerin im Bundeskanzleramt Mag. Ines Stilling, betraut mit der Lei­tung der zum Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes gehörenden Angele­genheiten für Frauen, Familien und Jugend: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Ga­lerie! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Fernsehgeräten! Es ist ein gutes Zeichen, dass das wichtige Thema Gewaltschutz heute wieder auf der Tagesord­nung im Nationalrat steht und dass sich das Parlament bereits in den letzten Monaten intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt hat.

Das eigene Zuhause und Beziehungen sind die gefährlichsten Orte für Frauen in Ös­terreich. Wir wissen, dass jede fünfte Frau in Österreich Gewalt erlitten hat. Das heißt, Gewalt betrifft eine von fünf Frauen in Ihrer Nachbarschaft, eine von fünf Frauen, die ihre Kinder jeden Tag in den Kindergarten oder in die Schule bringen, eine von fünf Frauen, mit denen Sie zusammen arbeiten, und eine von fünf Frauen, die jetzt gerade vor dem Fernsehgerät sitzen, und das in einem Zuhause, das eben leider nicht sicher ist.

Genau an diese Frauen und Mädchen möchte ich mich heute richten und ihnen Fol­gendes sagen: Sie sind nicht alleine mit dieser Erfahrung, Sie sind vor allem nicht schuld an dieser Erfahrung, und Sie brauchen sich dafür auch nicht zu schämen! (All­gemeiner Beifall.)

Sie können Hilfe in Anspruch nehmen, und bitte tun Sie das auch! Die österreichische Frauenhelpline steht Ihnen rund um die Uhr, jeden Tag im Jahr, kostenlos und anonym zur Verfügung. Darüber hinaus haben wir auch ein enges und großes Netz an Gewalt­schutzeinrichtungen, das für Sie da ist. Dieses Netz an Gewaltschutzeinrichtungen konnten wir im Herbst auch noch etwas enger knüpfen, wir können nun auch flä­chendeckend in ganz Österreich Fachberatungsstellen für Frauen und Mädchen, die Opfer von sexueller Gewalt sind, anbieten. Die MitarbeiterInnen in diesen Gewalt­schutzeinrichtungen und an der Helpline leisten hervorragende Arbeit, auch an den bevorstehenden Feiertagen und in den Ferien. Über 15 000 Frauen konnten in diesen Gewaltschutzzentren auch heuer wieder dabei unterstützt werden, ein gewaltfreies Leben zu beginnen. Zögern Sie bitte nicht, sich auch an diese Stellen zu wenden!

Lassen Sie mich an dieser Stelle auch allen MitarbeiterInnen in den Gewaltschutzzen­tren und Beratungsstellen ein ganz großes und aufrichtiges Dankeschön sagen! (Allge­meiner Beifall.)

Ihre Arbeit als MitarbeiterInnen in diesen Beratungseinrichtungen ermöglicht es vielen Frauen, aus einer Gewaltbeziehung auszubrechen. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass die Ressourcen in diesen Einrichtungen sehr knapp sind. Seit zehn Jahren wurde das Frauenbudget nicht erhöht. Dass dies nicht ausreicht und dass es mehr Geld für Gewaltschutz braucht, zeigt auch, dass hier im Nationalrat im Herbst ein gemeinsamer Entschließungsantrag für mehr Budget in diesem Bereich eingebracht und einstimmig beschlossen wurde, wofür ich Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ganz herzlich danke!

Lassen Sie mich betreffend diesen budgetären Mehrbedarf noch Folgendes festhalten: Die Aufstockung des Frauenbudgets um 4 Millionen Euro ist unbedingt und zwingend erforderlich, um die Gewaltschutzeinrichtungen und die Beratungsangebote aufrecht­zuerhalten.

Darüber hinaus braucht es aber neben diesen 4 Millionen Euro auch insgesamt mehr Mittel in anderen Kompetenzbereichen, wie etwa im Sozial- und im Bildungsbereich sowie im Bereich der Justiz und der Polizei, um beispielsweise die Opferschutzgruppen in den Spitälern zu stärken, um umfassende Prozessbegleitung für Frauen und Kinder zur Verfügung stellen zu können, um opferschutzorientierte Täterarbeit ausbauen zu können und um bundesweit flächendeckende Informationsarbeit leisten zu können. Obwohl wir nämlich flächendeckende Unterstützungsangebote für Gewaltbetroffene in Österreich haben, ist es leider auch ein trauriges Faktum, dass viele gewaltbetroffenen Frauen oft nicht wissen, wohin sie sich wenden können und dass es entsprechende Hilfe für sie gibt.

Wir sollten daher alle gemeinsam Anstrengungen unternehmen, um betroffene Frauen auf die zur Verfügung stehenden Angebote hinzuweisen. Dafür braucht es aus meiner Sicht eine breit angelegte bundesweite Informationsoffensive, für die es derzeit kein Budget gibt. Daher appelliere ich an Sie, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordne­te, und auch an die nächste Bundesregierung, für diese unabdingbare Informationsar­beit und für einen effizienten Gewaltschutz in allen Bereichen die nötigen finanziellen Mittel sicherzustellen. (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS.)

Bitte denken Sie bei den kommenden Budgetberatungen und bei den Verhandlungen im Nationalrat, bei welchen verständlicherweise viele Begehrlichkeiten und Notwendig­keiten aus den jeweiligen Fach- und Politikbereichen vorgebracht werden, an Vorfälle wie jene in Kitzbühel, in Kottingbrunn oder zuletzt in Mistelbach! Der bereits erwähnte gemeinsame Beschluss aller Fraktionen hier im Nationalrat stimmt mich zuversichtlich, dass es in Zukunft mehr finanzielle Ressourcen für den Bereich der Gewaltprävention und des Opferschutzes geben wird.

Finanzielle Mittel sind das eine. Das andere ist aber, dass wir alle gemeinsam, jede und jeder von uns, einen Beitrag leisten können, um Stopp der Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu sagen. Gewalt geht uns alle etwas an. Schauen wir nicht weg! Schauen wir nicht weg, wenn in unserer Umgebung eine Frau Gewalt erfährt. Schauen wir nicht weg, sondern fragen wir nach, rufen wir die Polizei, holen wir uns Unterstüt­zung bei Beratungseinrichtungen!

Alle Frauen und Mädchen, die uns jetzt zuhören und die Gewalt ausgesetzt sind, möchte ich noch einmal ermutigen: Holen Sie sich Unterstützung, damit Sie bei einem Weg aus der Gewalt heraus unterstützt werden, damit auch Ihr Zuhause für Sie und Ihre Kinder wieder sicher wird! Sie sind nicht alleine, und ich verspreche Ihnen: Wir lassen Sie nicht alleine! (Allgemeiner Beifall.)

10.29

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke.

Ich darf darauf hinweisen, dass alle folgenden Redner nur mehr eine Redezeit von 5 Minuten haben.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Juliane Bogner-Strauß. – Bitte.