10.32

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Geschätz­te Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie! Ich möchte vom Kopftuch weg wieder zum eigentlichen Thema der heutigen Aktuellen Stunde (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen) und zur Diskussion überleiten, die zum Thema Bildungs­politik anlässlich der Publikation von Frau Wiesinger in den letzten Tagen sehr intensiv geführt wurde.

Sehr viel ist über das System Kurz und Zwänge der Messagecontrol, der sich auch ver­meintlich unabhängige Ombudsfrauen zu unterwerfen haben, diskutiert worden. Was mir bei dieser Diskussion aber gefehlt hat, worüber ganz wenig gesprochen wurde, ist die Frage, worum es denn wirklich geht: Es geht um die Kinder, es geht um unsere jungen Menschen und das Schulsystem, das sie erleben.

Wie also können wir Schule so gestalten, dass die Kinder gerne hingehen und dort auch gerne lernen, dass die Eltern wissen, dass ihre Kinder dort gut betreut sind, dass Lehrerinnen und Lehrer jene Unterstützung und jene Rahmenbedingungen vorfinden, die sie brauchen, um begeisternd unterrichten zu können, und dass jedes Kind die Schule gestärkt verlässt (Abg. Belakowitsch: Das hat aber auch nichts mit dem The­ma zu tun! Ich habe gedacht, Sie wollten doch zum Thema ...!) und alle Türen für sein oder ihr weiteres Leben offen stehen? – Darum geht es doch in dieser Diskussion und darum muss es uns gehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Genau dann funktioniert Schule und dann stimmt auch die Leistung der Kinder und jungen Menschen in der Schule. Deshalb appelliere ich an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Nehmen wir die Probleme und die Kritik ernst! Arbeiten wir gemeinsam an ei­nem modernen Schulsystem, das unseren Kindern einfach bessere Zukunftschancen liefert, denn die Zukunftschancen unserer Kinder werden nicht größer, wenn wir Kritik wegschieben, unter den Tisch kehren, um davon abzulenken, oder sie gar diskreditie­ren.

Als Politikerinnen und Politiker haben wir alle eine gemeinsame Verantwortung und eine gemeinsame Aufgabe, nämlich die Rahmenbedingungen für Schule in Form von Gesetzen zu gestalten. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, dieser Verantwortung se­riös nachzukommen, das heißt, wir müssen auf die Wissenschaft hören und wir müs­sen konstruktive Kritik ernst nehmen.

Was ist also zu tun? – Bei vielen Punkten bin ich da schon bei Frau Wiesinger und den Aussagen ihres Buches. Eine zentrale Forderung, die ich heute hier wieder einmal aufstelle, die auch im Buch nachzulesen ist: Wir brauchen dringendst die Aufstockung des Unterstützungspersonals in unseren Schulen – Psychologen, Sozialarbeiter. Sie wissen es ganz genau, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Aber in Wien ist es hausgemacht! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Wir brauchen dieses Personal, damit Probleme an den Schulen bis hin zu Gewaltsitua­tionen erst gar nicht entstehen können. Wir brauchen Peermediation, mit der Schü­lerinnen und Schüler frühzeitig darauf trainiert werden, Sensibilität für Konflikte zu ent­wickeln. Ich bitte Sie händeringend: Nehmen Sie dieses Unterstützungspersonal, das wir in meiner Regierungszeit schon an den Schulen hatten, das Sie abgeschafft haben, nehmen Sie diese helfenden Hände wieder und bringen Sie sie an unsere Schulen!

Zweites Thema, Ethikunterricht für alle: Nur so sind die Vermittlung von soliden Wert­orientierungen und das Erlernen von Pluralität und Demokratie in der Schule möglich. Das ist ein ganz zentraler Ort, denn dort können wir mit Kindern gut arbeiten. Ethik­unterricht soll es aber bitte für alle geben und nicht nur für Religionsabmelder! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Es versteht doch niemand, dass Kin­der mit einem katholischen, mit einem evangelischen oder mit einem muslimischen Be­kenntnis nicht gemeinsam mit Kindern (Abg. Kassegger: Turnen geht! Geht aber lei­der nicht!), die vom Religionsunterricht abgemeldet sind, über wichtige gesellschaftli­che Themen wie Gleichstellung, Gerechtigkeit und Demokratie diskutieren sollen.

Andere Wertehaltungen miteinander im Unterricht, in einer Unterrichtsstunde zu disku­tieren, bringt großen Mehrwert! Dieser liegt in der Begegnung und nicht in der Ab­schottung und im Separieren durch getrennte Religionsunterrichte. Das eine schließt ja das andere gar nicht aus, aber der Ethikunterricht für alle ist wirklich eine wichtige Initiative, die Frau Wiesinger in ihrem Buch auch beschreibt: „Verpflichtender Ethik­unterricht für alle als verbindendes Element ist in unserer multireligiösen Gesellschaft wichtiger denn je.“

Bitte, Herr Minister, nehmen Sie die Ableitungen der Ombudsstelle ernst! Steigen wir in die Diskussion darüber ein, was notwendig ist, um Schule besser zu machen, besser zu gestalten!

Liebe grüne Abgeordnete, ich hoffe, ihr findet euer bildungspolitisches Gewissen wie­der.

Liebe Abgeordnete von ÖVP und FPÖ, stellen wir unsere Verantwortung wieder in den Mittelpunkt, und stellen wir in den Mittelpunkt, Schule so zu gestalten, dass die Kinder sie so abschließen, dass sie ein selbstbestimmtes, gutes Leben führen und ihre eigene Bildungskarriere gestalten können! Es ist unsere Verantwortung! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Das war jetzt interessant, hat aber mit dem Thema überhaupt nichts zu tun! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

10.37

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brückl. – Bitte.