11.40

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! In der Zeit, vor der wir jetzt stehen, kann es nur ein Motto geben: Solidarität und Zusammenhalt. Das bedeutet aber auch, niemanden zurückzulassen.

Wir beschließen heute hier im Parlament ein 4-Milliarden-Euro-Paket, bei dem es im Wesentlichen darum geht, dass Geld – diese 4 Milliarden Euro – dafür da ist, dass wir das Gesundheitssystem stärken können, wenn es notwendig ist, dass wir die Kurz­arbeit finanzieren können und dass wir auch ein Auffangnetz für Großbetriebe und Konzerne haben. Das ist gut so und das unterstützen hier alle.

Wir von der SPÖ sagen, dass Sachen fehlen, die wir auch brauchen. Das Erste ist die Information.

Es gibt Zehntausende Klein- und Mittelbetriebe, die morgen nicht wissen, was sie machen sollen. Dürfen sie aufsperren? Dürfen sie nicht aufsperren? Sie wissen vor allem auch nicht, wie sie ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen sollen. Es gibt keine Telefonnummer, von der sie wissen: Da kann ich morgen anrufen und die Kurzarbeit für meine Mitarbeiter anmelden, damit ich sie nämlich nicht kündigen muss! Wir hören von den Klein- und Mittelbetrieben, dass bereits viele Kündigungen teilweise einvernehmlich und teilweise einseitig vorgenommen wurden. Das ist aber nicht notwendig, denn es gibt dieses Kurzarbeitsmodell, damit die Menschen im Betrieb angestellt bleiben, aber die Kosten dafür die öffentliche Hand, der Staat übernimmt. Das heißt, wenn Sie Arbeitnehmer sind und Ihr Arbeitgeber sagt: Unterschreiben Sie eine einvernehmliche Kündigung!, dann unterschreiben Sie nicht, das ist nicht notwendig, es gibt das Kurzarbeitsmodell.

Was fehlt, ist eine Telefonnummer, die man anrufen kann. Wir haben gestern vorge­schlagen, dass dies das Finanzamt sein soll, dass es eine staatliche Stelle geben soll, wo man anruft und alles für einen erledigt wird, damit nicht die Unternehmer drei, vier, fünf, sechs, sieben Stellen anrufen müssen, um diese Angelegenheiten zu bewältigen.

Die Regierung hat gesagt, das sei ein guter Vorschlag, sie wolle noch überlegen. Heute ist es aber Zeit, dass die Regierung diese Telefonnummer endlich bekannt gibt, denn es gibt eine Verunsicherung bei Unternehmerinnen und Unternehmern und damit auch bei den Arbeitnehmern. Da geht es um Zehntausende Betriebe und um Hundert­tausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nicht wissen, wie es morgen weitergeht. Wir brauchen diese Telefonnummer. Die Regierung hat das Geld, die Regierung hat die Instrumente, dass man nicht kündigen muss und dass die Betriebe überleben können. Das ist der erste Punkt, der fehlt.

Das Zweite, das fehlt, ist eine Regelung betreffend die Pflege. Wir wissen, dass Zehntausende Pflegerinnen und Pfleger, die unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger im Rahmen der 24-Stunden-Pflege pflegen, jetzt womöglich nicht ins Land kommen können. Wir wissen, dass Familienangehörige werden einspringen müssen. Bis die Zivildiener das machen können, dauert es drei Wochen, sie müssen ja vorher alle in Quarantäne und so weiter. Die 20- bis 25-Jährigen sind eine Hauptüber­träger­gruppe. Bevor sie auf die Kranken und auf die Alten losgelassen werden, müssen sie ja sicher virenfrei sein. Das heißt, das dauert drei Wochen.

Die Frage ist: Was ist in diesen drei Wochen? Da muss für die Leute, die pflegen, klar sein, dass die öffentliche Hand die Kosten übernimmt, dass es da nicht zu Kündi­gungen kommt und dass sie ihre Angehörigen pflegen können. – Das fehlt in diesem Paket auch.

Das Dritte, das fehlt, sind Maßnahmen für die Einpersonenunternehmen und für Künstlerinnen und Künstler, damit sie ein Einkommen haben, um ihre Miete zu zahlen, denn Kurzarbeit gibt es für die nicht. – Das ist der dritte Teil, der fehlt.

