16.07

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Herren Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich weiß nicht, was Sie für einen Eindruck haben, aber seitdem vor drei Wochen doch sehr rigorose Maßnahmen gesetzt wurden, habe ich das Gefühl, die letzten drei Wochen haben viele ganz gut überstanden.

Jetzt aber, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, beginnt es bei den Menschen, bei uns allen zu brodeln. Es sind Ängste da und es sind wahnsinnige Sorgen da. Es ist unser Job – wir bemühen uns alle –, so vielen Menschen wie möglich diese Ängste und Sorgen auch wirklich zu nehmen. Darin müssen wir noch besser werden.

Wenn ich nämlich an die 562 522 Menschen denke, die arbeitslos geworden sind – da geht es um Existenzen, um persönliche Existenzen, Existenzen von Kindern, von Familien –, so ist es unfassbar, dass es noch immer nicht von allen Unternehmen geschafft wurde, das Angebot der Kurzarbeit umfassend anzunehmen. Es gibt immer noch Unternehmen, die das nicht tun. An sie richte ich den Appell, nicht Kündigungen auszusprechen, sondern das Modell der Kurzarbeit auch wirklich anzunehmen. Kurz­arbeit, geschätzte Kolleginnen und Kollegen – weil ich auch das schon vernommen habe –, bedeutet nicht die gleiche Leistung für weniger Gehalt. Auch diesen Appell möchte ich an der Stelle einbringen.

Arbeitslose Menschen haben bedeutend weniger, von dem sie leben müssen. Deshalb ist unser Antrag, endlich das Arbeitslosengeld zu erhöhen, auch so wichtig. Sie haben das gestern vertagt, aber ganz ehrlich: Geben wir uns alle einen Ruck, es braucht das jetzt dringend! Nehmen Sie unseren Antrag ganz einfach an! Die Menschen brauchen es jetzt – ganz einfach – dringend. (Beifall bei der SPÖ.)

Es brodelt aber auch bei EinpersonenunternehmerInnen. Ich und wahrscheinlich Sie alle haben die Frage gestellt bekommen: Wieso haben Sie eigentlich das Epide­mie­gesetz ausgehebelt?

Geschätzte Kollegen und Kolleginnen von den Regierungsfraktionen, wieso haben Sie das gemacht? – Diese Sorgen und die Aushebelung des § 32 im Epidemiegesetz – der hätte wirklich verhindert, dass es so viele Arbeitslose gibt –: Das geht eindeutig auf Ihre Kappe! (Beifall bei der SPÖ.)

Es brodelt aber auch, werte Kollegen und Kolleginnen, bei den Künstlerinnen und Künstlern, bei den KulturvermittlerInnen, in der Kreativwirtschaft, bei den Kulturar­bei­terIn­nen. Das, was jetzt präsentiert wurde – der Härtefallfonds –, greift nicht. Auch die Kurzarbeit greift nicht, weil KünstlerInnen eine ganz andere Lebensrealität haben und auch – wir wissen das aus dem Bericht über ihre soziale Lage – in einer ganz anderen Situation sind. Einmal ist man selbstständig beschäftigt, einmal ist man unselbstständig beschäftigt. Damit fällt man schon aus dem Härtefallfonds heraus. Wir brauchen endlich einen echten Rettungsschirm für alle in der Kunst- und Kulturszene. Zeigen wir, was die Kulturnation Österreich wirklich drauf hat! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte auf eine weitere Gruppe eingehen, in der es auch brodelt – meine Vorrednerin hat es angesprochen –: bei den Elementarpädagoginnen – vorwiegend Frauen – und Elementarpädagogen. Herr Minister, wir wissen alle, es ist Länder­kom­petenz, aber man erwartet sich die Erarbeitung einer Richtlinie – gemeinsam mit den ElementarpädagogInnen, gemeinsam mit den Bundesländern. Im Moment obliegt es der Leitung, welche Kinder aufgrund welcher Argumentation kommen dürfen oder nicht kommen dürfen beziehungsweise hängen die Menschen – auch die PädagogInnen, die ElementarpädagogInnen – in der Luft. Es gibt einfach auch Ängste, weil auch da die Schutzausrüstungen nicht vorhanden sind. Welche Schritte dürfen gemacht werden? Es braucht da ganz, ganz dringend etwas. Ich darf diesen Appell an dieser Stelle auch an Sie richten.

Ein weiterer Aspekt: Bei mir persönlich brodelt es, wenn der Bundeskanzler ständig mit dem Begriff Big Data herumwirft. Es brodelt wirklich in mir und in vielen anderen, denn, ganz ehrlich, es geht da um unsere Grund- und Freiheitsrechte. Was meint er denn damit? Was meint er denn mit dem Einsatz von Big Data?

