10.26

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ho­hes Haus! Sehr geehrter Herr Klubobmann Kickl! Ich hatte eigentlich eine Art Wieder­sehenserlebnis bei Ihrer Rede: Sie hat mich an einen sozusagen geistigen Vorfahren von Ihnen, den Vetter des Chirurgen Ebenwald in „Professor Bernhardi“ erinnert, der auch eine Interpellation, wie man das damals genannt hat, wegen universitärer Vorfälle einberufen hat, und es war ebenso der Adressat eigentlich nicht der richtige. Die Uni­versität wäre nämlich der richtige Adressat, die Universität hat zu handeln. Das ist der wichtige Punkt. Tatsächlich ist die Universität ja autonom und in dieser Hinsicht auch verpflichtet, zu handeln. Ob sie das rechtzeitig und richtig gemacht hat, ist eine andere Frage, darüber kann man diskutieren. Ich kann mich erinnern, dass zum Beispiel an der Technischen Universität Wien Rektorin Seidler bei einer Veranstaltung, die nicht dem intellektuellen Diskurs entsprochen hat, sehr schnell, sehr zügig, sehr richtig ge­handelt hat und die Sache damit einfach erledigt war. – So ist es richtig durchzuführen.

Was also hier durch Ihre Rede geschehen ist, ist in gewisser Hinsicht die Wiederho­lung dessen, was damals bei „Professor Bernhardi“ der Fall war, und zwar in Art und Weise – wenn ich die Wiederholung betrachten darf – gleichsam einer Farce, denn da­mals hat man vielleicht noch ein bisschen anders gesprochen, als dass man sagt, man würde einem Minister auf die Sprünge helfen. – Wie dem auch sei.

Abgesehen davon ist es ja Gott sei Dank so, dass nicht ein Minister Flint aus Schnitzlers Stück, sondern gottlob ein Minister Heinz Faßmann Ihnen hier eine klare, nüchterne und saubere Replik liefern konnte. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Eine allgemeine Unzuständigkeitserklärung!)

Die Universität ist zuständig. Die Universität ist zuständig, Herr Kollege Kickl! (Abg. Kickl: Aber politisch kommunizieren kann man schon auch, oder?!) – Das tun wir doch hier! (Abg. Kickl: Ja, ja!) Bitte, das ist hier geschehen! Sie dürfen nicht sagen, dass wir hier schweigen, in keiner Weise! (Abg. Belakowitsch: Natürlich haben Sie geschwie­gen!) Hier wurde genau gesagt, was Sache ist.

Es gibt, nebenbei gesagt, nicht nur auf der – wie Sie es nennen – linken Seite, sondern auch auf der rechten Seite manchmal Auswüchse, die sich nicht gehören. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Abgesehen davon, Herr Kollege Kickl: Es ist auch die Sprache manchmal etwas, wo­rauf wir achten müssen. (Abg. Kickl: Sie müssen aber schon so reden, dass die Leute Sie verstehen!) Sie haben in Ihrem Redebeitrag gesagt, dass das Kopftuch die „Flagge des Islamismus“ ist. – Das Kopftuch ist nicht die Flagge des Islamismus! Damit begin­nen Sie eigentlich, eine falsche Diskussion anzustacheln, und ich bin jetzt auch hier­hergekommen, um das ein wenig zu korrigieren. Herr Kollege Kickl! Wir gehen hier in diesem Lande im Zusammenhang mit dem Kopftuchverbot für unter 14-Jährige von der Religionsmündigkeit aus. Die Religionsmündigkeit ist wirklich ein entscheidender Punkt. Wir sind ja kein laizistischer Staat: Dort macht man es sich einfach, dort kennt man sozusagen den Begriff der Religion gar nicht, was an sich nicht gut ist. (Abg. Loa­cker: Das sagen Sie!)

Es ist besser, dass wir wissen, dass in der Condition humaine der Glaube eines Men­schen immer ein essenzieller Bestandteil ist. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Alle Men­schen glauben irgendwie.

Ein Bürgermeister der Stadt Wien hat einmal an den Gott Dionysos geglaubt, ein Leiter einer Partei, die jetzt nicht mehr da ist, hat früher an die Vierte Internationale geglaubt und zum Schluss nur mehr an sich selbst; man glaubt vielleicht an Mutter Natur, es gibt aber auch Glaubensgemeinschaften, die wir anerkennen (Beifall bei der ÖVP  Abg. Belakowitsch: Im laizistischen Staat spricht ja niemand ...!), die wir auch deshalb an­erkennen, weil sie sich im öffentlichen Bereich – und das ist ganz entscheidend – den Gesetzen des Staates beugen. (Abg. Kickl: Aber Sie sollten mit Ihrer Integrationsmi­nisterin diskutieren! Die sieht das anders! – Abg. Wöginger: Sie müssen ihn einmal re­den lassen!) – Herr Kickl, lassen Sie mich bitte ausreden, damit Sie wissen, wie der Gedankengang läuft, sonst wäre das übertrieben. (Abg. Kickl: Das müssen Sie einmal innerparteilich klären! – Abg. Belakowitsch: ... immer über die Missstände ...!)

Dieses Kopftuch als Zeichen einer Religionsgemeinschaft ist natürlich auch, wie Houel­lebecq sagen würde, ein Zeichen der „Soumission“ – das ist vielleicht mit Unterwerfung falsch übersetzt –, einer gewissen Subordination. Diese Subordination – wollen wir ha­ben – wird erst geleistet, wenn man ein mündiger Mensch ist, denn sonst ist diese Sub­ordination ja ein Zwang, und genau davon wollen wir die Mädchen befreien. Diese Vorstellung ist ein Befreiungsakt (Ruf bei der SPÖ: Ein Zwangsakt!), das hat nichts mit dem Wesen des Kopftuchs als Zeichen eines Islamismus oder eines politischen Islam zu tun – überhaupt nichts –, sondern das ist ein Gesetz, das Freiheit liefert. (Ruf bei der SPÖ: Redezeit!) Ich habe vor Kurzem gehört, dass Gesetze nicht nur dazu da sind, Sicherheit zu geben, sondern auch dazu, Freiheit zu geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (fortsetzend): Diese Freiheit dient auch dem Wohle des Islam und nicht nur jenem der Kinder, mit dieser Vorstellung, dass sie das mit 14 Jahren machen. Diese Einführung ist vernünftig und hat nichts mit irgend­einer „Flagge des Islamismus“ zu tun. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Gut, dass viele Leute gehört haben, was die Position der ÖVP ist! Ruf bei der SPÖ: Das war eine verwirrende Rede! Rufe und Gegenrufe zwi­schen Abgeordneten von FPÖ und ÖVP. Präsident Sobotka gibt das Glockenzei­chen.)

10.31

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Hammer­schmid. – Bitte.