12.56

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren, die zuhören! Es geht hier für mich um zwei Dinge: um den Umgang miteinander im Parlament und um das Verständnis von Aufklärung versus das Mauern.

Die ÖVP und die Grünen haben sehr wohl eine Verzögerungstaktik angewandt. Wa­rum? – Sie vertagen zuerst am 8. Jänner im Ausschuss die Entscheidung mit der Aus­sage, sie wüssten nicht genau, was ihnen nicht passt, so allgemein hätten sie ein schlechtes Gefühl dahin gehend, ob das verfassungskonform sei.

Jetzt wissen wir aber, dass die ÖVP Tage vor der Ausschusssitzung ein Gutachten erhalten hat, das sie ja bezahlt hat – und sie wird wohl wissen, was da drinnen steht; sie wird wohl lesen, wofür sie zahlt, und hätte genau argumentieren können, was sie stört. Ebenso hat Sigrid Maurer heute im Ausschuss gemeint, schon vor Weihnachten hätte sie ihre Bedenken formuliert, aber uns nicht mitgeteilt. (Abg. Maurer: Steht im Protokoll!)

Wie haben wir davon erfahren, obwohl wir oft mit den anderen Parteien im Gespräch waren? – Gestern über die Medien, weil die Medien schon Stunden davor davon erfah­ren haben. Was kann man damit verzögern? – Nur unseren Gang zum Verfassungsge­richtshof, das ist also lächerlich. Es bleibt aber dabei, dass das ein besonders schlech­ter neuer Stil ist. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Zufälligerweise werden da fast alle unsere Beweisthemen herausgestrichen bezie­hungsweise wird das versucht. Wo machen die Grünen der ÖVP da die Mauer? – Ge­nau bei jenen Bereichen, die nicht schon medial groß diskutiert wurden wie Casag, Sidlos Bestellung, die Öbag.

Was sollen wir uns laut ÖVP und Grünen nicht ansehen? – Den Vorwurf des Geset­zeskaufs. Wir erinnern uns: Eine Gesetzesvorlage ist plötzlich wieder verschwunden. Wir wissen auch, dass Novomatic seit Jahren alle Register zieht, um endlich an eine Lizenz im Bereich Onlinegaming zu kommen. Was gab es da bei der letzten Bundes­regierung eigentlich Interessantes? – Das beginnt damit, dass laut Anordnung der Hausdurchsuchung Thomas Schmid am 31.1.2019 noch als Kabinettschef von Hartwig Löger dem Novomatic-Chef Neumann eine Unterlage aus dem Finanzministerium zum Thema Lizenzen im Allgemeinen schickte; dies mit der Anmerkung: „Das sagen die Ex­perten bei uns – Gesetz für Entflechtung notwendig“.

Zufälligerweise findet 4 Stunden später ein Termin zwischen Graf, Neumann und Löger statt, bei dem wohl auch der Hintergrunddeal mit der Novomatic ein Thema war, denn gleich am nächsten Tag gibt Löger diese Information an Rothensteiner weiter. Wir er­innern uns an den Vermerk: „Löger hat mit Graf konferiert, der hat irgendeinen Hinter­grund Deal mit den Blauen. Daher ist Sidlo ein Muß.“ – Diesen potenziellen Deal, ob es den gab und wer da dahintersteckt – bis zur Spitze der ehemaligen Bundesregierung –, wollen sich ÖVP und Grüne anscheinend nicht ansehen.

Was noch? – Kompetenzverschiebungen zwischen Finanzmarktaufsicht, BMF und Oes­terreichischer Nationalbank, und auch die Postenbesetzungen dort sollen kein Thema sein, wenn es nach ihnen geht.

Drittens wollen die Regierungsparteien nicht, dass wir uns die Bestellung von Organen in Unternehmen, an denen der Staat beteiligt ist, ansehen, abgesehen von der Bestel­lung Thomas Schmids – alles andere sollen wir uns nicht ansehen dürfen.

Und viertens: Die straf- und disziplinarrechtlichen Ermittlungen infolge des Ibizavideos sollen wir nicht beleuchten dürfen. Dabei geht es einerseits um die Ermittlungen rund um das Ibizavideo – Stichwort: „Novomatic zahlt alle“ –, in dem laut einer anonymen Anzeige Gudenus gemeint haben soll, dass man mit schwesterlicher schwarzer Hilfe die bisherigen Zuwendungen an die Roten gut umleiten könne. Im Buch über die Ibiza­affäre findet sich eine Äußerung von Strache betreffend Casinolizenzen und legistische Änderungen, die dafür erforderlich sind. Zitat: „Das ist verdammt schwer“. „Aber das geht.“ – Auch darüber sollen wir keine Aufklärung betreiben dürfen. (Abg. Maurer: Das ist doch Blödsinn!)

ÖVP und Grüne wollen nicht, dass wir das beleuchten. Jetzt schützen die Grünen vor, sie seien redlich und nobel und würden da nur an der Rechtsfortbildung mitwirken wol­len, indem sie uns zum Verfassungsgerichtshof schicken. Sie sind also quasi Hüter der Verfassungsreinheit. Wären wir uns alle einig gewesen, dass wir uns all diese Dinge anschauen wollen, könnten wir es tun. Es ist ein aktiver Schritt von euch, da der ÖVP die Mauer zu machen und uns zum Verfassungsgerichtshof zu schicken. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Abg. Maurer: Wir haben aktiv angeboten, euch bei der Formu­lierung zu unterstützen!) Kein renommierter Verfassungsjurist in diesem Land hat euch medial in irgendeinem Punkt Schützenhilfe gegeben.

Von den Grünen mussten wir uns gerade in der letzten Nationalratssitzung – mit gro­ßer Selbstgerechtigkeit vorgebracht – anhören, dass mit ihrem Wiedereinzug in den Na­tionalrat Menschenrechte und Kontrolle hier endlich wieder eine starke Vertretung hät­ten. Schon jetzt scheint das aber bloß ein Lippenbekenntnis zu sein. Ich erwähne dies­bezüglich mit Blick auf die letzten Wochen nur das Stichwort Willkürhaft. Ich sage zu eurer Entscheidung betreffend Untersuchungsausschuss heute im Geschäftsordnungs­ausschuss: Das ist ein weiteres Thema, bei dem ihr gezeigt habt, dass ihr nicht mehr für Aufklärung und Kontrolle steht. Das bedauere ich sehr, aber wir werden weiter da­rum kämpfen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

13.01

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Hafen­ecker. – Bitte.