10.28

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesre­gierung! Geschätzte Abgeordnete! Meine Damen und Herren auf der Galerie! Vor al­lem, liebe Österreicherinnen und Österreicher! Zu Beginn möchte ich allen Mitgliedern der Bundesregierung ganz, ganz herzlich zu ihren Funktionen gratulieren und ihnen für diese angehende Legislaturperiode natürlich auch alles Gute wünschen. Es sei mir als Klubobmann der Volkspartei auch gestattet, dass ich einen besonders hervorhebe – einen, der diese Funktion schon hatte, der von der Mehrheit des Parlaments abgewählt wurde, der aber von der Bevölkerung Österreichs ganz klar wieder eingesetzt wurde: Es ist eine Freude, dass der Bundeskanzler der Republik Österreich wieder Sebastian Kurz heißt, und wir gratulieren ihm ganz herzlich. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abge­ordneten Rössler und Jakob Schwarz.)

Ich möchte aber auch der Regierung Bierlein für die Arbeit im letzten halben Jahr ganz herzlich danken, auch für die gute persönliche Zusammenarbeit auf parlamentarischer Ebene. Wir haben das als sehr gut empfunden, und wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Mitgliedern der Regierung unter Bundeskanzlerin Bierlein. Herzlichen Dank dafür. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir haben jetzt rund zwei Monate lang mit den Grünen sondiert und verhandelt. Das sind die beiden Wahlgewinner vom 29. September. Wir haben sozusagen das umge­setzt, was die Österreicherinnen und Österreicher am Wahltag in erster Linie zum Aus­druck gebracht haben, nämlich dass diese beiden Parteien gemeinsam eine Koalition bilden sollen. Wir haben miteinander 51 Prozent, wir stellen miteinander 97 Abgeord­nete, das ist eine ausreichende Mehrheit, um hier in diesem Haus Gesetze beschlie­ßen zu können.

Es sind aber zwei Parteien, die in den Inhalten sehr unterschiedliche Positionen haben, daher hat es in den Verhandlungsrunden auch sehr spannende Momente gegeben. Wir haben aber auf Augenhöhe intensiv miteinander verhandelt, von gegenseitiger Wertschätzung und Respekt getragen, und daher haben wir letzten Endes auch ein Er­gebnis zustande gebracht. Ich möchte mich bei allen Verhandlerinnen und Verhand­lern, insbesondere bei meinem Gegenüber, Vizebürgermeisterin Hebein, die heute nicht hier ist, weil sie eine andere Funktion innehat, ganz herzlich bedanken. Ich glau­be, wir haben miteinander ein sehr gutes Paket für die Bereiche Soziales, Armutsbe­kämpfung, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend zustande gebracht, und ich möch­te ihr auch von dieser Stelle aus ganz herzlich danken. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das Regierungsprogramm hat 326 Seiten. Das mag vielleicht auch dem geschuldet sein, dass wir etwas länger verhandelt haben, aber ich kann Ihnen eines sagen: Es ist ein Regierungsprogramm, mit dem die Herausforderungen der Zukunft gut bewältigt werden, und ja, es ist – der Herr Vizekanzler hat das angesprochen – aus unserer Sicht das Beste aus beiden Welten. Wenn Sie so wollen: Beide Parteien finden sich in diesem Programm ausreichend wieder, zwar in dem Verhältnis, wie wir gewählt wur­den, wir mit 37 Prozent, die Grünen mit 14 Prozent, aber die Hauptpunkte, mit denen wir zu dieser Nationalratswahl angetreten sind, sind für beide Parteien in diesem Pro­gramm wieder ersichtlich.

Für uns ist es die Fortsetzung der Steuerentlastung, für uns ist es die Beibehaltung der harten Linie im Bereich der Zuwanderung und der Migration, und für uns ist es wichtig, dass weiterhin keine neuen Schulden gemacht werden, dass wir ein ausgeglichenes Budget haben, was wir erstmals 2019 nach über 60 Jahren zustande gebracht haben. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Hamann und Weratschnig.) Für die Grünen ist es natürlich wichtig, dem Klimawandel aktiv entgegenzutreten, wichtig sind mehr Transparenz und das Kapitel Armutsbekämpfung, insbesondere betreffend Kin­der und Frauen. Ich bin der Meinung, dass diese Punkte – die nicht die Gesamtheit des Programms sind – insgesamt sehr gut abgebildet sind, und ich möchte auf einige im Detail eingehen.

