23.15

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, es gibt viele Argumente, die für den Ausbau der direkten De­mokratie sprechen. Herr Kollege Leichtfried, Sie haben es angeführt: Es hat vor eini­gen Jahren eine sehr umfangreiche, sehr lange dauernde Enquete-Kommission zum Thema Stärkung der direkten Demokratie gegeben. Die Ergebnisse, die dabei gefun­den wurden, wurden aber genauso schubladisiert wie eigentlich sämtliche Ergebnisse von Volksbegehren bisher.

Im Antrag der SPÖ oder in den Anregungen, die gemacht worden sind, geht es ja nicht um eine wirkliche Aufwertung, denn es sind darin nur kosmetische Maßnahmen ent­halten. Wir wissen ja, dass die überwiegende Mehrheit der Volksbegehren in der Ver­gangenheit auch bei sehr großer Beteiligung und entsprechender medialer Aufmerk­samkeit trotzdem schubladisiert und die Ergebnisse vollkommen ignoriert wurden. (Abg. Leichtfried: Da war doch irgendwas! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Da­ran ändert auch dieser Antrag nicht das Geringste. Es wird vielleicht das parlamen­tarische und das mediale Brimborium ein bisschen umfangreicher, etwas größer, die Ergebnisse bleiben aber genauso unverbindlich und werden ignoriert werden, und die Initiatoren bleiben dann vielleicht umso frustrierter zurück.

Nun geht es aber uns, der Freiheitlichen Partei, darum, Volksbegehren tatsächlich auf­zuwerten und die direkte Demokratie wirklich auf eine ganz andere Stufe zu heben. In jeder Demokratie sollte der Wille der Bevölkerung zählen und die Bevölkerung der Boss sein. Die Politik soll sich vermehrt nach dem Volkswillen richten. Das kann man nur erreichen, wenn die Bürger auch wirklich am Gesetzgebungsprozess beteiligt sind. Hierzu haben wir ein Stufenmodell entwickelt. Wenn es ein Volksbegehren gibt, das entsprechend gut unterstützt wird – unsere Vorstellung liegt bei 4 Prozent der Stimm­berechtigten, bei ungefähr 250 000 Unterschriften –, dann soll dieses Volksbegehren auch zwingend einer Volksabstimmung unterzogen werden. Wenn es eine Mehrheit findet, soll das letztlich auch umgesetzt werden – auch gegen den Willen des Parla­ments, wenn dieses nicht bereit war, das Ergebnis des Volksbegehrens umzusetzen. Es handelt sich also um eine echte Volksinitiative, um eine Volksgesetzgebung, die ausnahmsweise in bestimmten Fällen ergänzend zum parlamentarischen Gesetzge­bungsprozess möglich sein soll.

Dass die Österreicherinnen und Österreicher dafür reif und mündig genug sind, haben sie bei den beiden bisherigen Volksabstimmungen bewiesen – skandalöserweise ha­ben wirklich nur zwei stattgefunden –: 1978 wurde die Inbetriebnahme des Kernkraft­werkes Zwentendorf abgelehnt, das war ein wirklich zukunftsweisendes Ergebnis. Das war noch reale Umweltpolitik. Die Menschen waren eigentlich gescheiter als die Poli­tiker. 1994 hat die überwiegende Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher dem Beitritt zur EU zugestimmt, in der Hoffnung auf ein friedliches Europa und natürlich in der Erwartung, dass die vereinbarten Bedingungen eingehalten werden. Das ist nicht der Fall. Hätte man die Bevölkerung bei jedem Abgehen von den im EU-Vertrag verein­barten Bedingungen gefragt – ob das die geschlossenen Außengrenzen sind, die Sub­sidiarität, das Weiterbestehen der Nationalstaaten, keine Haftung für die Schulden von anderen Mitgliedsländern –, dann wären diese Bedingungen unverändert geblieben.

Ich freue mich auf die Debatten im Verfassungsausschuss. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

23.19

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Abgeordnete Ernst-Dziedzic. – Bitte.