12.40

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Zuallererst gratuliere ich der SPÖ zum Thema der heutigen Aktuellen Europastunde! Der Brexit steht vor der Tür; die EU-Au­ßengrenzen stehen noch immer weit offen, jeden Tag kommen neue Flüchtlinge; der EU-Türkei-Konflikt ist noch immer nicht gelöst; Europa verharrt weiter in einer totalen Abhängigkeit von Erdoğan, der ständig damit droht, die Flüchtlingsschleusen wieder zu öffnen; die nächste Finanzkrise steht vor der Tür; die EZB entwertet weiterhin das Vermögen unserer Sparer; der Mehrjährige Finanzrahmen wird gerade verhandelt und Österreich steht vor höheren Zahlungen – und wir beschäftigen uns heute damit, wie wir noch mehr Kompetenzen an die Europäische Union abgeben können, denn genau darum geht es im Wesentlichen in Ihrem Vorschlag, den Sie heute hier unterbreitet haben.

Sehr geehrte Damen und Herren, anstatt sich in der Aktuellen Europastunde über ak­tuelle Krisen und Themen in der Europäischen Union zu unterhalten, unterhalten wir uns halt über die Einführung von europäischen Steuern und über die Einführung eines europäischen Steuersystems, denn darum geht es im Wesentlichen in dieser gesam­ten Debatte.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Keine Frage, selbstverständlich gehören Onlinegigan­ten – aber nicht nur diese, auch Konzerne – endlich fair besteuert. Selbstverständlich ist auch die Steuerflucht ein Problem, das gelöst werden muss. Genau deswegen ge­hören auch – wie schon unser Experte Hubert Fuchs richtigerweise ausgeführt hat – eine digitale Betriebsstätte, Steuertransparenz, Mindesttarife – am besten nicht nur in Europa, sondern weltweit – eingeführt, aber nicht mit neuen europäische Steuern, nicht mit Zwang und Drüberfahren, sondern mit Verhandlung auf Augenhöhe, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Was Sie hier machen, ist, unter dem Deckmantel der fairen Besteuerung von Onlinegi­ganten die nationalstaatliche Souveränität einzuschränken, denn wenn Sie diese Be­steuerung – europäische Steuern in irgendeiner Form – einführen wollen, müssen Sie erst einmal das Einstimmigkeitsprinzip auf EU-Ebene aufheben. Dann müssen Sie erst einmal die österreichische nationalstaatliche Steuerhoheit an die Europäische Union abgeben. Genau das wäre ein nicht gangbarer großer Schritt hin zu einer Aufgabe Ös­terreichs als eigenständiger Nationalstaat, den wir mit Sicherheit nicht hinnehmen wer­den.

Das Traurige ist jedoch, dass nicht nur die SPÖ, sondern auch alle anderen Parteien ein europäisches Steuersystem haben wollen. Die Regierung schreibt im Regierungs­programm von CO2-Steuern, Herr Lopatka hat heute überhaupt ein Bekenntnis zu ei­nem europäischen Steuersystem abgelegt. Die NEOS finden sowieso alles gut, wo EU draufsteht. Das Traurige ist, dass Sie anscheinend noch immer nicht kapiert haben, dass ein gewisses Maß an Steuerwettbewerb für eine Europäische Union auch gesund und wichtig ist.

Solange es noch keine einheitliche Währung gegeben hat, so lange konnten wirt­schaftlich schwächere Länder ihre Währung abwerten und wirtschaftliche Anreize set­zen. Jetzt können sie das nur noch, indem sie diese Anreize zum Beispiel eben durch unterschiedliche Besteuerung setzen. Wenn Sie ihnen das auch noch nehmen, können Sie diese Länder gleich alimentieren. Wenn Sie das wollen, müssen Sie das bitte auch in dieser Deutlichkeit sagen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe es schon gesagt: Wir wollen mit Sicherheit nicht das nationale Steuersystem auf europäischer Ebene. Wir wollen die Steuerhoheit und damit einen der wichtigsten Lenkungsmechanismen nicht an die Europäische Uni­on abgeben.

Sie setzen damit nicht nur einen großen Schritt zu noch mehr Zentralismus – übrigens einer der Hauptgründe für den Brexit, aber egal, schütten wir noch mehr Öl ins Feuer –, nein, Sie wollen damit eigentlich auch jede Budgetverhandlung für sinnlos erklären, denn in Zukunft müssen wir nicht mehr verhandeln, wie viel Geld wir in die Europäi­sche Union zahlen. Wenn die Europäische Union in Zukunft gleich einmal in die Steu­ertaschen hineingreifen kann, dann müssen wir in Zukunft verhandeln, wie viel Geld wir von der Europäischen Union noch bekommen, und das ist mit Sicherheit der falsche Weg.

Sehr geehrte Damen und Herren, was Sie auch überhaupt nie bedenken, ist, worum es in dieser Debatte eigentlich geht. Natürlich will die Europäische Union aus dem einfa­chen Grund eine Steuerhoheit haben, dass sie sich die mühsamen Verhandlungen beim Mehrjährigen Finanzrahmen ersparen will, nicht mehr von den einzelnen Ländern abhängig sein will. Sie braucht auch dringend mehr Geld, denn es kriselt in der Eu­ropäischen Union. Es kriselt aufgrund einer fehlgeleiteten falschen Geldpolitik der Eu­ropäischen Zentralbank, womit wir eine Umverteilungspolitik und eine Schuldenpolitik unterstützen. Genau deswegen will die Europäische Union mehr Geld.

Sehr geehrte Damen und Herren, wie Sie sehen, verbirgt sich oft hinter einem gut und richtig klingenden Titel wie der fairen Besteuerung von Onlinegiganten viel mehr als auf den ersten Blick scheint, in diesem Fall ein europäisches Steuersystem, ein Ausver­kauf unserer Steuerhoheit und unserer nationalstaatlichen Souveränität, dem wir mit Sicherheit niemals zustimmen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

12.45

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die De­batte geschlossen.