12.24

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Werte Mitglie­der der Bundesregierung! Das ist eine interessante Diskussion, ein gutes Thema und durchaus auch sehr, sehr spannend, aber ich glaube, man muss sich das Thema auch einmal anschauen, wenn es um Besteuerung und mehr Fairness in Europa geht. Da muss man auch einen Schritt zurückgehen und sagen: Unternehmen geben Menschen Arbeit und ein Einkommen – große Unternehmen geben vielen Menschen Arbeit und Einkommen (Abg. Loacker: Bessere!) – vielleicht sogar bessere Einkommen. Damit das auch so bleibt, muss man auf die Wettbewerbsfähigkeit achten.

Wenn es um Wettbewerbsfähigkeit geht, weiß natürlich jeder, der von Wirtschaft ein bisschen Ahnung hat, dass die Kosten eine ganz, ganz wichtige Rolle spielen – und Unternehmenssteuern sind aus Sicht eines Unternehmens eben genau das, nämlich Kosten. So wie das Wasser immer talabwärts rinnt und nie bergauf fließen wird, wer­den Unternehmer einfach immer versuchen, kostenoptimiert zu arbeiten – das ist auch gut so, das liegt in der Natur der Sache; Stichwort Wettbewerbsfähigkeit –, und dass sie freiwillig höhere Kosten in Kauf nehmen als die Mitbewerber, das wird wahr­scheinlich nicht passieren.

Das gilt, ob wir das jetzt gut oder schlecht finden, auch für die digitalen Riesen, das gilt auch für Google und Facebook. Natürlich werden sie ihre Vorteile immer nützen, natür­lich gehen sie dorthin, wo sie die Steuern optimieren können, wo sie am günstigsten davonkommen. Warum – und das ist eigentlich die Frage, die man sich stellen muss – passiert das? – Das passiert deswegen, weil man sich auf europäischer Ebene einfach nicht auf gemeinsame Spielregeln einigen kann. Diese Schlupflöcher, die alle kennen und von denen wir alle wissen, wie sie funktionieren, haben wir inzwischen schon fast seit Jahrzehnten, es gibt aber, wie gesagt, einfach keine Lösung, weil das politische Totalversagen in Europa jedes Jahr weitergeht und zu einem Milliardenverlust an Steu­ereinnahmen führt.

Was sollte man tun? – Eine Lösung auf OECD-Ebene wäre natürlich die weltweit beste Lösung, sie ist aber – das wurde auch schon angesprochen – relativ unrealistisch. Deshalb muss man auf europäischer Ebene aktiv werden. Statt sinnloser Alleingänge in Europa gibt es aber ein ganz, ganz wichtiges Tool, das auch schon angesprochen wurde: Es geht um die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in Steuerfragen, damit die Union auch wirklich geeint vorgehen und man von Digitalriesen gerechte Steuern einheben kann.

Ein erster Schritt – das hat mein Kollege Sepp Schellhorn schon gesagt – wäre eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer, und auch die digitale Betriebsstätte ist ein ganz wichtiger Punkt. Natürlich müsste man auch die Steuersys­teme modernisieren; diese kommen einfach noch aus der Präonlineära, und wir alle wissen genau, dass daher auch die Ungleichheit rührt, denn die Kleinen und die Mittle­ren zahlen deswegen so hohe Steuern und die Großen entwischen dem System, die entschlüpfen, und wir erwischen sie eben nicht.

Dann gibt es noch die nationale Besteuerung, diese wurde auch schon ein paar Mal angesprochen, und diese sehen wir wirklich ganz anders. Zu der unseligen Digital­steuer, die Sie auf den Weg gebracht haben – nicht Sie (in Richtung Bundesminister Blümel), aber Ihr Vorgänger, Herr Bundesminister Löger –, dieser Onlineabgabe: Wir alle wissen jetzt, warum sie entstanden ist. Sie ist nur deswegen gekommen, weil man sich im Europäischen Rat nicht durchgesetzt hat. Man hatte dort den Vorsitz, es ist nichts passiert, man konnte auf europäischer Ebene nicht überzeugen – dann hat man halt schnell so ein Husch-pfusch-, ein Wischiwaschigesetz für Österreich aufgesetzt. Und was bewirkt diese Steuer? – Sie macht das Werben auf Facebook und Google für heimische Unternehmen teurer; das ist das Einzige, was passiert.

Es gibt genügend Studien darüber – auch eine sehr gute von Deloitte aus Frankreich, wo man ein ähnliches Gesetz hat –, aus denen klar hervorgeht, wer diese zusätzlichen Kosten zahlt: nämlich zu 23 Prozent die Unternehmen, die online Werbung schalten, und zu 77 Prozent die Kunden; an sie wird das nämlich weitergegeben. Die schnellen Rechner unter Ihnen haben es schon festgestellt: Das ergibt satte 100 Prozent. Was bleibt also für diejenigen übrig, die es eigentlich treffen sollte, für die Internetgigan­ten? – Exakt überhaupt gar nichts bringt diese Steuer, außer dass wir den Amts­schimmel wieder wiehern lassen. Das ist eine neue Bagatellsteuer mit einem Volumen von 25 Millionen Euro, die aus unserer Sicht wirklich nichts bringt. Wenn man hier sehr freundlich sein will, dann muss man sagen: Herr Blümel, dass Sie das als neuer Fi­nanzminister auch noch verteidigen, finden wir durchaus kurzsichtig!

Wenn wir schon beim Thema Kurzsichtigkeit sind, dann müssen wir aus aktuellem An­lass kurz noch auf die europaweite Finanztransaktionssteuer schauen, die von Genos­sen Scholz in Brüssel als Kompromiss vorgeschlagen wurde, um eine Finanztransak­tionssteuer zu schaffen. Bei diesem Kompromiss geht es darum, dass man Aktienge­winne besteuert, konkret nur Gewinne aus Aktien von Unternehmen, die ihren Sitz in den teilnehmenden EU-Ländern haben und die einen Marktwerkt von mehr als 1 Mil­liarde Euro haben. Die Steuer soll 0,2 Prozent vom Kaufpreis betragen, sprich diese Aktien sollen für die Käufer teurer werden, und zwar bereits ab 2021. Jetzt kommt das große Aber – und da bin ich durchaus mit Ihnen einer Meinung –: Im Zusammenhang mit Anleihen, Derivaten und andere Finanzinstrumenten wird auf Abgaben verzichtet. Das ist natürlich vollkommen absurd, meine Damen und Herren, wenn man sich an­schaut, was man mit so einem Gesetz eigentlich erreichen will. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Ich komme zum Schluss: Die Steuer würde nicht den Hochfrequenzhandel treffen, sie würde auch nicht die Spekulanten treffen, sie würde die kleinen Bürgerinnen und Bür­ger treffen, die investieren wollen. Das ist, wie gesagt, nicht der Sinn der Sache, da könnte ein wenig Nachhilfe in Financial Literacy – vor allem auch bei der SPÖ – nicht schaden. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

12.30

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Georg Strasser. – Bitte.