16.12

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Im Juni und im September 2019, also mit den National­ratswahlen im Blick, sind hier im Haus die Pensionsgeschenke großzügig in alle Rich­tungen und von fast allen Seiten verteilt worden. Die alte Regierung war schon ge­stürzt, die Übergangsregierung war politisch ein Leichtgewicht, weil sie hier im Haus keinen Rückhalt hatte, also hat die Parlamentsmehrheit versucht, sich die Wählerzu­stimmung bei der größten Wählergruppe mit Geschenken zu erkaufen.

Es hat gegeben: eine 1 200-Euro-Pension für alle, die 40 Jahre gearbeitet haben – auch wenn sie 39 Jahre in einem anderen Land gearbeitet haben und ein Jahr bei uns, bekommen sie jetzt 1 200 Euro –; eine doppelte Pensionserhöhung für jene mit kleinen Pensionen – dass davon über die Hälfte ins Ausland geht, ist auch egal –; die Ab­schaffung der Wartezeit für die erste Pensionserhöhung und natürlich – ganz wichtig und ganz super und ganz groß – die Wiedereinführung der abschlagsfreien Frühpen­sion, um einen Anreiz zu setzen, damit die Menschen mit möglichst geringem Alter in Pension gehen.

Das Geld ist also 2019 ganz offensichtlich aus dem politischen Bankomaten nur so he­rausgeschossen und musste unbedingt verteilt werden. Dass diese Beschlüsse über ein paar Jahre aufsummiert Kosten im Milliardenbereich bedeuten, das war ÖVP, SPÖ und FPÖ gleichermaßen wurscht, und wenn die Grünen hier gewesen wären, hätten sie diesen Salat eins zu eins mitbeschlossen.

In diesem Geschenkereigen sind nicht nur grobe inhaltliche Fehler passiert, sondern auch Formalfehler. Wir haben heute dieses Zeug auf der Tagesordnung: weil das Ge­setz so schlecht geschrieben ist, dass die Pensionsversicherungsanstalt dieses Wahl­geschenk nicht einmal auszahlen kann.

Man hat also den jungen Generationen, die aus diesem Pensionssystem nachweislich weniger herausbekommen werden als jene, die in diesen Tagen in Pension gehen, noch einen ordentlichen Milliardenklotz an Belastungen draufgehauen, den diese mit Steuern und Beiträgen finanzieren müssen, und jenen, die jetzt zu besseren Kondi­tionen in Pension gehen, hat man ein bisschen etwas draufgegeben. Wir wissen, dass die Pensionen in 20 Jahren um 20 Prozent niedriger sein werden als heute, gemessen an der Ersatzrate.

Na gut, das ist die neue Gerechtigkeit, von der Sebastian Kurz gesprochen hat, glaube ich, und dort hinten sitzen die Mandatare und Mandatarinnen der Jungen ÖVP, die sich so für die jungen Leute einsetzen und unbedingt eine Pensionsreform haben wollen, damit wir in 20, 30 Jahren auch noch etwas davon haben. – Nichts, nichts! Sobald sie hier ins Hohe Haus eingezogen sind, singen sie das Lied des Seniorenbundes mit: Die Pensionen sind (singend) sie-hi-hi-cher. (Allgemeine Heiterkeit.) Und als Nächste kommt als einzige Rednerin der ÖVP – als einzige Rednerin der ÖVP! – Elisabeth Scheucher-Pichler ans Rednerpult, die Chefin des Kärntner Seniorenbundes. Genau darum geht es! (Beifall bei den NEOS.)

Es geht immer nur um Klientelpolitik für die Menschen, die schon alt sind, und die Jun­gen werden komplett vergessen. Sie haben aber übersehen, dass es um eine Balance geht. Der Generationenvertrag verlangt eine Balance zwischen den Alten und den Jun­gen, und man kann nicht immer nur von den Jungen zu den Alten umverteilen und je­des Jahr noch ein bisschen umverteilen – aber genau das machen Sie. Da sind die Leute von der Jungen ÖVP aber mucksmäuschenstill und die Seniorensprecherin darf nach draußen treten und der eigenen Klientel die Wahlgeschenke erklären. Das ist der einzige Beitrag der ÖVP zum Thema Pensionen: null Komma null.

Gehen wir zum Fachlichen über: Der Vorsitzende der Alterssicherungskommission Walter Pöltner – unverdächtig, meiner Partei gegenüber irgendwie freundlich zu sein – sagt, dieses Geschenk der vorzeitigen Alterspension ohne Abschläge gehört weg. Der Chef des AMS Johannes Kopf – er gehört parteilich eher in diese Richtung (in Richtung ÖVP weisend) – sagt auch, das gehört weg. Und der Chef des Instituts für Höhere Stu­dien Martin Kocher sagt auch, das gehört weg.

Wir haben einen Antrag eingebracht, diese Wahlgeschenke wieder zu beseitigen, und wir werden heute sehen, wie ernst Sie die Experten nehmen. Man kann aber auch ei­nes annehmen: Experten dürfen unter der Regierung Kurz alles sagen, wenn sie der Meinung von Kurz sind, und sonst sollten sie eher ruhig sein.

Der Sozialminister – er ist leider nicht hier; die Pensionen sind ihm nicht wichtig ge­nug – hat gemeint, wir haben ein Demografieproblem und deswegen werden die Kos­ten bei der Pflege steigen. – Das ist ganz spannend, ja: Wir haben ein Demografiepro­blem bei der Pflege, aber bei den Pensionen haben wir keines! Also irgendwie werden die zu Pflegenden älter, aber die Pensionisten bleiben ewig jung. Ich weiß nicht, wie er das in seinem Kopf macht, aber entweder haben wir ein Demografieproblem, dann ha­ben wir überall eines, oder wir haben keines. Nur bei der Pflege eines zu haben, bei den Pensionen aber nicht, das gibt es in den Anschober’schen Fantasien, aber nicht in der Wirklichkeit. (Beifall bei den NEOS.)

Ihnen allen – Sie werden uns nachher niederstimmen, gegen unsere paar Stimmen von den NEOS – geht es nur um eines: Sie denken nicht an die Jungen, die hier auf der Galerie sitzen und uns zuschauen, Sie denken nicht, was in 20, 30, 40 Jahren sein wird, sondern Sie denken an den nächsten Wahlsonntag; und da sind Schwarz, Blau und Rot genau gleich.

Es würde ein bisschen Mut brauchen, sich für ein faires System einzusetzen, aber Sie kennen nur eine Kategorie in Ihrem politischen Handeln: den nächsten Wahlsonntag. (Beifall bei den NEOS.)

16.18

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Scheu­cher-Pichler – schon angekündigt durch den Vorredner. – Bitte.