9.55

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zusehe­rinnen und Zuseher! Ich möchte in der Debatte einen Schritt zurückgehen. Es geht um den Green Deal und den Güterverkehr. Ich habe jetzt meinen Vorrednern der Regie­rungsfraktionen und auch Ihnen, Frau Bundesministerin, zugehört, und ich muss ge­stehen, einen Green Deal habe ich da noch nicht so sehr herausgehört. Ich würde gerne einmal auf die Ausgangslage schauen – und zwar aus einer klimapolitischen Perspektive.

Wir stehen in Österreich vor der Situation, dass wir die Beschleunigung des Klimawan­dels ganz deutlich spüren. Das wurde uns lange vorhergesagt und es ist auch genau so eingetreten, schneller und deutlicher, als es vorhergesagt war. Wir spüren es in den Ballungszentren natürlich im Sommer, aber auch in den anderen Jahreszeiten, wir spüren es im Moment gerade in den Skigebieten, in allen touristischen Zentren. Wir spüren es in unserer Natur, in den Ökosystemen und wir spüren es im gesamten in­neralpinen Raum. Das hat zur Folge, dass wir eine Zunahme an Extremereignissen von bis zum Zehnfachen im Vergleich zu vor 20 Jahren und damit eine bedeutend ne­gative Auswirkung im Bereich der Gesundheit, der Lebensqualität, der Ökosysteme und der Wirtschaft haben. Von dieser Ausgangslage sprechen auch die Europäische Union und die Kommissionspräsidentin, wenn sie vom Green Deal sprechen.

Wenn wir das jetzt rein auf den Güterverkehr herunterbrechen, dann sprechen wir von 5 Prozent aller Emissionen und klammern die anderen 95 Prozent aus. Der Verkehr an sich ist schon das Problemkind in Österreich, das kann man ganz klar sagen. Wir haben seit 1990 – und so wird das in der Klimapolitik berechnet – eine Zunahme von 75 Prozent der CO2-Emissionen im Gesamtbereich Verkehr, während beispielsweise die Industrie aufgrund entsprechender Investitionen sinkende Emissionen hat, in vielen anderen Bereichen stagnieren oder sinken die Emissionen auch.

Es ist aber zu kurz gegriffen, wenn wir da nur über den Transit und nur über den Gü­terverkehr sprechen, weil der Güterverkehr natürlich in Konkurrenz zu anderen Formen der Mobilität steht, nicht nur in Konkurrenz zur Schiene. Das, was fehlt und was ich jetzt weder bei der ÖVP noch bei den Grünen im ausreichenden Ausmaß gehört habe, ist Folgendes: Es gibt zwei ganz konsequente Antworten, die man geben muss, wenn man richtige Lösungen in der Klimapolitik und ganz konkret auch im Verkehr finden will. Das sind Prinzipien, und das eine ist, Kostenwahrheit herzustellen. Wir müssen den Emissionen jenen Preis geben, den dann die Allgemeinheit, die nächsten Genera­tionen und ganz Europa und natürlich die gesamte Weltgemeinschaft bezahlen.

Der zweite Punkt ist folgende Frage: Mit welchen Werkzeugen greifen wir hin? – Das sind die Marktmechanismen. Es funktioniert natürlich in der Ordnungspolitik. Man muss einen großen Rahmen vorgeben, aber es braucht dann auch entsprechende Marktme­chanismen, um wirken zu können. (Beifall bei den NEOS.)

Das alles habe ich jetzt aber nicht wirklich wahrgenommen. Ich habe keine Lösung ge­hört. Ich habe ein starkes Problematisieren gehört, was in Tirol derzeit schiefläuft, was die EU-Kommissarin vielleicht falsch gemacht hat. Ich habe viel von der Schiene ge­hört, die in Österreich in Wirklichkeit sehr gut ausgebaut ist und ein Teil der Problem­lösung sein kann. Ich habe beispielsweise nicht wirklich etwas zur Frage der Rolle der Wirtschaft gehört. Ich war letztes Jahr auf der Klimakonferenz. 90 Prozent der Inves­titionen in Klimapolitik, in klimawirksame Maßnahmen weltweit werden durch die Wirt­schaft geschultert, durch richtige Anreize von Staaten und Regionen, aber haupt­sächlich aus wirtschaftlicher Motivation heraus. – Sie sprechen im Wesentlichen von Verboten und Planungen. Das ist zu wenig für einen Green Deal.

Was im Besonderen fehlt – und das ist ein zentrales Element –, ist das Stichwort Steu­erreform. Der Staat steuert durch Steuern. Sie steuern durch Untätigkeit in dieser Fra­ge. Das ist tatsächlich verantwortungslos. Es braucht – das habe ich vorher gesagt – einen Preis für die CO2-Emissionen, es braucht aber vor allem eine Entlastung der Menschen in unserem Land und damit auch eine Entlastung der Umwelt. Wir haben keine Zeit. Sie haben sich selbst als Republik vorgenommen, bis 2040 klimaneutral zu sein. Das unterstützen wir NEOS. Das bedeutet aber eine Einsparung von 5 Prozent aller Emissionen pro Jahr. Das wäre der gesamte Güterverkehr bis zum nächsten Jahr – der gesamte Güterverkehr! (Beifall bei den NEOS.)

Sie sprechen davon, dass Sie 2022 so weit sein wollen, überhaupt die richtigen Ant­worten zu finden. (Abg. Loacker: Die Grünen ... mit dem Lastenfahrrad!)

Ein dritter Punkt in diesem ganz konkreten Kontext ist: Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs hat natürlich Vorrang. Wenn wir über Mobilität sprechen, müssen wir darüber sprechen, dass es attraktiv ist, die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen, in den Bal­lungszentren, aber auch außerhalb.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!

Abgeordneter Michael Bernhard (fortsetzend): Ganz wichtig für uns NEOS ist: Öf­fentlicher Verkehr bedeutet nicht, weiterhin nur Geld für die ÖBB zur Verfügung zu stel­len, es bedeutet, klug zu investieren – zum Beispiel in autonome Kleinstbusse in Kleinstgemeinden –, und es bedeutet, viele, viele weitere Maßnahmen zu setzen.

Zum Schlusssatz, Herr Präsident: Wir NEOS stehen mit guten Ideen bereit, wenn Sie wirklich an einem Green Deal für Österreich arbeiten wollen. Für uns stehen die Le­bensqualität und die Chancen im Vordergrund, und diese wollen wir in unserem Land wachsen lassen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Voglauer.)

10.00

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Pfurt­scheller. – Bitte.