Es hat einfach alles Grenzen, auch die Pandemie gibt nämlich Grenzen vor, ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen: Grenzen der Demokratie, Grenzen des Rechts­staats und Grenzen der persönlichen Freiheit und der persönlichen Daten! Werte Regierung, Sie haben das ernst zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend: Sie wissen alle, wir sind in Städten und Gemeinden zu Hause, und die große Arbeitslosigkeit hat auch Auswirkungen auf die Kommunen. Es geht natürlich ganz klar um die Kommunalsteuer. Ein gut ausgebauter Sozialstaat ist eine wesent­liche Grundlage, aber vieles leisten die Gemeinden. Ich erinnere: die Schulerhaltung, Kindergärten, jetzt, in der aktuellen Phase, auch Feuerwehren, das Rettungswesen und vieles mehr; deshalb darf ich folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Siche­rung der Gemeindefinanzen in der Krise“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufge­fordert, dem Nationalrat ehestmöglich, spätestens jedoch zur Beschlussfassung zum Budget für 2020 im April diesen Jahres, einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, mit dem der Bund den Gemeinden die sinkenden Ertragsanteile und die reduzierten Einnahmen aus der Kommunalsteuer abgilt, damit die vollständige Aufrechterhaltung der Gemein­deleistungen für die ÖsterreicherInnen und Österreicher in der Krise und der an­schließenden Phase der wirtschaftlichen Erholung finanziert werden kann.“

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Bitte stimmen Sie diesem Antrag zu, die Gemeinden und damit die Bürgerinnen und Bürger brauchen das dringend!

Ganz abschließend: Schulterschlüsse, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, sind keine Einbahn, Schulterschlüsse sind ein Miteinander. Nehmen Sie auch das ernst und leben Sie das endlich! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Andreas Kollross

Genossinnen und Genossen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 2

betreffend Sicherung der Gemeindefinanzen in der Krise

Die aktuell größte Gesundheitskrise unserer Zeit hat gravierende Auswirkungen auf das Leben der Österreicherinnen und Österreicher, weder sind derzeit die gesund­heitlichen noch die wirtschaftlichen Folgen abschätzbar. Bedingt durch die Maßnah­men der ÖVP/Grüne-Bundesregierung, insbesondere Betretungsverbote für Betriebe, die die Einnahmen der Unternehmen wegbrechen lassen, stieg die Zahl die Arbeits­losenzahlen dramatisch an, innerhalb von vierzehn Tagen wurden in der zweiten Märzhälfte 179.000 Menschen arbeitslos, eine weitere Kündigungswelle droht Anfang April. Diese Entwicklungen haben auch massive Auswirkungen auf die Gemeinde­finan­zen und treffen die Bevölkerung daher doppelt.

Der letzte Gemeindefinanzbericht des KDZ unterstreicht die Wichtigkeit der Steuer­einnahmen für die Gemeinden. Fast ein Drittel machen die Ertragsanteile aus den gemeinschaftlichen Bundesabgaben aus (30,6%), weitere 11 % die Kommunalsteuer.1 Die Ertragsanteile sind die wichtigste Einnahmequelle für Gemeinden und hängen wesentlich von der wirtschaftlichen Gesamtlage ab. Nicht einmal das Wifo kann momentan die Schwere der heurigen Rezession vorhersagen. Im von der Bundes­regierung vorgelegten Paket sind steuerliche Maßnahmen von 10 Mrd. € vorgesehen. Zusätzlich zu den erwartbaren Minderungen des Steueraufkommens und damit der Ertragsanteile für die Gemeinden, ist mit einem erheblich reduzierten Aufkommen der von der Lohnsumme abhängenden Kommunalsteuer zu rechnen. Die Finanzierung zahlreicher kommunaler Dienstleistungen ist gefährdet, diese müssen aber aufrecht erhalten werden, insbesondere jene, welche die Menschen zur leichteren Bewältigung der Krise benötigen. Gemeinden können sich nicht mit jenen Möglichkeiten, die den Ländern und dem Bund zur Verfügung stehen finanzieren, Banken und Sparkassen sind die häufigsten Finanzierer kommunaler Vorhaben. Gemeinden können sich auch nicht an die Bundesfinanzierungsagentur wenden, um wie Bund oder Länder güns­tigere Kredite zu erhalten. Aus diesem Grund ist, trotz zu befürchtenden hohen Ein­nahmenausfälle, eine rechtzeitige finanzielle Planungssicherheit für Gemeinden not­wendig.

Nicht nur der gut ausgebaute Sozialstaat, sondern auch die Leistungen der Gemeinden und deren Angebote für die Bürgerinnen und Bürger haben in der Krise eine wesent­liche stabilisierende Funktion.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufge­for­dert, dem Nationalrat ehestmöglich, spätestens jedoch zur Beschlussfassung zum Budget für 2020  im April diesen Jahres, einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, mit dem der Bund den Gemeinden die sinkenden Ertragsanteile und die reduzierten Einnahmen aus der Kommunalsteuer abgilt, damit die vollständige Aufrechterhaltung der Ge­mein­deleistungen für die ÖsterreicherInnen und Österreicher in der Krise und der an­schließenden Phase der wirtschaftlichen Erholung finanziert werden kann.“

1 https://www.kdz.eu/de/content/gemeindefinanzbericht-2020, Abbildung 8, S. 12

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und ordnungsgemäß eingebracht, er steht in Verhandlung.

Wir kommen nun zu einer tatsächlichen Berichtigung von Herrn Kollegen Hanger. – Bitte schön, Herr Kollege.