Wir setzen die Steuerentlastung fort. Wir senken die untersten Stufen des Einkom­mensteuertarifs auf 20, 30 und 40 Prozent ab. Es wird eine Mitarbeiterbeteiligung auf freiwilliger Basis eingeführt, damit die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch steu­erbegünstigt bis zu 3 000 Euro ausbezahlt bekommen können. Es ist auch ein we­sentliches Paket der Entlastung für den Standort, für den Wirtschaftsstandort und auch für unsere Bäuerinnen und Bauern im Bereich der Land- und Forstwirtschaft. Es ist ein wichtiges Signal, das wir da geben, dass die Menschen in Österreich, die jeden Tag aufstehen und hart arbeiten, auch in Zukunft entlastet werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir weiten den Familienbonus aus. Jetzt kann man da unterschiedlicher Meinung sein, aber der Familienbonus ist eine Erfolgsgeschichte. (Ruf bei der ÖVP: Jawohl!) Wenn man unterwegs ist und mit Menschen, die Kinder haben, spricht, dann merkt man, dass dieser Familienbonus mit Freude angenommen wird. Ich bin wirklich froh und dankbar, dass es gelungen ist, den Familienbonus anzuheben, sowohl im Bereich der Niedrig­verdiener von 250 auf 350 Euro als auch im Bereich der Steuerentlastung von 1 500 auf 1 750 Euro. Das, meine Damen und Herren, ist eine familien- und sozialpolitische Maßnahme im 21. Jahrhundert, die sich wirklich sehen lassen kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Keine neuen Schulden, weiterhin ein ausgeglichenes Budget, dafür wird der neue Fi­nanzminister Sorge tragen. Wir kennen ihn, wir wissen, dass er das mit guter Hand ein­fordern wird. Das ist aber auch notwendig, damit wir signalisieren – so ist es auch bei unseren eigenen Häusern oder Betrieben –, wir können nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen, und diese Regierung wird das auch in den nächsten Jahren garantieren. Lieber Gernot Blümel, wir wünschen dir dazu eine glückliche Hand! Wir werden dich dabei auch voll und ganz unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Kampf gegen die illegale Migration wird fortgesetzt, auch der Schutz unserer EU-Außengrenzen, aber es kommt zu einer Ausweitung der Hilfe vor Ort. Das ist uns ein gemeinsames Anliegen, weil wir jenen Menschen, die zu Hause einen schlechteren Standard haben, letzten Endes auch werden helfen müssen.

Ich bin auch sehr dankbar über die Punkte im Bereich der Bildung, über die Bil­dungspflicht mit der Einführung eines Talentechecks, damit die Jugendlichen mit dem 14. Lebensjahr wirklich lesen, schreiben und rechnen können. Das ist die Grundvo­raussetzung dafür, dass sie letzten Endes auch in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Ich bin auch froh und dankbar, dass mehr Unterstützungspersonal für unsere Lehrerinnen und Lehrer im Programm verankert ist, denn diese haben wahrlich keine leichte Aufgabe, und sie stehen tagtäglich in den Schulen und tun ihr Bestes, um die Bildung unserer Kinder in einem guten Ausmaß zu ermöglichen. Ein herzliches Dan­keschön an unsere Lehrerinnen und Lehrer. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wo wir schnell zusammengefunden haben, ist zum Beispiel das Thema Pflege. Die drei wichtigsten Punkte werden dort berücksichtigt, nämlich eine nachhaltige Sicherung des Pflegesystems insgesamt durch die Einführung einer Pflegeversicherung im Be­reich der Sozialversicherung, als Bündelung der Finanzströme im gesamten Bereich; wir haben da sozusagen einen Wirrwarr zwischen Strömungen aus Bundesfinanzie­rung und Landesfinanzierung beieinander. Wir stellen eine Personaloffensive für die Pflegekräfte, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Pflege in der Zu­kunft sicher.

