20.53

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bundespräsident ist nach der gültigen bundesverfassungs­rechtlichen Lage der einzige Repräsentant auf Bundesebene, der direkt gewählt wird. Dies verleiht ihm eine besondere Legitimation und auch eine besonders verantwor­tungsvolle Position. Dementsprechend weist ihm auch das B-VG bei der Bildung der Bundesregierung eine besondere Rolle zu. Der Bundespräsident ernennt derzeit völlig frei den Bundeskanzler, ohne Mitwirkung des Parlaments, ohne Vorschlag eines an­deren Organs. Er kann dazu theoretisch jedermann, der zum Nationalrat wählbar ist, ernennen. Die übrigen Mitglieder der Bundesregierung und die Staatssekretäre ernennt er auf Vorschlag des Bundeskanzlers. Der Bundespräsident kann den Bundeskanzler und die gesamte Bundesregierung eigenmächtig entlassen, ohne Vorschlag. Die ein­zelnen Bundesminister kann er nur auf Vorschlag des Bundeskanzlers entlassen.

Mit dieser Rechtslage, die seit dem B-VG in der Fassung von 1929 gilt, fand man bis­her sehr gut das Auslangen. Es kam allerdings im vergangenen halben Jahr zu Vor­gängen, welche Zweifel daran entstehen lassen, dass diese Rechtslage noch aktuell oder noch optimal ist, denn es wurde ein Innenminister, der sich nichts zuschulden kommen ließ, vom Bundespräsidenten auf Vorschlag des Bundeskanzlers entlassen. Es gab dafür vom Bundespräsidenten keine nachvollziehbare Begründung, obwohl das eigentlich schon die schärfste Maßnahme ist, die man gegen einen Bundesminister setzen kann. Insofern war das ein sachlich nicht begründeter Akt. Zusätzlich erklärt der aktuelle Bundespräsident öffentlich in Interviews, dass er nicht daran denke, den ehe­maligen Bundesminister auch neuerlich als Bundesminister anzugeloben, so es einen entsprechenden Vorschlag des Bundeskanzlers geben würde. (Ruf bei den Grünen: Zu Recht! – Abg. Brandstätter: Kurz sagt das! Kurz will ihn nicht mehr!) Auch da wieder: Es gibt kein vorwerfbares Fehlverhalten, es wird nicht einmal eines vorgeworfen. Diese Ansage des Bundespräsidenten erfolgt ohne jede Begründung.

Es wurde eine Kurzzeitbundesregierung installiert, welche das Vertrauen des Parla­ments nicht hatte und nicht erringen konnte. Da ist also die Rolle des Bundespräsiden­ten etwas zweifelhaft. Es stellt sich die Frage, ob er nicht auch – gerade was den In­nenminister betroffen hat – aus ideologischen oder persönlichen Motiven gehandelt hat. Man weiß ja, dass der Herr Bundespräsident eine andere politische Heimat hat, diese sollte allerdings bei der Ausübung seines Amtes keine Rolle spielen.

Den wenigsten von uns war bewusst, glaube ich, dass es zu diesen Vorgängen auf­grund der bestehenden Rechtslage kommen kann. (Abg. Maurer: Also ich habe das schon gewusst!) Es stellt sich für uns die Frage, ob man nicht diskutieren sollte, die Bundesverfassung diesbezüglich abzuändern.

Deswegen haben wir den vorliegenden Antrag, wonach die Rolle des Parlaments bei der Bildung der Bundesregierung gestärkt werden sollte, eingebracht. Wir schlagen vor, den Artikel 70 B-VG dahin gehend zu ändern, dass der Bundeskanzler, die übrigen Mitglieder der Bundesregierung, also die Minister, und die Staatssekretäre vom Par­lament als Vertreter des Souveräns, und zwar vom Nationalrat aufgrund eines Vor­schlags des Hauptausschusses, gewählt werden. Das Ganze ist übrigens keine ganz neuartige Idee von uns. Wir gehen damit zur Stammfassung des Artikels 70 B-VG aus 1920 zurück, welche genau das vorsah, nämlich die Wahl der Bundesregierung durch das Parlament, auch aufgrund eines Vorschlags des Hauptausschusses. Es gab in der Fassung von 1920 auch kein Ernennungsrecht und kein Entlassungsrecht des Bun­despräsidenten. Vielleicht war das auch dem historischen Zusammenhang geschuldet; 1920, kurz nach dem Zusammenbruch der Monarchie, hatte man genug von eigen­mächtig handelnden Staatsoberhäuptern.

Aufgrund der Vorkommnisse des vergangenen halben Jahres möchten wir die Diskus­sion zu diesem Thema gerne eröffnen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.58

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.