16.45

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf meinen eigenen Antrag eingehe, möchte ich noch ein paar Worte an meinen Vorredner, den Vorsitzenden des Um­weltausschusses Lukas Hammer, richten: Das einfache Bashen unserer sozialen Marktwirtschaft und das Bashen von Märkten ist nichts anderes, als generell in der Politik: Dort, wo die Rhetoriker einfache Antworten auf komplexe Fragen geben, sind die Antworten meistens recht falsch.

Das, was man über die Marktwirtschaft sagen kann – und das ist in der Umweltpolitik bedeutend –, ist, dass die Mittel im Kampf gegen den Klimawandel zu 90 Prozent aus der Privatwirtschaft heraus geleistet werden, es sind lediglich 10 Prozent, die die Staa­ten an sich aufbringen können. Das funktioniert in Europa, in den Vereinigten Staaten, in Australien, zunehmend auch in Südamerika und selbst in Südostasien.

Jetzt einfach weiter die Märkte anzugehen ignoriert übrigens auch, dass genau dort, wo der Markt absolut nichts zu sagen hat, auch die größten Probleme bestehen. Ich darf an Gazprom erinnern, ich darf an die staatlichen Ölunternehmen im Nahen Osten erinnern, ich darf an Venezuela erinnern und an viele andere Beispiele: Dort, wo der Staat keine Wettbewerbsfähigkeit braucht, dort, wo es keinen Markt gibt, versagt die Klima- und Umweltpolitik, das möchte ich schon einmal gesagt haben. (Beifall bei den NEOS.)

Ich möchte aber auch auf einen Antrag von uns eingehen, in dem es um die tat­sächliche Problematik der Bodenversiegelung und des Flächenmanagements geht, der leider in der vorliegenden Form im Umweltausschuss abgelehnt worden ist. Wir haben in Österreich nach wie vor ein zentrales Problem: Die Flächenversiegelung nimmt wieder zu.

Wir liegen derzeit bei 13 Hektar pro Tag, das entspricht allein im Jahr 2019 einer Fläche von 44 Quadratkilometern. Das ist keine Kleinigkeit! Wir sind damit pro Kopf der Einwohnerinnen und Einwohner in unserem Land Europameister. Es gibt keinen an­deren Staat innerhalb der Europäischen Union, der mehr Fläche versiegelt als Öster­reich, wir sind aber auch Europameister, was die Quadratmeter im Bereich der Einkaufszentren und bei den Autobahnkilometern betrifft – wir in Österreich versiegeln in allen Bereichen generell bedeutend mehr. Es gibt nicht jene Wertschätzung für die Natur, für das kulturelle Erbe, das wir in anderen Bereichen Europas sehen, und das haben wir NEOS im Umweltausschuss auch entsprechend thematisiert.

Damit zusammenhängend können wir auch – und das kennen wir in ganz vielen Regionen – das Problem des Ortskernsterbens erkennen: Wir können erkennen, dass es in den Ortskernen die besagte Problematik und an den Ortsrändern sozusagen aus­fransend Einkaufszentren gibt und dass manche Regionen in Österreich vielleicht auch Europameister bei den Kreisverkehren sind. – All das haben wir im Umweltausschuss entsprechend thematisiert.

Zuvorderst ist der Flächenverbrauch in Österreich aber eines: Er ist das zentrale und sozusagen größte Umweltproblem, das wir in Österreich haben und das wir gleichzeitig auch innerhalb Österreichs lösen können.

Solange wir die Menge an Flächen versiegeln, die wir heute versiegeln, haben wir weiter damit zu tun, dass wir ein massives Artensterben, einen massiven Biodiver­sitätsverlust haben – das ist nachgewiesen, das ist auf allen Ebenen sozusagen evident: vom Insekt über die Vögel bis zu den Säugetieren –, wir haben ein massives Problem durch die Flächenversiegelung im Bereich der Resilienz, der Widerstands­fähigkeit, beim Klimawandel – alles, was versiegelt ist, kann kein CO2 mehr speichern, alles, was versiegelt ist, kann auch keine Hitze mehr abwenden, es strahlt schlicht zurück –, und wir haben auch ein Problem in der Landwirtschaft – wir haben jetzt gerade wieder Lobeshymnen auf unsere Landwirtschaft gehört; jedes Jahr verlieren wir die Ernährungssicherheit von 20 000 Menschen durch die Flächenversiegelung. Das ist nicht wenig, das sind wertvolle Böden, und da braucht es massive Maßnahmen.

Wir NEOS haben ganz konkrete Lösungen auf den Tisch gelegt, wir haben gesagt, wir brauchen auch ein Bundesrahmengesetz und eine Bundesstrategie für das Flächen­management, wir brauchen ein Flächenrecycling und Ausgleichsmaßnahmen für Flächen, auf denen sozusagen neu gebaut wird, wir brauchen eine Anpassung der Förder- und Subventionssysteme, wir brauchen eine Vorbildwirkung der öffentlichen Hand und – ganz zentral, unser wesentliches Argument – eine Verlagerung der Flächenwidmung von der Gemeinde- auf die Landesebene. Es gibt ein ganz konkretes Beispiel, nämlich Bayern, wo das auch funktioniert. Dort gibt es einen in diesem Fall landesweiten Plan, es gibt auch ein entsprechendes Management, und die Gemeinden können partizipativ mitentwickeln, sie können aber nicht mehr entscheiden. All das führt dazu, dass man den Flächenverbrauch in den Griff bekommt.

Wir müssen davon wegkommen – das ist ein ganz zentrales Element; das muss in unseren Köpfen stattfinden, auch bei allen 183 Abgeordneten hier im Hohen Haus –, dass die Flächenversiegelung mit Wirtschaftswachstum gleichgesetzt wird. Ein kluges Wirtschaftswachstum verbraucht keine Flächen, verbraucht keine Natur, schafft aber Wohlstand, meine Damen und Herren. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

16.51

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Rössler. – Bitte.