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein, damit diese Sachen eben nicht mehr fehlen, sondern aufgenommen werden:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „weiter­ge­hende Maßnahmen, um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Coronavirus effektiv zu bekämpfen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat ein weiteres Maßnahmen­paket vorzulegen,

- das eine Arbeitsplatzgarantie für alle Betriebe enthält, die eine Unterstützung bekom­men und den Sozialpartnervorschlag zur Kurzarbeit voll umsetzt,

- das volle Entschädigung für Verdienstentgang und Löhne nach dem Epidemie-Gesetz zumindest für Betriebe mit bis zu 25 Beschäftigten enthält,

- das für ArbeitnehmerInnen, die wegen ihrer Kinder oder wegen ihrer zu pflegenden Angehörigen zu Hause bleiben müssen, volle Entgeltfortzahlung durch die öffentliche Hand vorsieht,

- das mit sofortiger Wirkung ein zinsloses, automatisches Moratorium [...] für Steuern sowie Sozialversicherungsbeiträge für betroffene Betriebe ohne Individualantrag um­setzt“ – automatisch soll das passieren – „und“ – das ist das Wichtigste,

„- das eine Stundung von Krediten, Geschäftslokalmieten sowie Zahlungen für Strom- und Gaslieferungen analog der italienischen Regelung vorsieht“, dass sie nämlich für diese Zeit auch die Geschäftsmiete nicht mehr zahlen müssen.

*****

Wir ersuchen um Zustimmung.

Man kann nur sagen: Denen, die erkrankt sind, baldige Besserung, und denen, die gesund sind: Bleiben Sie gesund! Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Kickl und Hoyos-Trauttmansdorff.)

11.45

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jan Krainer, Genossinnen und Genossen

betreffend weitergehende Maßnahmen, um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Coronavirus effektiv zu bekämpfen

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses (102 d.B.) be­treffend Antrag 396/A der Abgeordneten August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolle­ginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Errichtung des COVID 19 Krisenbewältigungsfonds (COVID-19-FondsG) und ein Bundesgesetz be­treffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz) erlassen sowie das Gesetzliche Budgetprovisorium 2020, das Bundesfinanzrahmengesetzes 2019 bis 2022, das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes, das Arbeitsmarkt­politik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetzes und das Arbeitsvertrags­rechts-Anpassungsgesetz geändert werden (COVID-19 Gesetz).

Das Coronavirus hat nicht nur gesundheitspolitische Implikationen, auch die schwer­wiegenden wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Epidemie erfordern ein entschlos­senes Handeln der Politik.

Das heute vorliegende Maßnahmenpaket mit dem Ziel die Ausbreitung des Virus möglichst zu verlangsamen, das unter anderem die Schließung von Geschäften, Schulen, Unis etc. vorsieht, ist ein erster wichtiger Schritt. Die Einrichtung eines Corona-Notfallfonds in der Höhe von 4 Milliarden Euro und die Sozialpartnereinigung zur Kurzarbeit sind ebenfalls notwendige erste wirtschaftliche und soziale Maßnahmen in die richtige Richtung. Nicht alle Betroffenen werden aus diesem 4-Milliarden-Fonds Leistungen erhalten. Nicht die hunderttausenden KleinunternehmerInnen, nicht die Be­schäftigten in diesen kleinen Strukturen, nicht die Eltern mit Kindern, nicht die Ange­hörigen der zu Pflegenden, wenn die 24h-Betreuungskräfte in ihrer Heimat festsitzen und nicht einreisen können.

Wir brauchen mehr Solidarität aller Gruppierungen der Gesellschaft, niemand soll in dieser schwierigen Situation zurückgelassen werden.

Durch die notwendigen Schließungen schlittern viele Betriebe in erhebliche Liqui­ditäts­probleme. Viele Arbeitsplätze in diesen Kleinbetrieben sind gefährdet. Weiterreichende Unterstützungsmaßnahmen für Betriebe sind notwendig, unter anderem auch groß­zügige Stundungen von Steuerschulden, um die Liquidität der Unternehmen sicherzu­stellen. Österreich muss hier entschlossener handeln. Wer rasch und großzügig hilft, hilft doppelt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat ein weiteres Maßnahmen­paket vorzulegen,

-           das eine Arbeitsplatzgarantie für alle Betriebe enthält, die eine Unterstützung bekommen und den Sozialpartnervorschlag zur Kurzarbeit voll umsetzt,

-           das volle Entschädigung für Verdienstentgang und Löhne nach dem Epidemie-Gesetz zumindest für Betriebe mit bis zu 25 Beschäftigten enthält,

-           das für ArbeitnehmerInnen, die wegen ihrer Kinder oder wegen ihrer zu pfle­genden Angehörigen zu Hause bleiben müssen, volle Entgeltfortzahlung durch die öffentliche Hand vorsieht,

-           das mit sofortiger Wirkung ein zinsloses, automatisches Moratorium (Aus­set­zen) für Steuern sowie Sozialversicherungsbeiträge für betroffene Betriebe ohne Indivi­dualantrag umsetzt und

-           das eine Stundung von Krediten, Geschäftslokalmieten sowie Zahlungen für Strom- und Gaslieferungen analog der italienischen Regelung vorsieht.“

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. – Bitte.