12.46

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Ich darf zu Beginn etwas zitieren, nämlich die Grünen anlässlich der Beschlussfassung über Untersuchungsausschüsse als Minder­heitsrecht im Nationalrat am 10.12.2014:

„Ich hoffe, dass die Regierungsparteien die Opposition nicht zwingen werden, fortwäh­rend Verfahren beim Verfassungsgerichtshof zu führen. Ich hoffe, dass wir – in diesem Fall Werner Kogler und viele andere, die das gemeinsam untersuchen werden – uns von vornherein darauf einigen, und zwar alle gemeinsam, so wie wir dieses Gesetz vorbereitet haben, dass ein Maximum an Aufklärung mit Unterstützung der Regie­rungsparteien und nicht gegen sie ermöglicht werden soll.“

Na da schau her! Wie kann man sich so drehen? Wie kann man sich so drehen, ge­schätzte Damen und Herren? (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Was ist beginnend mit gestern passiert? – Die Mehrheit, die Regierungsmehrheit, unter anderem die Partei, die die zitierten Sätze im Jahr 2014 geäußert hat, schränkt willkürlich und eiskalt das Recht der Minderheit, Inhalte im Untersuchungsausschuss untersuchen zu können, ein. Von den Regierungsparteien wird jetzt Ibiza und alles, was in Ibiza besprochen und dann umgesetzt wurde, eiskalt zugedeckt. Der Untersuchungsausschuss wird tor­pediert. (Abg. Belakowitsch: Wissen Sie alles, was dort gesprochen wurde?) – Jetzt brauchen Sie sich mit „Regierungsparteien“ nicht mehr angesprochen zu fühlen.

Geschätzte Damen und Herren, was dabei ganz erstaunlich ist – da darf ich der ÖVP gratulieren, denn es betrifft ja in dem Fall von den Regierungsparteien die ÖVP stärker als die Grünen, also im Gegensatz zu den Grünen wahrscheinlich fast zur Gänze –: Sie haben es geschafft, dass Ihr Regierungspartner in der Öffentlichkeit dafür die volle Verantwortung übernehmen muss. Das ist eine großartige Leistung, muss ich Ihnen sagen, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber was ist passiert? – Die SPÖ und die NEOS haben am 11. Dezember des Vorjahrs gemeinsam ein Verlangen auf Einsetzung des Ibiza-Untersuchungsausschusses ein­gebracht. Heute Früh ist der Untersuchungsausschuss mit schwarz-grüner Mehrheit zurechtgestutzt und eingeschränkt worden. Scheinbar gilt jetzt bei einem Minderheits­recht – und da bitte ich Sie, schon noch einmal darüber nachzudenken –, dass die Mehrheit zu bestimmen hat, was untersucht wird. Ist das ein Minderheitsrecht? – Ich glaube, das ist kein Minderheitsrecht mehr. Das Ergebnis Ihrer Zensur, was Sie unter­drücken und nicht untersucht haben wollen, ist, dass der Untersuchungsausschuss, wenn es nach Ihnen geht, jetzt nicht mehr den Vorwurf von Gesetzeskauf untersuchen darf. Er darf nicht Postenbesetzungen in staatsnahen Unternehmen untersuchen, er darf nicht die Tätigkeit der Soko Ibiza untersuchen, und er darf auch nicht die Reform der Finanzaufsicht untersuchen, geschätzte Damen und Herren.

Wenn man sich das vom Umfang her anschaut, sieht man es wirklich sehr schön (eine Tafel, auf der unter der Überschrift „Beweisthemen und inhaltliche Gliederung des Un­tersuchungsgegenstands“ Text in schwarzer und grüner Schrift zu lesen ist, in die Hö­he haltend): Das, was schwarz ist, ist übrig geblieben, und das, was grün ist, ist weg – und das heißt eigentlich, das meiste ist weg! Geschätzte Damen und Herren, das ist sicherlich kein gutes Zeichen für einen Untersuchungsausschuss. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Shetty. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist vielmehr ein Anschlag auf einen Teilaspekt der parlamentarischen Demokratie, nämlich auf dieses Recht der Minderheit, die Mehrheit zu untersuchen. (Abg. Gabriela Schwarz: ... Verfassung!)

Ich richte daher eine Aufforderung an Sie: Wenn Sie schon zu feig sind, für das ein­zustehen, was unter Schwarz-Blau passiert ist, seien Sie zumindest nicht zu feig, die­ses Anliegen jetzt schnell zu Beginn der Tagesordnung zu debattieren! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Shetty.)

12.51

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann August Wöginger. – Bitte.