Was uns besonders wichtig ist, sind die pflegenden Angehörigen, nach dem Motto: daheim vor stationär. Wir führen einen Pflege-daheim-Bonus ein. Wir weiten unter an­derem auch die Pensionsversicherungszeiten für pflegende Angehörige aus. Wa­rum? – Weil sie es sich mehr als verdient haben, dass auch eine Bundesregierung da­rauf Rücksicht nimmt, wenn jemand bei zu Pflegenden zu Hause bleibt und diesen wertvolle Zeit widmet, die für uns in der Gesellschaft einen ganz besonderen Wert darstellt. Ein Dankeschön auch dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir führen das Pensionssplitting ein, die ersten zehn Jahre sozusagen verpflichtend bis zum zehnten Lebensjahr des Kindes, freiwillig soll es dann insgesamt über einen ausgedehnten Zeitraum möglich sein.

Es gibt im Regierungsprogramm natürlich auch ein umfassendes Paket mit Maßnah­men gegen den Klimawandel. Wir stehen zur Taskforce für die ökosoziale Steuerent­lastung, das ist ein gemeinsames Projekt, aber das geht nicht von heute auf morgen. Als Innviertler sage ich dazu: Es ist uns wichtig, dass die ländliche Bevölkerung da nicht gegen die städtische Bevölkerung ausgespielt wird, wir haben andere Vorausset­zungen. In meiner 800-Einwohner-Gemeinde gibt es keine U-Bahn und keine Straßen­bahn, wenn ich in Wien die Wohnung verlasse, habe ich alles, wurscht ob ich nach rechts oder links gehe. Am besten ist sowieso, man bleibt in der Mitte stehen, das sei auch politisch angemerkt. (Abg. Scherak: Na, bitte ...!) Letzten Endes aber gibt es da andere Voraussetzungen, und daher ist es notwendig, die soziale Ausgewogenheit bei dieser Taskforce in den Mittelpunkt zu rücken, aber wir stehen dazu und wir werden auch in diesem Bereich etwas zustande bringen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es wird eine Nahverkehrsmilliarde, eine Regionalverkehrsmilliarde zum Ausbau vor al­lem im Bereich des öffentlichen Verkehrs geben, und das Eine-Million-Dächer-Pro­gramm möchte ich auch als Beispiel erwähnen, um den Ökostrom weiterhin in den Vordergrund zu rücken. Wir stehen auch zum Transparenzpaket im Bereich der Aus­weitung der Rechnungshofkompetenzen und was das Informationsfreiheitsgesetz an­belangt.

Dieses Regierungsprogramm, meine Damen und Herren, ist eine gute Grundlage dafür, dass Österreich auch in eine gute Zukunft gehen kann. Es ist ein durchdachtes Programm, das die Menschen weiterhin entlastet, das Österreich weiterhin sicher macht, den Standort stärkt, den Wohlstand sichert und dem Klimawandel mit Hausver­stand, aber auch entschieden entgegentritt. Es ist ein Programm aus Verantwortung für Österreich. Wir stehen am Anfang eines neuen Jahres, wir stehen auch am Beginn einer neuen Koalition. Wir nehmen diesen Auftrag der österreichischen Bevölkerung mit Demut, aber mit vollem Elan an. Der Klub der Österreichischen Volkspartei steht zu 100 Prozent zu diesem Programm, und wir werden alles tun, damit diese Punkte Schritt für Schritt wie vereinbart umgesetzt werden.

Der Standort mag den Standpunkt bestimmen, das wird in diesem Haus schon seit Jahrzehnten diskutiert. Wir strecken aber der Opposition die Hand entgegen, weil wir wollen, dass es auch gemeinsame Beschlussfassungen in diesem Bereich gibt. Su­chen Sie sich in diesem Programm mit 326 Seiten Ihre Punkte aus! (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Es ist – ich bin mir sicher – für alle Fraktionen etwas dabei. Un­sere Hand – von beiden Seiten – ist ausgestreckt. Nehmen Sie sie an, damit wir in Zu­kunft eine gute Politik für die Menschen in Österreich machen können!

Ich gratuliere dieser Bundesregierung mit Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vize­kanzler Werner Kogler an der Spitze zum gelungenen Auftakt. Wir werden die Heraus­forderungen der Zeit gemeinsam annehmen und diese auch bewältigen – im Sinne und zum Wohle der österreichischen Bevölkerung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.41

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobmann Kickl. – Bitte.