12.12

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Herr Kollege Lopatka, ich möchte mich bei Ihnen dafür entschuldigen, dass ich Sie bei Ihrer für mich nicht ganz klaren Rede durch meine Zwischenrufe aus dem Konzept gebracht habe. Mir hat ein Herr Gerhard Stierschneider geschrieben, dass er das nicht sehen möchte, sondern dass ich mich darauf konzentrieren solle, wozu ich befähigt sei, nämlich auf das Kinderkriegen. Ich will damit nur zum Ausdruck bringen, dass ich jetzt vom Rednerpult aus auf Ihre Rede und darauf, warum ich glau­be, dass sie vielleicht ein bisschen visionärer hätte sein sollen, Bezug nehmen werde.

„Die großen Herausforderungen der neuen Europäischen Kommission“ ist der Titel die­ser Aktuellen Europastunde. Ich möchte das ein bisschen erweitern, nämlich auch auf die Herausforderungen, die sich aktuell in der Europapolitik für die nächste Bundes­regierung ergeben. Mir erscheint es sehr wichtig, dass wir uns als österreichisches Parlament in einer Phase – und deshalb habe ich gesagt, Herr Lopatka, „kehren wir vor der eigenen Tür!“ –, die ich als nicht ganz stabile Zwischenphase bezeichnen würde, darüber unterhalten, welche Rolle eigentlich Österreich und österreichische Politiker in der zukünftigen Weiterentwicklung der europäischen Politik einnehmen wollen.

Ich glaube, dass der Prozess der Kommissionsbildung jetzt einmal abgeschlossen ist, ist gut, und dass die Kommission ans Arbeiten geht, ist auch gut. Wir stehen tatsäch­lich vor großen internen wie externen Herausforderungen, die ich ganz kurz skizzieren werde.

Interne Herausforderungen: Großbritannien ist gerade mitten in einem Wahlkampf, der Brexit steht vor der Tür – das ist eine große interne Herausforderung, die wir zu lösen haben. Sie haben auch ein paar andere Herausforderungen angesprochen, in Zusam­menhang mit der italienischen Regierung, selbstverständlich auch mit den immer stärker werdenden populistischen, nationalistischen Kräften und auch mit den wirklich eklatanten Problemen in Bezug auf Rechtsstaatlichkeit, liberale Demokratie und Grund- und Freiheitsrechte in anderen Staaten. Das sind ganz große interne Heraus­forderungen.

Externe Herausforderungen brauche ich, glaube ich, gar nicht zu nennen. Abgesehen davon, dass die geopolitische Sicherheitslage höchst instabil ist, sind die Vereinigten Staaten mit Donald Trump an der Spitze in vielerlei Hinsicht kein verlässlicher Partner mehr für Europa. Was wir über viele Jahrzehnte hinweg als Kräfte, als Gewichte in der Welt gekannt haben, hat keine Gültigkeit mehr. China wurde auch schon angespro­chen; China ist nicht nur in wirtschaftlicher, aber vor allem auch in wirtschaftlicher Hin­sicht eine große Herausforderung, auch und gerade für Europa. Dahinter steht ja sehr wohl, wenn Sie so wollen, eine Art Systemstreit, der noch nicht ausgefochten ist.

Ich möchte selbstbewusst sagen, dass wir als NEOS, als österreichisches Parlament, als Österreich und auch als Europa da einen sehr selbstbewussten Weg gehen sollten, diesen Weg Europas betreffend die Grund- und Freiheitsrechte, die Marktwirtschaft, die liberale Demokratie, die Menschenrechte und auch den sozialen und ökologischen Ausgleich weitergehen sollten und uns nicht durch neue weltweite protektionistische oder autoritäre Tendenzen verwirren lassen sollten.

Die Rechtsstaatlichkeit wird sicherlich ein großes Thema sein, denn wir können nicht zuschauen, wie gegen EU-Verträge verstoßen wird. Wir können nicht zuschauen, wie die Unabhängigkeit der Justiz beschnitten wird. Wir können nicht zuschauen, wie die Medienfreiheit in unseren Nachbarländern beschnitten wird. Wir können nicht zu­schauen, weil es, meine sehr geehrten Damen und Herren, um unsere Werte geht. Eu­ropa ist eine Wertegemeinschaft, und die basiert auf liberalen Freiheitswerten. (Beifall bei den NEOS.)

Ich begrüße es sehr, dass die Europäische Kommission den European Green Deal als das entscheidende Projekt für die nächsten Monate ausgerufen hat, ich halte das für ganz essenziell. Ich freue mich auch sehr, dass der Antrag der Liberalen im Europäi­schen Parlament, den Klimanotstand auszurufen, angenommen wurde. Jetzt ist der Notstand einmal auf dem Papier da, sozusagen beschrieben, das heißt aber noch nicht, dass Maßnahmen folgen werden. Ich setze große Erwartungen in die Europäi­sche Kommission, dass dieses Thema jetzt angegangen wird, um das Ziel, die Erwär­mung unter 1,5 Grad zu halten, wirklich zu erreichen.

Wir müssen allerdings schon darauf achten, welche Maßnahmen wir da setzen. Ich möchte einen Punkt herausgreifen, den ich als kritisch ansehe, nämlich die Geldpolitik. Wir haben in den letzten Jahren mit der Niedrigzinspolitik eine sehr expansive Geld­politik erlebt, die natürlich den Konsum sehr stark angeheizt hat. Jetzt von einer angeblich neutralen Geldpolitik zu einer grünen Geldpolitik überzugehen, mit dem Ef­fekt, das auszuweiten und weiterzuführen, halte ich für sehr schwierig, denn da geraten mehrere Ziele in Konflikt miteinander, nämlich einerseits Konsumsteigerungen und an­dererseits wirksamer Klimaschutz. Wenn Sie so wollen, ist der beste Klimaschutz auch diesbezüglich eine harte Währung und damit natürlich auch mehr für die Bürgerinnen und Bürger Europas, die sich vielleicht wieder etwas aufbauen können, was in Nied­rigzinszeiten - -

Präsidentin Doris Bures: Frau Klubvorsitzende, Sie müssen den Schlusssatz formu­lieren.

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (fortsetzend): Der Schlusssatz ist: Es geht auch um die Haltung der nächsten Bundesregierung. Wenn Österreich wirklich ein europäischer Player sein möchte, dann erwarte ich mir mehr als das Bekenntnis, dass man als Regierung proeuropäisch ist, dann erwarte ich mir, dass man die He­rausforderungen dieser Zeit auch löst, indem man ein Bekenntnis zu einem höheren Budget abgibt und in Zukunft wirklich eine Rolle bei der Weiterentwicklung von Europa spielt. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

12.18

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Martin Engelberg. – Bitte, Herr Abgeordneter.